er nun früh oder spät aufhört, einer solchen Schönen zu huldigen; so ist das Mädchen eben so unglücklich, als wenn er sie absichtlich betrogen hätte. Sie welkt dahin, die arme Verlassene, wenn getäuschte Hoffnung, fehlge¬ schlagene Erwartung an ihrem Herzen nagt; indeß der süße Herr sorglos bey Andern her¬ umschwärmt, und das Unglück nicht einmal ahndet, das er angerichtet hat.
Eine nicht minder gewöhnliche Art, junge Mädchen zu Grunde zu richten, ist, wenn man entweder durch leichtfertige Reden und luxurio¬ sen Witz ihre Neugier und ihre Sinnlichkeit reizt, oder durch Erweckung romanhafter Be¬ griffe ihre Phantasie erhitzt, ihre Aufmerksam¬ keit von solchen Gegenständen, womit sie, ih¬ rem Berufe gemäß, sich beschäftigen sollten, ableitet, in ihnen den Sinn für ein einfaches, häusliches Leben ertödtet, oder ein junges Land- Mädgen, durch reizende Darstellung der Stadt- Freuden, mit ihrer Lage unzufrieden macht. Da ich nicht blos schreibe, um zu lehren, wie man angenehm, sondern auch, wie man nütz¬ lich im Umgange seyn solle; so ist es Pflicht für mich, vor dergleichen zu warnen, und glaube
mir,
er nun fruͤh oder ſpaͤt aufhoͤrt, einer ſolchen Schoͤnen zu huldigen; ſo iſt das Maͤdchen eben ſo ungluͤcklich, als wenn er ſie abſichtlich betrogen haͤtte. Sie welkt dahin, die arme Verlaſſene, wenn getaͤuſchte Hoffnung, fehlge¬ ſchlagene Erwartung an ihrem Herzen nagt; indeß der ſuͤße Herr ſorglos bey Andern her¬ umſchwaͤrmt, und das Ungluͤck nicht einmal ahndet, das er angerichtet hat.
Eine nicht minder gewoͤhnliche Art, junge Maͤdchen zu Grunde zu richten, iſt, wenn man entweder durch leichtfertige Reden und luxurio¬ ſen Witz ihre Neugier und ihre Sinnlichkeit reizt, oder durch Erweckung romanhafter Be¬ griffe ihre Phantaſie erhitzt, ihre Aufmerkſam¬ keit von ſolchen Gegenſtaͤnden, womit ſie, ih¬ rem Berufe gemaͤß, ſich beſchaͤftigen ſollten, ableitet, in ihnen den Sinn fuͤr ein einfaches, haͤusliches Leben ertoͤdtet, oder ein junges Land- Maͤdgen, durch reizende Darſtellung der Stadt- Freuden, mit ihrer Lage unzufrieden macht. Da ich nicht blos ſchreibe, um zu lehren, wie man angenehm, ſondern auch, wie man nuͤtz¬ lich im Umgange ſeyn ſolle; ſo iſt es Pflicht fuͤr mich, vor dergleichen zu warnen, und glaube
mir,
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er nun fruͤh oder ſpaͤt aufhoͤrt, einer ſolchen
Schoͤnen zu huldigen; ſo iſt das Maͤdchen
eben ſo ungluͤcklich, als wenn er ſie abſichtlich
betrogen haͤtte. Sie welkt dahin, die arme
Verlaſſene, wenn getaͤuſchte Hoffnung, fehlge¬
ſchlagene Erwartung an ihrem Herzen nagt;
indeß der ſuͤße Herr ſorglos bey Andern her¬
umſchwaͤrmt, und das Ungluͤck nicht einmal
ahndet, das er angerichtet hat.
Eine nicht minder gewoͤhnliche Art, junge
Maͤdchen zu Grunde zu richten, iſt, wenn man
entweder durch leichtfertige Reden und luxurio¬
ſen Witz ihre Neugier und ihre Sinnlichkeit
reizt, oder durch Erweckung romanhafter Be¬
griffe ihre Phantaſie erhitzt, ihre Aufmerkſam¬
keit von ſolchen Gegenſtaͤnden, womit ſie, ih¬
rem Berufe gemaͤß, ſich beſchaͤftigen ſollten,
ableitet, in ihnen den Sinn fuͤr ein einfaches,
haͤusliches Leben ertoͤdtet, oder ein junges Land-
Maͤdgen, durch reizende Darſtellung der Stadt-
Freuden, mit ihrer Lage unzufrieden macht.
Da ich nicht blos ſchreibe, um zu lehren, wie
man angenehm, ſondern auch, wie man nuͤtz¬
lich im Umgange ſeyn ſolle; ſo iſt es Pflicht
fuͤr mich, vor dergleichen zu warnen, und glaube
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/220>, abgerufen am 02.05.2024.
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