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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Jüngere menschliche Embryonen.
sigkeit und erfüllt nun den Raum des Chorions fast ganz, welches
letztere immer noch überall mit Zotten besetzt ist, von denen jedoch
die der spätern Placentarstelle schon etwas stärker ausgebildet
sind. Was den Embryo selbst betrifft, so ist das Gesicht mehr aus-
gebildet, der Stirnfortsatz grösser und mit dem Oberkieferfortsatze
des ersten Kiemenbogens fast vereint, so dass die Nasenöffnung
von der Mundöffnung mehr geschieden ist. In der Mundhöhle sieht
man die Zunge. Die Kiemenspalten sind bis auf die erste (Ohröffnung)
geschwunden und von den Kiemenbogen ausser den ersten (Unter-
und Oberkiefer) nur noch der 2. und 3. als Querwülste sichtbar.
Die Augen sind gefärbt und ragen mehr hervor, von dem Gehör-
bläschen dagegen ist nichts mehr sichtbar.

Die Extremitäten sind weiter in der Entwicklung vorangeschrit-
ten und erkennt man an den vordern die Andeutungen der Hand
und leichte Kerben für die Finger. Zu beiden Seiten und vor der
Oeffnung des Mastdarmes oder der Kloake sind zwei Wülste und
eine Furche zwischen ihnen jetzt ganz deutlich, wie Sie wissen, die
Anlagen der äussern Genitalien. Die Leber, die in der Fig. 72 ent-
fernt ist, ist grösser geworden, und das Herz mehr ausgebildet. Die
Wolff'schen Körper, etwas verkümmert, aber doch noch gross, zei-
gen an ihrer äusseren Seite den Ausführungsgang und den soge-
nannten Müller'schen Faden, den ich Ihnen später genauer schildern
werde, an der innern Seite in Form eines weissen Streifens die
Anlage der Geschlechtsdrüsen. Von den Lungen (a e) sieht man die
erste Andeutung zu beiden Seiten der Speiseröhre vor dem Magen
(e), der jetzt sammt dem Duodenum schon kennbar ist. -- Ein
schwanzartiger Anhang (8) ist immer noch da.

Menschliche Eier und Embryonen der sechsten Woche, vonEmbryonen
der 6. Woche.

denen bei Coste (Pl. V, a) einer von 40 Tagen in seiner innern Or-
ganisation dargestellt ist, characterisiren sich denen der fünften
Woche gegenüber namentlich durch folgendes. Der Körper ist mehr
gestreckt und der Kopf relativ grösser. Der Oberkieferfortsatz des
ersten Kiemenbogens und der Stirnfortsatz haben sich an einander
gelegt und ist nun das Nasenloch von der Mundöffnung ganz getrennt.
Die Nase beginnt etwas vorzutreten, doch ist das Gesicht noch ganz
platt, der Mund ungemein weit. Die äussere Ohröffnung steht höher,
in einer Linie mit dem Mundwinkel, und ist schon etwas eckig mit
leichtgewulsteten Rändern. Brust und Bauch treten ungemein stark
vor, und zeigt letzterer den Nabel schon mehr in der Mitte. Die

Jüngere menschliche Embryonen.
sigkeit und erfüllt nun den Raum des Chorions fast ganz, welches
letztere immer noch überall mit Zotten besetzt ist, von denen jedoch
die der spätern Placentarstelle schon etwas stärker ausgebildet
sind. Was den Embryo selbst betrifft, so ist das Gesicht mehr aus-
gebildet, der Stirnfortsatz grösser und mit dem Oberkieferfortsatze
des ersten Kiemenbogens fast vereint, so dass die Nasenöffnung
von der Mundöffnung mehr geschieden ist. In der Mundhöhle sieht
man die Zunge. Die Kiemenspalten sind bis auf die erste (Ohröffnung)
geschwunden und von den Kiemenbogen ausser den ersten (Unter-
und Oberkiefer) nur noch der 2. und 3. als Querwülste sichtbar.
Die Augen sind gefärbt und ragen mehr hervor, von dem Gehör-
bläschen dagegen ist nichts mehr sichtbar.

Die Extremitäten sind weiter in der Entwicklung vorangeschrit-
ten und erkennt man an den vordern die Andeutungen der Hand
und leichte Kerben für die Finger. Zu beiden Seiten und vor der
Oeffnung des Mastdarmes oder der Kloake sind zwei Wülste und
eine Furche zwischen ihnen jetzt ganz deutlich, wie Sie wissen, die
Anlagen der äussern Genitalien. Die Leber, die in der Fig. 72 ent-
fernt ist, ist grösser geworden, und das Herz mehr ausgebildet. Die
Wolff’schen Körper, etwas verkümmert, aber doch noch gross, zei-
gen an ihrer äusseren Seite den Ausführungsgang und den soge-
nannten Müller’schen Faden, den ich Ihnen später genauer schildern
werde, an der innern Seite in Form eines weissen Streifens die
Anlage der Geschlechtsdrüsen. Von den Lungen (a e) sieht man die
erste Andeutung zu beiden Seiten der Speiseröhre vor dem Magen
(e), der jetzt sammt dem Duodenum schon kennbar ist. — Ein
schwanzartiger Anhang (8) ist immer noch da.

Menschliche Eier und Embryonen der sechsten Woche, vonEmbryonen
der 6. Woche.

denen bei Coste (Pl. V, a) einer von 40 Tagen in seiner innern Or-
ganisation dargestellt ist, characterisiren sich denen der fünften
Woche gegenüber namentlich durch folgendes. Der Körper ist mehr
gestreckt und der Kopf relativ grösser. Der Oberkieferfortsatz des
ersten Kiemenbogens und der Stirnfortsatz haben sich an einander
gelegt und ist nun das Nasenloch von der Mundöffnung ganz getrennt.
Die Nase beginnt etwas vorzutreten, doch ist das Gesicht noch ganz
platt, der Mund ungemein weit. Die äussere Ohröffnung steht höher,
in einer Linie mit dem Mundwinkel, und ist schon etwas eckig mit
leichtgewulsteten Rändern. Brust und Bauch treten ungemein stark
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[135/0151] Jüngere menschliche Embryonen. sigkeit und erfüllt nun den Raum des Chorions fast ganz, welches letztere immer noch überall mit Zotten besetzt ist, von denen jedoch die der spätern Placentarstelle schon etwas stärker ausgebildet sind. Was den Embryo selbst betrifft, so ist das Gesicht mehr aus- gebildet, der Stirnfortsatz grösser und mit dem Oberkieferfortsatze des ersten Kiemenbogens fast vereint, so dass die Nasenöffnung von der Mundöffnung mehr geschieden ist. In der Mundhöhle sieht man die Zunge. Die Kiemenspalten sind bis auf die erste (Ohröffnung) geschwunden und von den Kiemenbogen ausser den ersten (Unter- und Oberkiefer) nur noch der 2. und 3. als Querwülste sichtbar. Die Augen sind gefärbt und ragen mehr hervor, von dem Gehör- bläschen dagegen ist nichts mehr sichtbar. Die Extremitäten sind weiter in der Entwicklung vorangeschrit- ten und erkennt man an den vordern die Andeutungen der Hand und leichte Kerben für die Finger. Zu beiden Seiten und vor der Oeffnung des Mastdarmes oder der Kloake sind zwei Wülste und eine Furche zwischen ihnen jetzt ganz deutlich, wie Sie wissen, die Anlagen der äussern Genitalien. Die Leber, die in der Fig. 72 ent- fernt ist, ist grösser geworden, und das Herz mehr ausgebildet. Die Wolff’schen Körper, etwas verkümmert, aber doch noch gross, zei- gen an ihrer äusseren Seite den Ausführungsgang und den soge- nannten Müller’schen Faden, den ich Ihnen später genauer schildern werde, an der innern Seite in Form eines weissen Streifens die Anlage der Geschlechtsdrüsen. Von den Lungen (a e) sieht man die erste Andeutung zu beiden Seiten der Speiseröhre vor dem Magen (e), der jetzt sammt dem Duodenum schon kennbar ist. — Ein schwanzartiger Anhang (8) ist immer noch da. Menschliche Eier und Embryonen der sechsten Woche, von denen bei Coste (Pl. V, a) einer von 40 Tagen in seiner innern Or- ganisation dargestellt ist, characterisiren sich denen der fünften Woche gegenüber namentlich durch folgendes. Der Körper ist mehr gestreckt und der Kopf relativ grösser. Der Oberkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens und der Stirnfortsatz haben sich an einander gelegt und ist nun das Nasenloch von der Mundöffnung ganz getrennt. Die Nase beginnt etwas vorzutreten, doch ist das Gesicht noch ganz platt, der Mund ungemein weit. Die äussere Ohröffnung steht höher, in einer Linie mit dem Mundwinkel, und ist schon etwas eckig mit leichtgewulsteten Rändern. Brust und Bauch treten ungemein stark vor, und zeigt letzterer den Nabel schon mehr in der Mitte. Die Embryonen der 6. Woche.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/151>, abgerufen am 29.04.2024.