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Koch, Konrad: Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles. In: Oskar Streicher (Hg.): Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins. XVIII. Jahrgang Nr. 6. Berlin, 1903. Sp. 169-172.

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Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles.
[Beginn Spaltensatz]

Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der Fußball auf den
meisten deutschen Spielplätzen heimisch geworden zum großen Segen
für unsre männliche Jugend, der das kräftige Spiel eine nie
versiegende Quelle reinen Vergnügens und zugleich ein Stahlbad
für Leib und Seele bietet. Damit ihr diese Luft erhalten bleibe
und der Nutzen des Spieles ihr ungeschmälert zugute komme,
haben die leitenden Kreise auf diesem Gebiete schon immer ernst-
lich darauf Bedacht genommen das Spiel unserer deutschen Volks-
art entsprechend auszubilden und seinen Betrieb von jeder Aus-
artung frei zu halten. Namentlich war von Anfang an ihre
Aufmerksamkeit darauf gerichtet, daß die Kunstausdrücke im Spiele
gut deutsch sein sollten. Indes ist gerade dies ihnen keineswegs
nach Wunsch gelungen. Mit dem Spiele, das zwar in England
nicht seinen Ursprung hat, aber von dort zu uns herübergekommen
ist, haben sich leider von drüben auch eine Anzahl englischer Aus-
drücke bei uns eingeschlichen. Und da sich auf deren Gebrauch un-
reife Knaben und Jüngliche gern etwas zugute tun, so hört man
auf recht vielen Spielplätzen ein widerwärtiges Kauderwelsch, das
unsrem köstlichen Spiele in den Augen echt vaterländisch gesinn-
ter Männer Eintrag tun muß.

Um diesem Übelstande zu steuern, hat der Zentralausschuß
zur Förderung der Volks- und Jugendspiele
in Deutsch-
land eine Zusammenstellung deutscher Kunstausdrücke des Fußball-
spieles von mir anfertigen lassen mit dem Auftrage, sie dem Vorstande
des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins einzureichen. Dabei
haben mich mit sachkundigem Rate unterstützt die Herren Fr. Bor-
hammer
(Berlin), Prof. W. Götze (Braunschweig), Ph. Heine-
ken
(Berlin), Turninspektor U. Hermann (Braunschweig), Prof.
Dr. Kohlrausch (Hannover), Turninspektor K. Möller (Altona),
stud. jur. C. Perls (Berlin), Referendar E. Raydt (Leipzig), Ober-
lehrer Dr. K. Scheffler (Braunschweig), Dr. med. F. U. Schmidt
(Bonn), Oberturnlehrer Fr. Schröder (Bonn), Universitätsturn-
lehrer Sturm (Tübingen), Prof. Dr. Ullrich (Heidelberg), Ober-
lehrer Fr. Wappenhans (Plön), Oberlehrer Dr. E. Witte
(Blankenburg a. H.). Indem ich ihnen allen meinen verbindlichsten
Dank für ihre freundliche Mitarbeit ausspreche, füge ich hinzu,
daß ich Ph. Heineken besonders verpflichtet bin, sowohl seinem
gründlichen Buche über das Fußballspiel (erschienen bei G. Weise,
Stuttgart 1898), wie auch seinen persönlichen Mitteilungen, und [Spaltenumbruch] daß ich für die Ausdrücke des gemischten (Rugby) Spieles mich
meist den Vorschlägen des Professors Dr. Ullrich angeschlossen habe.

Im wesentlichen handelte es sich um die Aufgabe, die deutschen
Spielausdrücke festzustellen, die augenblicklich in den Regeln,
Spielbeschreibungen und Zeitungsberichten vorwiegend im Gebrauche
sind. Seitdem ich mich zum ersten Male an deutsche Fußballregeln
(die 1. Auflage erschien bei D. Häring, Braunschweig 1875) und
an eine deutsche Beschreibung des Spieles (im Pädagogischen
Archiv 1877) herangewagt hatte, ist in Deutschland, in Österreich
und in der Schweiz eine umfangreiche Literatur über das Spiel
entstanden, die sorgfältige Berücksichtigung verdiente, allerdings
mit der Einschränkung, daß alles Undeutsche auszumerzen war.
So habe ich mich z. B. nicht entschließen können, für das Spiel
mit "Aufnehmen des Balls" den gebräuchlichen Ausdruck "Rugby-
Spiel" aufzunehmen, sondern den wenig verbreiteten "gemischtes
Spiel" (vgl. den "gemischten" Sprung Lions) vorziehen zu
müssen geglaubt.

Wenn wir darauf rechnen wollen, daß die deutschen Ausdrücke
bei unsrer spielenden Jugend sich allgemein einbürgern und die
englischen, vielfach arg entstellten gänzlich verdrängen, so ist bei
ihrer Auswahl nicht allein darauf Rücksicht zu nehmen, daß sie
möglichst treffend sind; nein, sie dürfen auch nicht farblos und
gekünstelt sein, sondern müssen ihr voll und kräftig ins Ohr fallen.
Im Kampfe gegen das häßliche Fremdwort "Goal", noch häßlicher
"Johl" gesprochen, hat sich unser matter Ausdruck "Mal" als zu
schwach erwiesen; also ersetzen wir ihn überall, wo es angeht,
durch "Tor". "Wir haben ein Mal gewonnen", klingt allzuwenig
frisch, "ein Tor gewonnen!" entspricht dem frohen Sieges-
bewußtsein weit mehr. Die zweite Reihe in der Kampfesausstellung
darf nicht "Mittelspieler" heißen, schon deshalb nicht, um die
Verwechselung mit den mittleren Spielern der Stürmerreihe zu
vermeiden. Weit kräftiger lautet der Ausdruck "Markmänner"
für diese drei Spieler, die gleichsam das Rückgrat der Partei
bilden sollen. Es kommt hinzu, daß dieser Ausdruck, so wenig
er noch auf die jetzige Aufstellung passen mag, sich sehr weit ver-
breitet findet, ja auch in den Eislauf- und Schwimmspielen, die
eine Nachahmung unsres Fußballs sind, vielfach eingeführt ist.
Im Sprachgebrauche der maßgebenden Sportsvereine und Ver-
bände überwiegt neuerdings der Ausdruck "Halbspieler". Von
meinen alten Verdeutschungen aus den siebenziger Jahren möchte
ich persönlich trotz allen Einspruchs daran festhalten, den Führer

Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles.
[Beginn Spaltensatz]

Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der Fußball auf den
meisten deutschen Spielplätzen heimisch geworden zum großen Segen
für unsre männliche Jugend, der das kräftige Spiel eine nie
versiegende Quelle reinen Vergnügens und zugleich ein Stahlbad
für Leib und Seele bietet. Damit ihr diese Luft erhalten bleibe
und der Nutzen des Spieles ihr ungeschmälert zugute komme,
haben die leitenden Kreise auf diesem Gebiete schon immer ernst-
lich darauf Bedacht genommen das Spiel unserer deutschen Volks-
art entsprechend auszubilden und seinen Betrieb von jeder Aus-
artung frei zu halten. Namentlich war von Anfang an ihre
Aufmerksamkeit darauf gerichtet, daß die Kunstausdrücke im Spiele
gut deutsch sein sollten. Indes ist gerade dies ihnen keineswegs
nach Wunsch gelungen. Mit dem Spiele, das zwar in England
nicht seinen Ursprung hat, aber von dort zu uns herübergekommen
ist, haben sich leider von drüben auch eine Anzahl englischer Aus-
drücke bei uns eingeschlichen. Und da sich auf deren Gebrauch un-
reife Knaben und Jüngliche gern etwas zugute tun, so hört man
auf recht vielen Spielplätzen ein widerwärtiges Kauderwelsch, das
unsrem köstlichen Spiele in den Augen echt vaterländisch gesinn-
ter Männer Eintrag tun muß.

Um diesem Übelstande zu steuern, hat der Zentralausschuß
zur Förderung der Volks- und Jugendspiele
in Deutsch-
land eine Zusammenstellung deutscher Kunstausdrücke des Fußball-
spieles von mir anfertigen lassen mit dem Auftrage, sie dem Vorstande
des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins einzureichen. Dabei
haben mich mit sachkundigem Rate unterstützt die Herren Fr. Bor-
hammer
(Berlin), Prof. W. Götze (Braunschweig), Ph. Heine-
ken
(Berlin), Turninspektor U. Hermann (Braunschweig), Prof.
Dr. Kohlrausch (Hannover), Turninspektor K. Möller (Altona),
stud. jur. C. Perls (Berlin), Referendar E. Raydt (Leipzig), Ober-
lehrer Dr. K. Scheffler (Braunschweig), Dr. med. F. U. Schmidt
(Bonn), Oberturnlehrer Fr. Schröder (Bonn), Universitätsturn-
lehrer Sturm (Tübingen), Prof. Dr. Ullrich (Heidelberg), Ober-
lehrer Fr. Wappenhans (Plön), Oberlehrer Dr. E. Witte
(Blankenburg a. H.). Indem ich ihnen allen meinen verbindlichsten
Dank für ihre freundliche Mitarbeit ausspreche, füge ich hinzu,
daß ich Ph. Heineken besonders verpflichtet bin, sowohl seinem
gründlichen Buche über das Fußballspiel (erschienen bei G. Weise,
Stuttgart 1898), wie auch seinen persönlichen Mitteilungen, und [Spaltenumbruch] daß ich für die Ausdrücke des gemischten (Rugby) Spieles mich
meist den Vorschlägen des Professors Dr. Ullrich angeschlossen habe.

Im wesentlichen handelte es sich um die Aufgabe, die deutschen
Spielausdrücke festzustellen, die augenblicklich in den Regeln,
Spielbeschreibungen und Zeitungsberichten vorwiegend im Gebrauche
sind. Seitdem ich mich zum ersten Male an deutsche Fußballregeln
(die 1. Auflage erschien bei D. Häring, Braunschweig 1875) und
an eine deutsche Beschreibung des Spieles (im Pädagogischen
Archiv 1877) herangewagt hatte, ist in Deutschland, in Österreich
und in der Schweiz eine umfangreiche Literatur über das Spiel
entstanden, die sorgfältige Berücksichtigung verdiente, allerdings
mit der Einschränkung, daß alles Undeutsche auszumerzen war.
So habe ich mich z. B. nicht entschließen können, für das Spiel
mit »Aufnehmen des Balls« den gebräuchlichen Ausdruck »Rugby-
Spiel« aufzunehmen, sondern den wenig verbreiteten »gemischtes
Spiel« (vgl. den »gemischten« Sprung Lions) vorziehen zu
müssen geglaubt.

Wenn wir darauf rechnen wollen, daß die deutschen Ausdrücke
bei unsrer spielenden Jugend sich allgemein einbürgern und die
englischen, vielfach arg entstellten gänzlich verdrängen, so ist bei
ihrer Auswahl nicht allein darauf Rücksicht zu nehmen, daß sie
möglichst treffend sind; nein, sie dürfen auch nicht farblos und
gekünstelt sein, sondern müssen ihr voll und kräftig ins Ohr fallen.
Im Kampfe gegen das häßliche Fremdwort »Goal«, noch häßlicher
»Johl« gesprochen, hat sich unser matter Ausdruck »Mal« als zu
schwach erwiesen; also ersetzen wir ihn überall, wo es angeht,
durch »Tor«. »Wir haben ein Mal gewonnen«, klingt allzuwenig
frisch, »ein Tor gewonnen!« entspricht dem frohen Sieges-
bewußtsein weit mehr. Die zweite Reihe in der Kampfesausstellung
darf nicht »Mittelspieler« heißen, schon deshalb nicht, um die
Verwechselung mit den mittleren Spielern der Stürmerreihe zu
vermeiden. Weit kräftiger lautet der Ausdruck »Markmänner«
für diese drei Spieler, die gleichsam das Rückgrat der Partei
bilden sollen. Es kommt hinzu, daß dieser Ausdruck, so wenig
er noch auf die jetzige Aufstellung passen mag, sich sehr weit ver-
breitet findet, ja auch in den Eislauf- und Schwimmspielen, die
eine Nachahmung unsres Fußballs sind, vielfach eingeführt ist.
Im Sprachgebrauche der maßgebenden Sportsvereine und Ver-
bände überwiegt neuerdings der Ausdruck »Halbspieler«. Von
meinen alten Verdeutschungen aus den siebenziger Jahren möchte
ich persönlich trotz allen Einspruchs daran festhalten, den Führer

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Mit dem Spiele, das zwar in England nicht seinen Ursprung hat, aber von dort zu uns herübergekommen ist, haben sich leider von drüben auch eine Anzahl englischer Aus- drücke bei uns eingeschlichen. Und da sich auf deren Gebrauch un- reife Knaben und Jüngliche gern etwas zugute tun, so hört man auf recht vielen Spielplätzen ein widerwärtiges Kauderwelsch, das unsrem köstlichen Spiele in den Augen echt vaterländisch gesinn- ter Männer Eintrag tun muß. Um diesem Übelstande zu steuern, hat der Zentralausschuß zur Förderung der Volks- und Jugendspiele in Deutsch- land eine Zusammenstellung deutscher Kunstausdrücke des Fußball- spieles von mir anfertigen lassen mit dem Auftrage, sie dem Vorstande des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins einzureichen. Dabei haben mich mit sachkundigem Rate unterstützt die Herren Fr. Bor- hammer (Berlin), Prof. W. Götze (Braunschweig), Ph. Heine- ken (Berlin), Turninspektor U. Hermann (Braunschweig), Prof. Dr. Kohlrausch (Hannover), Turninspektor K. 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Seitdem ich mich zum ersten Male an deutsche Fußballregeln (die 1. Auflage erschien bei D. Häring, Braunschweig 1875) und an eine deutsche Beschreibung des Spieles (im Pädagogischen Archiv 1877) herangewagt hatte, ist in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz eine umfangreiche Literatur über das Spiel entstanden, die sorgfältige Berücksichtigung verdiente, allerdings mit der Einschränkung, daß alles Undeutsche auszumerzen war. So habe ich mich z. B. nicht entschließen können, für das Spiel mit »Aufnehmen des Balls« den gebräuchlichen Ausdruck »Rugby- Spiel« aufzunehmen, sondern den wenig verbreiteten »gemischtes Spiel« (vgl. den »gemischten« Sprung Lions) vorziehen zu müssen geglaubt. Wenn wir darauf rechnen wollen, daß die deutschen Ausdrücke bei unsrer spielenden Jugend sich allgemein einbürgern und die englischen, vielfach arg entstellten gänzlich verdrängen, so ist bei ihrer Auswahl nicht allein darauf Rücksicht zu nehmen, daß sie möglichst treffend sind; nein, sie dürfen auch nicht farblos und gekünstelt sein, sondern müssen ihr voll und kräftig ins Ohr fallen. Im Kampfe gegen das häßliche Fremdwort »Goal«, noch häßlicher »Johl« gesprochen, hat sich unser matter Ausdruck »Mal« als zu schwach erwiesen; also ersetzen wir ihn überall, wo es angeht, durch »Tor«. »Wir haben ein Mal gewonnen«, klingt allzuwenig frisch, »ein Tor gewonnen!« entspricht dem frohen Sieges- bewußtsein weit mehr. Die zweite Reihe in der Kampfesausstellung darf nicht »Mittelspieler« heißen, schon deshalb nicht, um die Verwechselung mit den mittleren Spielern der Stürmerreihe zu vermeiden. Weit kräftiger lautet der Ausdruck »Markmänner« für diese drei Spieler, die gleichsam das Rückgrat der Partei bilden sollen. Es kommt hinzu, daß dieser Ausdruck, so wenig er noch auf die jetzige Aufstellung passen mag, sich sehr weit ver- breitet findet, ja auch in den Eislauf- und Schwimmspielen, die eine Nachahmung unsres Fußballs sind, vielfach eingeführt ist. Im Sprachgebrauche der maßgebenden Sportsvereine und Ver- bände überwiegt neuerdings der Ausdruck »Halbspieler«. Von meinen alten Verdeutschungen aus den siebenziger Jahren möchte ich persönlich trotz allen Einspruchs daran festhalten, den Führer

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Zitationshilfe: Koch, Konrad: Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles. In: Oskar Streicher (Hg.): Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins. XVIII. Jahrgang Nr. 6. Berlin, 1903. Sp. 169-172, S. [169]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_kunstausdruecke_1903/2>, abgerufen am 28.03.2024.