Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Sobald ein Unterzünfter schreibt, oder öf-
fentlich lehrt, oder seine Wissenschaft im ge-
meinen Leben anwendet; das heist, sobald
er aus dem Bezirke hervortrit, in welchem
alles, was er weiß, nur zur Nahrung oder
auch zum Schmause seines eignen Geistes da
ist; so komt er dadurch, nach der Beschaf-
fenheit der Schriften, des Vortrags, der
Anwendung, entweder unter das Volk, oder
in eine Oberzunft, doch in dem lezten Falle
so, daß er der Zunft, auf welcher er zuvor
war, auch noch angehören kann. Ueber-
haupt kann man bey uns zwey ja bisweilen
drey Zünften angehören; man muß aber,
wenn Landtag ist, die ganze Zeit über, auf
der Zunft bleiben, die man für dasmal ge-
wählt hat. Die Unterzünfte sind:

Die Zunft der Wisser, oder derer, wel-
chen beynah alles Wissenswürdige bekant
ist. Diese Zunft ist seit je her sehr klein ge-
wesen.

Die Zunft der Kundigen, derer, die
mehr als die Hälfte des Wissenswürdigen
wissen.

Die Zunft der Drittler. Jhre Benen-
nung zeigt ihre Beschaffenheit. Es ist eine
überaus grosse Zunft.

Die
A 5

Sobald ein Unterzuͤnfter ſchreibt, oder oͤf-
fentlich lehrt, oder ſeine Wiſſenſchaft im ge-
meinen Leben anwendet; das heiſt, ſobald
er aus dem Bezirke hervortrit, in welchem
alles, was er weiß, nur zur Nahrung oder
auch zum Schmauſe ſeines eignen Geiſtes da
iſt; ſo komt er dadurch, nach der Beſchaf-
fenheit der Schriften, des Vortrags, der
Anwendung, entweder unter das Volk, oder
in eine Oberzunft, doch in dem lezten Falle
ſo, daß er der Zunft, auf welcher er zuvor
war, auch noch angehoͤren kann. Ueber-
haupt kann man bey uns zwey ja bisweilen
drey Zuͤnften angehoͤren; man muß aber,
wenn Landtag iſt, die ganze Zeit uͤber, auf
der Zunft bleiben, die man fuͤr dasmal ge-
waͤhlt hat. Die Unterzuͤnfte ſind:

Die Zunft der Wiſſer, oder derer, wel-
chen beynah alles Wiſſenswuͤrdige bekant
iſt. Dieſe Zunft iſt ſeit je her ſehr klein ge-
weſen.

Die Zunft der Kundigen, derer, die
mehr als die Haͤlfte des Wiſſenswuͤrdigen
wiſſen.

Die Zunft der Drittler. Jhre Benen-
nung zeigt ihre Beſchaffenheit. Es iſt eine
uͤberaus groſſe Zunft.

Die
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0085" n="9"/>
          <p>Sobald ein Unterzu&#x0364;nfter &#x017F;chreibt, oder o&#x0364;f-<lb/>
fentlich lehrt, oder &#x017F;eine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft im ge-<lb/>
meinen Leben anwendet; das hei&#x017F;t, &#x017F;obald<lb/>
er aus dem Bezirke hervortrit, in welchem<lb/>
alles, was er weiß, nur zur Nahrung oder<lb/>
auch zum Schmau&#x017F;e &#x017F;eines eignen Gei&#x017F;tes da<lb/>
i&#x017F;t; &#x017F;o komt er dadurch, nach der Be&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit der Schriften, des Vortrags, der<lb/>
Anwendung, entweder unter das Volk, oder<lb/>
in eine Oberzunft, doch in dem lezten Falle<lb/>
&#x017F;o, daß er der Zunft, auf welcher er zuvor<lb/>
war, auch noch angeho&#x0364;ren kann. Ueber-<lb/>
haupt kann man bey uns zwey ja bisweilen<lb/>
drey Zu&#x0364;nften angeho&#x0364;ren; man muß aber,<lb/>
wenn Landtag i&#x017F;t, die ganze Zeit u&#x0364;ber, auf<lb/>
der Zunft bleiben, die man fu&#x0364;r dasmal ge-<lb/>
wa&#x0364;hlt hat. Die Unterzu&#x0364;nfte &#x017F;ind:</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Die Zunft der Wi&#x017F;&#x017F;er</hi>, oder derer, wel-<lb/>
chen beynah alles Wi&#x017F;&#x017F;enswu&#x0364;rdige bekant<lb/>
i&#x017F;t. Die&#x017F;e Zunft i&#x017F;t &#x017F;eit je her &#x017F;ehr klein ge-<lb/>
we&#x017F;en.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Die Zunft der Kundigen</hi>, derer, die<lb/>
mehr als die Ha&#x0364;lfte des Wi&#x017F;&#x017F;enswu&#x0364;rdigen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Die Zunft der Drittler.</hi> Jhre Benen-<lb/>
nung zeigt ihre Be&#x017F;chaffenheit. Es i&#x017F;t eine<lb/>
u&#x0364;beraus gro&#x017F;&#x017F;e Zunft.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0085] Sobald ein Unterzuͤnfter ſchreibt, oder oͤf- fentlich lehrt, oder ſeine Wiſſenſchaft im ge- meinen Leben anwendet; das heiſt, ſobald er aus dem Bezirke hervortrit, in welchem alles, was er weiß, nur zur Nahrung oder auch zum Schmauſe ſeines eignen Geiſtes da iſt; ſo komt er dadurch, nach der Beſchaf- fenheit der Schriften, des Vortrags, der Anwendung, entweder unter das Volk, oder in eine Oberzunft, doch in dem lezten Falle ſo, daß er der Zunft, auf welcher er zuvor war, auch noch angehoͤren kann. Ueber- haupt kann man bey uns zwey ja bisweilen drey Zuͤnften angehoͤren; man muß aber, wenn Landtag iſt, die ganze Zeit uͤber, auf der Zunft bleiben, die man fuͤr dasmal ge- waͤhlt hat. Die Unterzuͤnfte ſind: Die Zunft der Wiſſer, oder derer, wel- chen beynah alles Wiſſenswuͤrdige bekant iſt. Dieſe Zunft iſt ſeit je her ſehr klein ge- weſen. Die Zunft der Kundigen, derer, die mehr als die Haͤlfte des Wiſſenswuͤrdigen wiſſen. Die Zunft der Drittler. Jhre Benen- nung zeigt ihre Beſchaffenheit. Es iſt eine uͤberaus groſſe Zunft. Die A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/85
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/85>, abgerufen am 05.05.2024.