Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

mals ahneten, daß man sie zum Besten hätte
und blos zum Zeitvertreibe mit ihnen spielte,
sondern sich vielmehr sehr ernsthafte und be-
deutende Personen dünkten. -- Er will ihm
darauf das Wesen einer Marionette selbst be-
greiflich machen, konfundirt sich aber beständig
dabei, und steht nach einer langen sehr drol-
ligen Rede wieder am Ende da, wo er anfing.
-- Nun lachte er in der Stille hämisch ins Fäust-
chen und geht ab. --

Im vierten Akte treffen die beiden Brüder
zusammen, und indem der mit dem Herzen
redet, werden plötzlich die stummen Töne aus
dem vorigen Akte hörbar, und begleiten die
Worte, worüber der Bruder ohne Herz ganz
konfus wird. Arlequin kommt nun auch dazu
und spottet über die Liebe, weil sie keine he-
roische Empfindung sei, und nicht für das all-
gemeine Beste benuzt werden könne. Er for-
dert auch den Direktor auf, sie für die Folge
ganz abzuschaffen, und reine moralische Ge-

mals ahneten, daß man ſie zum Beſten haͤtte
und blos zum Zeitvertreibe mit ihnen ſpielte,
ſondern ſich vielmehr ſehr ernſthafte und be-
deutende Perſonen duͤnkten. — Er will ihm
darauf das Weſen einer Marionette ſelbſt be-
greiflich machen, konfundirt ſich aber beſtaͤndig
dabei, und ſteht nach einer langen ſehr drol-
ligen Rede wieder am Ende da, wo er anfing.
— Nun lachte er in der Stille haͤmiſch ins Faͤuſt-
chen und geht ab. —

Im vierten Akte treffen die beiden Bruͤder
zuſammen, und indem der mit dem Herzen
redet, werden ploͤtzlich die ſtummen Toͤne aus
dem vorigen Akte hoͤrbar, und begleiten die
Worte, woruͤber der Bruder ohne Herz ganz
konfus wird. Arlequin kommt nun auch dazu
und ſpottet uͤber die Liebe, weil ſie keine he-
roiſche Empfindung ſei, und nicht fuͤr das all-
gemeine Beſte benuzt werden koͤnne. Er for-
dert auch den Direktor auf, ſie fuͤr die Folge
ganz abzuſchaffen, und reine moraliſche Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0070" n="68"/>
mals ahneten, daß man &#x017F;ie zum Be&#x017F;ten ha&#x0364;tte<lb/>
und blos zum Zeitvertreibe mit ihnen &#x017F;pielte,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ich vielmehr &#x017F;ehr ern&#x017F;thafte und be-<lb/>
deutende Per&#x017F;onen du&#x0364;nkten. &#x2014; Er will ihm<lb/>
darauf das We&#x017F;en einer Marionette &#x017F;elb&#x017F;t be-<lb/>
greiflich machen, konfundirt &#x017F;ich aber be&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
dabei, und &#x017F;teht nach einer langen &#x017F;ehr drol-<lb/>
ligen Rede wieder am Ende da, wo er anfing.<lb/>
&#x2014; Nun lachte er in der Stille ha&#x0364;mi&#x017F;ch ins Fa&#x0364;u&#x017F;t-<lb/>
chen und geht ab. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Im vierten Akte treffen die beiden Bru&#x0364;der<lb/>
zu&#x017F;ammen, und indem der mit dem Herzen<lb/>
redet, werden plo&#x0364;tzlich die &#x017F;tummen To&#x0364;ne aus<lb/>
dem vorigen Akte ho&#x0364;rbar, und begleiten die<lb/>
Worte, woru&#x0364;ber der Bruder ohne Herz ganz<lb/>
konfus wird. Arlequin kommt nun auch dazu<lb/>
und &#x017F;pottet u&#x0364;ber die Liebe, weil &#x017F;ie keine he-<lb/>
roi&#x017F;che Empfindung &#x017F;ei, und nicht fu&#x0364;r das all-<lb/>
gemeine Be&#x017F;te benuzt werden ko&#x0364;nne. Er for-<lb/>
dert auch den Direktor auf, &#x017F;ie fu&#x0364;r die Folge<lb/>
ganz abzu&#x017F;chaffen, und reine morali&#x017F;che Ge-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0070] mals ahneten, daß man ſie zum Beſten haͤtte und blos zum Zeitvertreibe mit ihnen ſpielte, ſondern ſich vielmehr ſehr ernſthafte und be- deutende Perſonen duͤnkten. — Er will ihm darauf das Weſen einer Marionette ſelbſt be- greiflich machen, konfundirt ſich aber beſtaͤndig dabei, und ſteht nach einer langen ſehr drol- ligen Rede wieder am Ende da, wo er anfing. — Nun lachte er in der Stille haͤmiſch ins Faͤuſt- chen und geht ab. — Im vierten Akte treffen die beiden Bruͤder zuſammen, und indem der mit dem Herzen redet, werden ploͤtzlich die ſtummen Toͤne aus dem vorigen Akte hoͤrbar, und begleiten die Worte, woruͤber der Bruder ohne Herz ganz konfus wird. Arlequin kommt nun auch dazu und ſpottet uͤber die Liebe, weil ſie keine he- roiſche Empfindung ſei, und nicht fuͤr das all- gemeine Beſte benuzt werden koͤnne. Er for- dert auch den Direktor auf, ſie fuͤr die Folge ganz abzuſchaffen, und reine moraliſche Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/70
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/70>, abgerufen am 07.05.2024.