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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe. §. 7. Einführungspatente.
(grantee in trust) des französischen Erfinders sei, dass dieser
seine Rechte an die französische Regierung verkauft und letz-
tere die Erfindung als ein Gemeingut für alle Nationen veröf-
fentlicht habe. Diese Einwendungen wurden indess als uner-
heblich verworfen, weil durch dieselben nicht widerlegt werde,
dass der Patentinhaber im Sinne des Englischen Rechtes in-
nerhalb des Königreiches wahrer und erster Erfinder der von
ihm eingeführten Erfindung sei.

Die Preussische Patentverwaltung ist bekanntlich in der
Ertheilung von Einführungspatenten äusserst schwierig. Sie
besitzt das unbeschränkte Recht im Wege der Vorprüfung, auch
gesetzlich zulässige Patentgesuche abzulehnen und kann des-
halb Unzuträglichkeiten, wie die vorstehend geschilderten, ver-
meiden. Auch ist soviel bekannt bisher nur ein Fall vorge-
kommen, in welchem ein Einführungspatent auf die Beschwerde
des ausländischen Erfinders (eines Nordamerikaners) kassirt
wurde, weil nachgewiesen wurde, dass die Erfindung vor der
Ertheilung des Einführungspatentes durch die Berichte über
die Londoner Industrieausstellung auch im Inlande bekannt
geworden war. Gleichwohl ist nicht zu leugnen, dass die Preus-
sische Gesetzgebung an sich eine solche Monopolisirung frem-
den geistigen Eigenthumes nicht ausschliessen würde, da sie
alle im Inlande noch nicht ausgeführten oder bekannt gewor-
denen Erfindungen als Gegenstand von Einführungspatenten
zulässt.

In den Ländern des reinen Anmeldungssystemes, nament-
lich in Frankreich, bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen
Zulassung von Einführungspatenten für ausländische Erfindun-
gen nicht. Hier gilt im Allgemeinen derjenige als fingirter
Erfinder, welcher die Erfindung zuerst zur Patentirung anmel-
det. Wie daher jeder berechtigt ist, sich eine fremde inländi-
sche Erfindung, in deren Besitz er gelangt, durch Einlegung
des Patentgesuches zu eigen zu machen, so gilt dieselbe Be-
fugniss auch in Bezug auf ausländische Erfindungen.

Es war daher überflüssig, wenn das Französische Gesetz
vom 7. Januar 17911) ausdrücklich demjenigen, welcher zuerst

1) Art. 3. Quiconque apportera le premier en France une de-
couverte etrangere jouira des memes avantages que s'il en etait l'in-
venteur.

I. Vorbegriffe. §. 7. Einführungspatente.
(grantee in trust) des französischen Erfinders sei, dass dieser
seine Rechte an die französische Regierung verkauft und letz-
tere die Erfindung als ein Gemeingut für alle Nationen veröf-
fentlicht habe. Diese Einwendungen wurden indess als uner-
heblich verworfen, weil durch dieselben nicht widerlegt werde,
dass der Patentinhaber im Sinne des Englischen Rechtes in-
nerhalb des Königreiches wahrer und erster Erfinder der von
ihm eingeführten Erfindung sei.

Die Preussische Patentverwaltung ist bekanntlich in der
Ertheilung von Einführungspatenten äusserst schwierig. Sie
besitzt das unbeschränkte Recht im Wege der Vorprüfung, auch
gesetzlich zulässige Patentgesuche abzulehnen und kann des-
halb Unzuträglichkeiten, wie die vorstehend geschilderten, ver-
meiden. Auch ist soviel bekannt bisher nur ein Fall vorge-
kommen, in welchem ein Einführungspatent auf die Beschwerde
des ausländischen Erfinders (eines Nordamerikaners) kassirt
wurde, weil nachgewiesen wurde, dass die Erfindung vor der
Ertheilung des Einführungspatentes durch die Berichte über
die Londoner Industrieausstellung auch im Inlande bekannt
geworden war. Gleichwohl ist nicht zu leugnen, dass die Preus-
sische Gesetzgebung an sich eine solche Monopolisirung frem-
den geistigen Eigenthumes nicht ausschliessen würde, da sie
alle im Inlande noch nicht ausgeführten oder bekannt gewor-
denen Erfindungen als Gegenstand von Einführungspatenten
zulässt.

In den Ländern des reinen Anmeldungssystemes, nament-
lich in Frankreich, bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen
Zulassung von Einführungspatenten für ausländische Erfindun-
gen nicht. Hier gilt im Allgemeinen derjenige als fingirter
Erfinder, welcher die Erfindung zuerst zur Patentirung anmel-
det. Wie daher jeder berechtigt ist, sich eine fremde inländi-
sche Erfindung, in deren Besitz er gelangt, durch Einlegung
des Patentgesuches zu eigen zu machen, so gilt dieselbe Be-
fugniss auch in Bezug auf ausländische Erfindungen.

Es war daher überflüssig, wenn das Französische Gesetz
vom 7. Januar 17911) ausdrücklich demjenigen, welcher zuerst

1) Art. 3. Quiconque apportera le premier en France une dé-
couverte étrangère jouira des mêmes avantages que s’il en etait l’in-
venteur.
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[70/0097] I. Vorbegriffe. §. 7. Einführungspatente. (grantee in trust) des französischen Erfinders sei, dass dieser seine Rechte an die französische Regierung verkauft und letz- tere die Erfindung als ein Gemeingut für alle Nationen veröf- fentlicht habe. Diese Einwendungen wurden indess als uner- heblich verworfen, weil durch dieselben nicht widerlegt werde, dass der Patentinhaber im Sinne des Englischen Rechtes in- nerhalb des Königreiches wahrer und erster Erfinder der von ihm eingeführten Erfindung sei. Die Preussische Patentverwaltung ist bekanntlich in der Ertheilung von Einführungspatenten äusserst schwierig. Sie besitzt das unbeschränkte Recht im Wege der Vorprüfung, auch gesetzlich zulässige Patentgesuche abzulehnen und kann des- halb Unzuträglichkeiten, wie die vorstehend geschilderten, ver- meiden. Auch ist soviel bekannt bisher nur ein Fall vorge- kommen, in welchem ein Einführungspatent auf die Beschwerde des ausländischen Erfinders (eines Nordamerikaners) kassirt wurde, weil nachgewiesen wurde, dass die Erfindung vor der Ertheilung des Einführungspatentes durch die Berichte über die Londoner Industrieausstellung auch im Inlande bekannt geworden war. Gleichwohl ist nicht zu leugnen, dass die Preus- sische Gesetzgebung an sich eine solche Monopolisirung frem- den geistigen Eigenthumes nicht ausschliessen würde, da sie alle im Inlande noch nicht ausgeführten oder bekannt gewor- denen Erfindungen als Gegenstand von Einführungspatenten zulässt. In den Ländern des reinen Anmeldungssystemes, nament- lich in Frankreich, bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Zulassung von Einführungspatenten für ausländische Erfindun- gen nicht. Hier gilt im Allgemeinen derjenige als fingirter Erfinder, welcher die Erfindung zuerst zur Patentirung anmel- det. Wie daher jeder berechtigt ist, sich eine fremde inländi- sche Erfindung, in deren Besitz er gelangt, durch Einlegung des Patentgesuches zu eigen zu machen, so gilt dieselbe Be- fugniss auch in Bezug auf ausländische Erfindungen. Es war daher überflüssig, wenn das Französische Gesetz vom 7. Januar 1791 1) ausdrücklich demjenigen, welcher zuerst 1) Art. 3. Quiconque apportera le premier en France une dé- couverte étrangère jouira des mêmes avantages que s’il en etait l’in- venteur.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/97>, abgerufen am 29.04.2024.