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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
dem Grabe Wurtzel fasse. Als meine feindse-
ligen Begleiter sahen/ daß ich statt Trostes sie
nur mehr betrübte/ führten sie mich wieder hin-
weg; Und weil der Oberste erfahren/ daß ich
Reichs-Schatzmeister wäre/ so befahl er mir im
Namen seines Königes/ die Schlüssel und ein rich-
tiges Verzeichniß aller Schätze von mir zu stel-
len. Ob ich nun zwar meine Pflicht vorschütz-
te/ so halff es doch nichts/ sondern man drohete
mir mit grausamster Pein/ dannenhero ich ver-
meldete/ wie so wol die Schlüssel als das weitläuf-
tige Schatz-Verzeichniß in solchem Tumult wä-
re verlohren gangen/ sie würden wol den gewöhn-
lichen Hand-Schlüssel der Soldaten bey sich füh-
ren/ und sich begnügen lassen/ wenn ich die Be-
hältnisse des Schatzes anzeigete. Womit sie
denn sehr wol vergnüget waren/ als ich ihnen nur
etliche Gewölber wiese/ und die unterirrdische
Schatz-Grüffte in meiner Pflicht beruhen ließ.
Nach diesem wurde mir erlaubet/ frey in der
Burg herum zu gehen/ iedoch hatte die Wache
Befehl/ mich nicht vor das Burg-Thor zu lassen.
Jngleichen wurde mir auch alle Besuchung der
Princeßin untersaget/ daß ich sie also das letzte
mal gesprochen. Jndessen kunte ich alles be-
mercken und erfahren/ was in und ausser der Burg
vorgieng. Endlich wurde mir doch erlaubet/
unter gnugsamer Aufsicht den Königl. Einzug des
Chaumigrems mit anzuschauen/ dieses geschahe
erst nach zweyen Tagen/ da er Morgens vor die

Stadt
U 5

Anderes Buch.
dem Grabe Wurtzel faſſe. Als meine feindſe-
ligen Begleiter ſahen/ daß ich ſtatt Troſtes ſie
nur mehr betruͤbte/ fuͤhrten ſie mich wieder hin-
weg; Und weil der Oberſte erfahren/ daß ich
Reichs-Schatzmeiſter waͤre/ ſo befahl er mir im
Namen ſeines Koͤniges/ die Schluͤſſel und ein ꝛich-
tiges Verzeichniß aller Schaͤtze von mir zu ſtel-
len. Ob ich nun zwar meine Pflicht vorſchuͤtz-
te/ ſo halff es doch nichts/ ſondern man drohete
mir mit grauſamſter Pein/ dannenhero ich ver-
meldete/ wie ſo wol die Schluͤſſel als das weitlaͤuf-
tige Schatz-Verzeichniß in ſolchem Tumult waͤ-
re verlohren gangen/ ſie wuͤrden wol den gewoͤhn-
lichen Hand-Schluͤſſel der Soldaten bey ſich fuͤh-
ren/ und ſich begnuͤgen laſſen/ wenn ich die Be-
haͤltniſſe des Schatzes anzeigete. Womit ſie
denn ſehr wol vergnuͤget waren/ als ich ihnen nur
etliche Gewoͤlber wieſe/ und die unterirrdiſche
Schatz-Gruͤffte in meiner Pflicht beruhen ließ.
Nach dieſem wurde mir erlaubet/ frey in der
Burg herum zu gehen/ iedoch hatte die Wache
Befehl/ mich nicht vor das Burg-Thor zu laſſen.
Jngleichen wurde mir auch alle Beſuchung der
Princeßin unterſaget/ daß ich ſie alſo das letzte
mal geſprochen. Jndeſſen kunte ich alles be-
mercken und erfahren/ was in und auſſer deꝛ Buꝛg
vorgieng. Endlich wurde mir doch erlaubet/
unter gnugſamer Aufſicht den Koͤnigl. Einzug des
Chaumigrems mit anzuſchauen/ dieſes geſchahe
erſt nach zweyen Tagen/ da er Morgens vor die

Stadt
U 5
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[313/0333] Anderes Buch. dem Grabe Wurtzel faſſe. Als meine feindſe- ligen Begleiter ſahen/ daß ich ſtatt Troſtes ſie nur mehr betruͤbte/ fuͤhrten ſie mich wieder hin- weg; Und weil der Oberſte erfahren/ daß ich Reichs-Schatzmeiſter waͤre/ ſo befahl er mir im Namen ſeines Koͤniges/ die Schluͤſſel und ein ꝛich- tiges Verzeichniß aller Schaͤtze von mir zu ſtel- len. Ob ich nun zwar meine Pflicht vorſchuͤtz- te/ ſo halff es doch nichts/ ſondern man drohete mir mit grauſamſter Pein/ dannenhero ich ver- meldete/ wie ſo wol die Schluͤſſel als das weitlaͤuf- tige Schatz-Verzeichniß in ſolchem Tumult waͤ- re verlohren gangen/ ſie wuͤrden wol den gewoͤhn- lichen Hand-Schluͤſſel der Soldaten bey ſich fuͤh- ren/ und ſich begnuͤgen laſſen/ wenn ich die Be- haͤltniſſe des Schatzes anzeigete. Womit ſie denn ſehr wol vergnuͤget waren/ als ich ihnen nur etliche Gewoͤlber wieſe/ und die unterirrdiſche Schatz-Gruͤffte in meiner Pflicht beruhen ließ. Nach dieſem wurde mir erlaubet/ frey in der Burg herum zu gehen/ iedoch hatte die Wache Befehl/ mich nicht vor das Burg-Thor zu laſſen. Jngleichen wurde mir auch alle Beſuchung der Princeßin unterſaget/ daß ich ſie alſo das letzte mal geſprochen. Jndeſſen kunte ich alles be- mercken und erfahren/ was in und auſſer deꝛ Buꝛg vorgieng. Endlich wurde mir doch erlaubet/ unter gnugſamer Aufſicht den Koͤnigl. Einzug des Chaumigrems mit anzuſchauen/ dieſes geſchahe erſt nach zweyen Tagen/ da er Morgens vor die Stadt U 5

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/333>, abgerufen am 10.06.2024.