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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

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weil sie Fanzen und Frazen sind, nichts
kann darthun am mindesten aber Wörtlein.
Daher denn mit Säuberung der Begriff
neuerdings Zeit vorüber streicht, und ächte
Wissenschaft immer wieder muß Halte ma-
chen in ihrem Laufe. Wird deswegen
...

Wir haben oft Klüglinge über dieses alte
Gesez (es ist von Landtage 1603) urtheilen
hören. Sie haben's entweder als zu streng,
oder als unnöthig verworfen. Es ist freylich
wahr, daß nur wenige recht einsehn, wie sehr
Worte die Welt regieren; aber was verän-
dert das bey der Sache? Gelehrte solten hier
am wenigsten unterwürfig seyn; aber sie sind
es beynah eben so sehr als Andre; und strenge
Ausübung dieses Gesezes kann ihnen sehr heil-
sam seyn. Wir haben einen Aldermann sa-
gen hören: Auf immer solte derjenige die
Belonungen der Republik entbehren, der
ein Wort aufbringt, das nur Ein Jahr,
und nur in Einer Wissenschaft Verwirrung
anrichtet.

Wenige Beyspiele sind zureichend um zu
zeigen, was Worte überhaupt für Einflüsse
haben. Was hat man durch die scholasti-
schen Kunstwörter
in der Theologie für
Blendwerk gemacht. Und wie schädlich ist

dieß
weil ſie Fanzen und Frazen ſind, nichts
kann darthun am mindeſten aber Woͤrtlein.
Daher denn mit Saͤuberung der Begriff
neuerdings Zeit voruͤber ſtreicht, und aͤchte
Wiſſenſchaft immer wieder muß Halte ma-
chen in ihrem Laufe. Wird deswegen

Wir haben oft Kluͤglinge uͤber dieſes alte
Geſez (es iſt von Landtage 1603) urtheilen
hoͤren. Sie haben’s entweder als zu ſtreng,
oder als unnoͤthig verworfen. Es iſt freylich
wahr, daß nur wenige recht einſehn, wie ſehr
Worte die Welt regieren; aber was veraͤn-
dert das bey der Sache? Gelehrte ſolten hier
am wenigſten unterwuͤrfig ſeyn; aber ſie ſind
es beynah eben ſo ſehr als Andre; und ſtrenge
Ausuͤbung dieſes Geſezes kann ihnen ſehr heil-
ſam ſeyn. Wir haben einen Aldermann ſa-
gen hoͤren: Auf immer ſolte derjenige die
Belonungen der Republik entbehren, der
ein Wort aufbringt, das nur Ein Jahr,
und nur in Einer Wiſſenſchaft Verwirrung
anrichtet.

Wenige Beyſpiele ſind zureichend um zu
zeigen, was Worte uͤberhaupt fuͤr Einfluͤſſe
haben. Was hat man durch die ſcholaſti-
ſchen Kunſtwoͤrter
in der Theologie fuͤr
Blendwerk gemacht. Und wie ſchaͤdlich iſt

dieß
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[104/0180] weil ſie Fanzen und Frazen ſind, nichts kann darthun am mindeſten aber Woͤrtlein. Daher denn mit Saͤuberung der Begriff neuerdings Zeit voruͤber ſtreicht, und aͤchte Wiſſenſchaft immer wieder muß Halte ma- chen in ihrem Laufe. Wird deswegen … Wir haben oft Kluͤglinge uͤber dieſes alte Geſez (es iſt von Landtage 1603) urtheilen hoͤren. Sie haben’s entweder als zu ſtreng, oder als unnoͤthig verworfen. Es iſt freylich wahr, daß nur wenige recht einſehn, wie ſehr Worte die Welt regieren; aber was veraͤn- dert das bey der Sache? Gelehrte ſolten hier am wenigſten unterwuͤrfig ſeyn; aber ſie ſind es beynah eben ſo ſehr als Andre; und ſtrenge Ausuͤbung dieſes Geſezes kann ihnen ſehr heil- ſam ſeyn. Wir haben einen Aldermann ſa- gen hoͤren: Auf immer ſolte derjenige die Belonungen der Republik entbehren, der ein Wort aufbringt, das nur Ein Jahr, und nur in Einer Wiſſenſchaft Verwirrung anrichtet. Wenige Beyſpiele ſind zureichend um zu zeigen, was Worte uͤberhaupt fuͤr Einfluͤſſe haben. Was hat man durch die ſcholaſti- ſchen Kunſtwoͤrter in der Theologie fuͤr Blendwerk gemacht. Und wie ſchaͤdlich iſt dieß

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/180>, abgerufen am 29.04.2024.