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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe. §. 5. Neuheit der Erfindung (Fortsetzung).
falls von den Englischen Gerichtshöfen in zwei Rechtsfällen
angenommen ist1):

In Bezug auf die von dem Erfinder selbst angestellten
Versuche wurde im Jahre 1849 im Englischen Parlamente eine
Bill eingebracht, welche deren Unschädlichkeit ausdrücklich
anerkannte. Sie ist jedoch nicht zur zweiten Lesung gelangt.
Dagegen schliesst ein gewerblicher Gebrauch auch seitens des
Erfinders selbst die nachherige Patentirung aus.

In dem Rechtsfalle Wood v. Timmer2) handelte es sich
um ein neues Präparat von Kupfergrün, unter dem Namen:
British Imperial Verdigris. Es wurde festgestellt, dass der Er-
finder dieses Fabrikat schon während vier Monaten vor der Pa-
tentirung in grosser Ausdehnung verkauft hatte, und deshalb
das Patent für ungültig erklärt. Dieselbe Entscheidung traf
der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in Nordamerika
in der Prozesssache Pennock & Sellers v. Dialogue3), nachdem
festgestellt war, dass der Erfinder die patentirte Waare sieben
Jahre als ein Geheimfabrikat verkauft hatte, bevor er ein Pa-
tent nachsuchte. Der Gerichtshof führte in den Entscheidungs-
gründen aus:

1) Godson l. c. p. 46 f. In der Sache Morgan von Seward wurde
festgestellt, dass der Erfinder vor der Patentirung zwei Räder von der
später patentirten Art hatte anfertigen lassen, jedoch unter der Bedin-
gung der Geheimhaltung, welche dann zum Probegebrauche an eine
ausländische Gesellschaft versendet waren. Der Gerichtshof nahm an,
dass dieser Gebrauch der Neuheit der patentirten Erfindung keinen
Eintrag thue.
In dem Rechtsfalle Jones v. Pearce handelte es sich um ein Pa-
tent für Wagenräder mit aufgehängter Nabe. (Die Speichen waren in
der Nabe mit einem gewissen Spielraum befestigt, so dass die senkrecht
unter der Nabe befindliche Speiche etwas hineingedrückt wurde, wäh-
rend die jedesmal über der horizontalen befindlichen Speichen die Last
des Wagens trugen und auf die halbe Peripherie des Rades vertheil-
ten.) Es wurde bewiesen, dass ein Dilettant im Maschinenbau H. Strutt
sich früher mit der Construction gleicher Räder beschäftigt und meh-
rere Wagen nach diesem Principe gebaut hatte, welche, da der Ver-
such nicht gelungen war, unbenutzt stehen blieben. -- Auch hier nahm
der Gerichtshof an, dass das ungelöste Problem des früheren Ent-
deckers der Neuhe it der wirklich gelösten Erfindung keinen Eintrag thue.
2) Godson l. c. p. 50.
3) Godson l. c. p. 51.

I. Vorbegriffe. §. 5. Neuheit der Erfindung (Fortsetzung).
falls von den Englischen Gerichtshöfen in zwei Rechtsfällen
angenommen ist1):

In Bezug auf die von dem Erfinder selbst angestellten
Versuche wurde im Jahre 1849 im Englischen Parlamente eine
Bill eingebracht, welche deren Unschädlichkeit ausdrücklich
anerkannte. Sie ist jedoch nicht zur zweiten Lesung gelangt.
Dagegen schliesst ein gewerblicher Gebrauch auch seitens des
Erfinders selbst die nachherige Patentirung aus.

In dem Rechtsfalle Wood v. Timmer2) handelte es sich
um ein neues Präparat von Kupfergrün, unter dem Namen:
British Imperial Verdigris. Es wurde festgestellt, dass der Er-
finder dieses Fabrikat schon während vier Monaten vor der Pa-
tentirung in grosser Ausdehnung verkauft hatte, und deshalb
das Patent für ungültig erklärt. Dieselbe Entscheidung traf
der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in Nordamerika
in der Prozesssache Pennock & Sellers v. Dialogue3), nachdem
festgestellt war, dass der Erfinder die patentirte Waare sieben
Jahre als ein Geheimfabrikat verkauft hatte, bevor er ein Pa-
tent nachsuchte. Der Gerichtshof führte in den Entscheidungs-
gründen aus:

1) Godson l. c. p. 46 f. In der Sache Morgan von Seward wurde
festgestellt, dass der Erfinder vor der Patentirung zwei Räder von der
später patentirten Art hatte anfertigen lassen, jedoch unter der Bedin-
gung der Geheimhaltung, welche dann zum Probegebrauche an eine
ausländische Gesellschaft versendet waren. Der Gerichtshof nahm an,
dass dieser Gebrauch der Neuheit der patentirten Erfindung keinen
Eintrag thue.
In dem Rechtsfalle Jones v. Pearce handelte es sich um ein Pa-
tent für Wagenräder mit aufgehängter Nabe. (Die Speichen waren in
der Nabe mit einem gewissen Spielraum befestigt, so dass die senkrecht
unter der Nabe befindliche Speiche etwas hineingedrückt wurde, wäh-
rend die jedesmal über der horizontalen befindlichen Speichen die Last
des Wagens trugen und auf die halbe Peripherie des Rades vertheil-
ten.) Es wurde bewiesen, dass ein Dilettant im Maschinenbau H. Strutt
sich früher mit der Construction gleicher Räder beschäftigt und meh-
rere Wagen nach diesem Principe gebaut hatte, welche, da der Ver-
such nicht gelungen war, unbenutzt stehen blieben. — Auch hier nahm
der Gerichtshof an, dass das ungelöste Problem des früheren Ent-
deckers der Neuhe it der wirklich gelösten Erfindung keinen Eintrag thue.
2) Godson l. c. p. 50.
3) Godson l. c. p. 51.
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[46/0073] I. Vorbegriffe. §. 5. Neuheit der Erfindung (Fortsetzung). falls von den Englischen Gerichtshöfen in zwei Rechtsfällen angenommen ist 1): In Bezug auf die von dem Erfinder selbst angestellten Versuche wurde im Jahre 1849 im Englischen Parlamente eine Bill eingebracht, welche deren Unschädlichkeit ausdrücklich anerkannte. Sie ist jedoch nicht zur zweiten Lesung gelangt. Dagegen schliesst ein gewerblicher Gebrauch auch seitens des Erfinders selbst die nachherige Patentirung aus. In dem Rechtsfalle Wood v. Timmer 2) handelte es sich um ein neues Präparat von Kupfergrün, unter dem Namen: British Imperial Verdigris. Es wurde festgestellt, dass der Er- finder dieses Fabrikat schon während vier Monaten vor der Pa- tentirung in grosser Ausdehnung verkauft hatte, und deshalb das Patent für ungültig erklärt. Dieselbe Entscheidung traf der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in Nordamerika in der Prozesssache Pennock & Sellers v. Dialogue 3), nachdem festgestellt war, dass der Erfinder die patentirte Waare sieben Jahre als ein Geheimfabrikat verkauft hatte, bevor er ein Pa- tent nachsuchte. Der Gerichtshof führte in den Entscheidungs- gründen aus: 1) Godson l. c. p. 46 f. In der Sache Morgan von Seward wurde festgestellt, dass der Erfinder vor der Patentirung zwei Räder von der später patentirten Art hatte anfertigen lassen, jedoch unter der Bedin- gung der Geheimhaltung, welche dann zum Probegebrauche an eine ausländische Gesellschaft versendet waren. Der Gerichtshof nahm an, dass dieser Gebrauch der Neuheit der patentirten Erfindung keinen Eintrag thue. In dem Rechtsfalle Jones v. Pearce handelte es sich um ein Pa- tent für Wagenräder mit aufgehängter Nabe. (Die Speichen waren in der Nabe mit einem gewissen Spielraum befestigt, so dass die senkrecht unter der Nabe befindliche Speiche etwas hineingedrückt wurde, wäh- rend die jedesmal über der horizontalen befindlichen Speichen die Last des Wagens trugen und auf die halbe Peripherie des Rades vertheil- ten.) Es wurde bewiesen, dass ein Dilettant im Maschinenbau H. Strutt sich früher mit der Construction gleicher Räder beschäftigt und meh- rere Wagen nach diesem Principe gebaut hatte, welche, da der Ver- such nicht gelungen war, unbenutzt stehen blieben. — Auch hier nahm der Gerichtshof an, dass das ungelöste Problem des früheren Ent- deckers der Neuhe it der wirklich gelösten Erfindung keinen Eintrag thue. 2) Godson l. c. p. 50. 3) Godson l. c. p. 51.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/73>, abgerufen am 28.04.2024.