Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Vorbegriffe. §. 7. Einführungspatente.
nommen. Dieses Gesetz erhielt nämlich schon früh durch die
Praxis der Gerichte die Auslegung, dass als ein neuer Gewer-
bebetrieb im Königreiche (new manusactures within this realm)
jede Erfindung zu betrachten sei, welche im Inlande noch nicht
in Gebrauch gesetzt oder veröffentlicht worden und dass in
Bezug auf ausländische Erfindungen derjenige als Erfinder im
Sinne des Gesetzes zu betrachten sei, welcher solche im In-
lande zuerst veröffentlicht1). In England werden daher,
wie in Preussen, Patente über ausländische Erfindungen auf
die erste Anmeldung ertheilt, sofern dieselben im Inlande
noch nicht veröffentlicht sind, und die Veröffentlichung im
Inlande wird nur dann als vorhanden angenommen, wenn die
Druckschrift, in welcher die Erfindung publizirt ist, im Inlande
in den Buchhandel gekommen ist. Der Umstand, dass die
Erfindung in einem ausländischen Buche gedruckt ist und dass
ein Exemplar dieses Buches sich im Inlande im Privatbesitz
befindet, schliesst nach Englischem Rechte das Requisit der
Neuheit der Erfindung in Bezug auf solche ausländische Erfin-
dungen nicht aus2).

Der inländische Patentinhaber gilt in Bezug auf solche
importirte Erfindungen als fingirter Erfinder (vergl. Bd. I S. 233).

Diese Praxis des Englischen Rechtes hat durch die neuere
Gesetzgebung insofern eine Einschränkung erlitten, als auf
Erfindungen, die irgendwo im Auslande patentirt sind, nur
für die Dauer des ausländischen Patentes ein Einführungspa-
tent erworben werden kann und dass für solche Erfindungen,
in Bezug auf welche das ausländische Patent bereits erloschen
ist, gar kein Patentschutz im Inlande stattfindet (15 & 16 Vic-
toria cap. 83 sect. 25). Dagegen findet in Bezug auf solche
Gewerbszweige, welche im Auslande von Anfang an ohne Pa-
tentschutz betrieben sind, noch immer die Ertheilung von Ein-
führungspatenten Anwendung: So wurde die Erfindung der
emaillirten gusseisernen Kochgeschirre, welche von dem Erfin-
der (dem Gleiwitzer Hüttenwerke in Oberschlesien) ohne Patent-

1) Der erste Rechtsfall, in welchem diese Auslegung angenommen
wurde (Edgeberry v. Stephens), fiel in die ersten Jahre nach dem Er-
lass des Gesetzes von 1623. -- Godson, A Treatise etc. p. 32 p. 103.
2) Burke, A Supplement to Godsons Treatise on the law of pa-
tents p. 2.

I. Vorbegriffe. §. 7. Einführungspatente.
nommen. Dieses Gesetz erhielt nämlich schon früh durch die
Praxis der Gerichte die Auslegung, dass als ein neuer Gewer-
bebetrieb im Königreiche (new manuſactures within this realm)
jede Erfindung zu betrachten sei, welche im Inlande noch nicht
in Gebrauch gesetzt oder veröffentlicht worden und dass in
Bezug auf ausländische Erfindungen derjenige als Erfinder im
Sinne des Gesetzes zu betrachten sei, welcher solche im In-
lande zuerst veröffentlicht1). In England werden daher,
wie in Preussen, Patente über ausländische Erfindungen auf
die erste Anmeldung ertheilt, sofern dieselben im Inlande
noch nicht veröffentlicht sind, und die Veröffentlichung im
Inlande wird nur dann als vorhanden angenommen, wenn die
Druckschrift, in welcher die Erfindung publizirt ist, im Inlande
in den Buchhandel gekommen ist. Der Umstand, dass die
Erfindung in einem ausländischen Buche gedruckt ist und dass
ein Exemplar dieses Buches sich im Inlande im Privatbesitz
befindet, schliesst nach Englischem Rechte das Requisit der
Neuheit der Erfindung in Bezug auf solche ausländische Erfin-
dungen nicht aus2).

Der inländische Patentinhaber gilt in Bezug auf solche
importirte Erfindungen als fingirter Erfinder (vergl. Bd. I S. 233).

Diese Praxis des Englischen Rechtes hat durch die neuere
Gesetzgebung insofern eine Einschränkung erlitten, als auf
Erfindungen, die irgendwo im Auslande patentirt sind, nur
für die Dauer des ausländischen Patentes ein Einführungspa-
tent erworben werden kann und dass für solche Erfindungen,
in Bezug auf welche das ausländische Patent bereits erloschen
ist, gar kein Patentschutz im Inlande stattfindet (15 & 16 Vic-
toria cap. 83 sect. 25). Dagegen findet in Bezug auf solche
Gewerbszweige, welche im Auslande von Anfang an ohne Pa-
tentschutz betrieben sind, noch immer die Ertheilung von Ein-
führungspatenten Anwendung: So wurde die Erfindung der
emaillirten gusseisernen Kochgeschirre, welche von dem Erfin-
der (dem Gleiwitzer Hüttenwerke in Oberschlesien) ohne Patent-

1) Der erste Rechtsfall, in welchem diese Auslegung angenommen
wurde (Edgeberry v. Stephens), fiel in die ersten Jahre nach dem Er-
lass des Gesetzes von 1623. — Godson, A Treatise etc. p. 32 p. 103.
2) Burke, A Supplement to Godsons Treatise on the law of pa-
tents p. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0095" n="68"/><fw place="top" type="header">I. Vorbegriffe. §. 7. Einführungspatente.</fw><lb/>
nommen. Dieses Gesetz erhielt nämlich schon früh durch die<lb/>
Praxis der Gerichte die Auslegung, dass als ein neuer Gewer-<lb/>
bebetrieb im Königreiche (<hi rendition="#i">new manu&#x017F;actures within this realm</hi>)<lb/>
jede Erfindung zu betrachten sei, welche im Inlande noch nicht<lb/>
in Gebrauch gesetzt oder veröffentlicht worden und dass in<lb/>
Bezug auf ausländische Erfindungen derjenige als Erfinder im<lb/>
Sinne des Gesetzes zu betrachten sei, welcher solche im In-<lb/>
lande zuerst veröffentlicht<note place="foot" n="1)">Der erste Rechtsfall, in welchem diese Auslegung angenommen<lb/>
wurde (<hi rendition="#i">Edgeberry v. Stephens</hi>), fiel in die ersten Jahre nach dem Er-<lb/>
lass des Gesetzes von 1623. &#x2014; Godson, A Treatise etc. p. 32 p. 103.</note>. In England werden daher,<lb/>
wie in Preussen, Patente über ausländische Erfindungen auf<lb/>
die erste Anmeldung ertheilt, sofern dieselben im Inlande<lb/>
noch nicht veröffentlicht sind, und die Veröffentlichung im<lb/>
Inlande wird nur dann als vorhanden angenommen, wenn die<lb/>
Druckschrift, in welcher die Erfindung publizirt ist, im Inlande<lb/>
in den Buchhandel gekommen ist. Der Umstand, dass die<lb/>
Erfindung in einem ausländischen Buche gedruckt ist und dass<lb/>
ein Exemplar dieses Buches sich im Inlande im Privatbesitz<lb/>
befindet, schliesst nach Englischem Rechte das Requisit der<lb/>
Neuheit der Erfindung in Bezug auf solche ausländische Erfin-<lb/>
dungen nicht aus<note place="foot" n="2)">Burke, A Supplement to Godsons Treatise on the law of pa-<lb/>
tents p. 2.</note>.</p><lb/>
            <p>Der inländische Patentinhaber gilt in Bezug auf solche<lb/>
importirte Erfindungen als fingirter Erfinder (vergl. Bd. I S. 233).</p><lb/>
            <p>Diese Praxis des Englischen Rechtes hat durch die neuere<lb/>
Gesetzgebung insofern eine Einschränkung erlitten, als auf<lb/>
Erfindungen, die irgendwo im Auslande patentirt sind, nur<lb/>
für die Dauer des ausländischen Patentes ein Einführungspa-<lb/>
tent erworben werden kann und dass für solche Erfindungen,<lb/>
in Bezug auf welche das ausländische Patent bereits erloschen<lb/>
ist, gar kein Patentschutz im Inlande stattfindet (15 &amp; 16 Vic-<lb/>
toria cap. 83 sect. 25). Dagegen findet in Bezug auf solche<lb/>
Gewerbszweige, welche im Auslande von Anfang an ohne Pa-<lb/>
tentschutz betrieben sind, noch immer die Ertheilung von Ein-<lb/>
führungspatenten Anwendung: So wurde die Erfindung der<lb/>
emaillirten gusseisernen Kochgeschirre, welche von dem Erfin-<lb/>
der (dem Gleiwitzer Hüttenwerke in Oberschlesien) ohne Patent-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0095] I. Vorbegriffe. §. 7. Einführungspatente. nommen. Dieses Gesetz erhielt nämlich schon früh durch die Praxis der Gerichte die Auslegung, dass als ein neuer Gewer- bebetrieb im Königreiche (new manuſactures within this realm) jede Erfindung zu betrachten sei, welche im Inlande noch nicht in Gebrauch gesetzt oder veröffentlicht worden und dass in Bezug auf ausländische Erfindungen derjenige als Erfinder im Sinne des Gesetzes zu betrachten sei, welcher solche im In- lande zuerst veröffentlicht 1). In England werden daher, wie in Preussen, Patente über ausländische Erfindungen auf die erste Anmeldung ertheilt, sofern dieselben im Inlande noch nicht veröffentlicht sind, und die Veröffentlichung im Inlande wird nur dann als vorhanden angenommen, wenn die Druckschrift, in welcher die Erfindung publizirt ist, im Inlande in den Buchhandel gekommen ist. Der Umstand, dass die Erfindung in einem ausländischen Buche gedruckt ist und dass ein Exemplar dieses Buches sich im Inlande im Privatbesitz befindet, schliesst nach Englischem Rechte das Requisit der Neuheit der Erfindung in Bezug auf solche ausländische Erfin- dungen nicht aus 2). Der inländische Patentinhaber gilt in Bezug auf solche importirte Erfindungen als fingirter Erfinder (vergl. Bd. I S. 233). Diese Praxis des Englischen Rechtes hat durch die neuere Gesetzgebung insofern eine Einschränkung erlitten, als auf Erfindungen, die irgendwo im Auslande patentirt sind, nur für die Dauer des ausländischen Patentes ein Einführungspa- tent erworben werden kann und dass für solche Erfindungen, in Bezug auf welche das ausländische Patent bereits erloschen ist, gar kein Patentschutz im Inlande stattfindet (15 & 16 Vic- toria cap. 83 sect. 25). Dagegen findet in Bezug auf solche Gewerbszweige, welche im Auslande von Anfang an ohne Pa- tentschutz betrieben sind, noch immer die Ertheilung von Ein- führungspatenten Anwendung: So wurde die Erfindung der emaillirten gusseisernen Kochgeschirre, welche von dem Erfin- der (dem Gleiwitzer Hüttenwerke in Oberschlesien) ohne Patent- 1) Der erste Rechtsfall, in welchem diese Auslegung angenommen wurde (Edgeberry v. Stephens), fiel in die ersten Jahre nach dem Er- lass des Gesetzes von 1623. — Godson, A Treatise etc. p. 32 p. 103. 2) Burke, A Supplement to Godsons Treatise on the law of pa- tents p. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/95
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/95>, abgerufen am 29.04.2024.