Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechsundzwanzigste Vorlesung.
in der Längsansicht zeigt Ihnen die nachstehende Fig. 123, ausser-
dem die früher gegebenen Zeichnungen (Fig. 38, 39, 40, 41, 42--44)
[Abbildung] Fig. 123.
und wird aus der Betrachtung dieser Darstel-
lungen klar werden, dass dasselbe in seinem
ersten Erscheinen und in seinem weiteren
Wachsthume wesentlich denselben Gesetzen
folgt, die früher als die der Bildung des Leibes
überhaupt dargelegt wurden (s. St. 50). Auch
das Mark nämlich wird, wie der ganze Körper,
gleich von Anfang an gewissermaassen mit
allen seinen Theilen angelegt, wie am besten
daraus hervorgeht, dass dasselbe schon in den
ersten Stadien eine Anschwellung an seinem
hinteren Ende zeigt (Figg. 20 und 38), welche
nichts Anderes als die Lendenanschwellung ist.
Hiermit soll jedoch nicht gesagt sein, dass ur-
sprünglich schon alle Abtheilungen desselben
zu unterscheiden sind, vielmehr zeigt sich auch
hier, dass die Ausbildung von vorn nach hin-
ten fortschreitet. In dem Rückenmark des Em-
bryo der Fig. 123 ist, wie die Zahl der Urwir-
bel zeigt, offenbar die Pars cervicalis schon
fast vollkommen angelegt, während die Pars
dorsalis, lumbalis
und sacralis, wie ich die übrigen Gegenden nach
dem Ursprunge der Nerven bezeichne, noch im ersten Stadium der
Ausbildung begriffen sind. Durch innere Wachsthumsphänomene
treten auch diese nach und nach immer bestimmter hervor, so je-
doch, dass der Punct des eigentlichen Wachsthums nicht am hin-
tersten Ende, sondern vor demselben seine Lage hat.

Sind einmal alle Urwirbel zu Tage getreten, so ist auch das
Mark in allen seinen Theilen angelegt und zeigt sich dann im Ver-
gleiche zu den späteren Verhältnissen das Bemerkenswerthe, dass
dasselbe in der ganzen Länge der Wirbelsäule sich erstreckt und
somit auch die Anlagen der Lenden- und Sacralwirbel einnimmt.
Längere Zeit hindurch wächst nun die Wirbelsäule und das Rücken-
mark ganz gleichmässig fort, wie Ihnen die Figg. 124 und 125 von
einem zweimonatlichen und einem drei Monate alten Embryo zeigen,

[Abbildung]

Fig. 123. Siehe die Erklärung von Fig. 103, S. 226.

Sechsundzwanzigste Vorlesung.
in der Längsansicht zeigt Ihnen die nachstehende Fig. 123, ausser-
dem die früher gegebenen Zeichnungen (Fig. 38, 39, 40, 41, 42—44)
[Abbildung] Fig. 123.
und wird aus der Betrachtung dieser Darstel-
lungen klar werden, dass dasselbe in seinem
ersten Erscheinen und in seinem weiteren
Wachsthume wesentlich denselben Gesetzen
folgt, die früher als die der Bildung des Leibes
überhaupt dargelegt wurden (s. St. 50). Auch
das Mark nämlich wird, wie der ganze Körper,
gleich von Anfang an gewissermaassen mit
allen seinen Theilen angelegt, wie am besten
daraus hervorgeht, dass dasselbe schon in den
ersten Stadien eine Anschwellung an seinem
hinteren Ende zeigt (Figg. 20 und 38), welche
nichts Anderes als die Lendenanschwellung ist.
Hiermit soll jedoch nicht gesagt sein, dass ur-
sprünglich schon alle Abtheilungen desselben
zu unterscheiden sind, vielmehr zeigt sich auch
hier, dass die Ausbildung von vorn nach hin-
ten fortschreitet. In dem Rückenmark des Em-
bryo der Fig. 123 ist, wie die Zahl der Urwir-
bel zeigt, offenbar die Pars cervicalis schon
fast vollkommen angelegt, während die Pars
dorsalis, lumbalis
und sacralis, wie ich die übrigen Gegenden nach
dem Ursprunge der Nerven bezeichne, noch im ersten Stadium der
Ausbildung begriffen sind. Durch innere Wachsthumsphänomene
treten auch diese nach und nach immer bestimmter hervor, so je-
doch, dass der Punct des eigentlichen Wachsthums nicht am hin-
tersten Ende, sondern vor demselben seine Lage hat.

Sind einmal alle Urwirbel zu Tage getreten, so ist auch das
Mark in allen seinen Theilen angelegt und zeigt sich dann im Ver-
gleiche zu den späteren Verhältnissen das Bemerkenswerthe, dass
dasselbe in der ganzen Länge der Wirbelsäule sich erstreckt und
somit auch die Anlagen der Lenden- und Sacralwirbel einnimmt.
Längere Zeit hindurch wächst nun die Wirbelsäule und das Rücken-
mark ganz gleichmässig fort, wie Ihnen die Figg. 124 und 125 von
einem zweimonatlichen und einem drei Monate alten Embryo zeigen,

[Abbildung]

Fig. 123. Siehe die Erklärung von Fig. 103, S. 226.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0266" n="250"/><fw place="top" type="header">Sechsundzwanzigste Vorlesung.</fw><lb/>
in der Längsansicht zeigt Ihnen die nachstehende Fig. 123, ausser-<lb/>
dem die früher gegebenen Zeichnungen (Fig. 38, 39, 40, 41, 42&#x2014;44)<lb/><figure><head>Fig. 123.</head></figure><lb/>
und wird aus der Betrachtung dieser Darstel-<lb/>
lungen klar werden, dass dasselbe in seinem<lb/>
ersten Erscheinen und in seinem weiteren<lb/>
Wachsthume wesentlich denselben Gesetzen<lb/>
folgt, die früher als die der Bildung des Leibes<lb/>
überhaupt dargelegt wurden (s. St. 50). Auch<lb/>
das Mark nämlich wird, wie der ganze Körper,<lb/>
gleich von Anfang an gewissermaassen mit<lb/>
allen seinen Theilen angelegt, wie am besten<lb/>
daraus hervorgeht, dass dasselbe schon in den<lb/>
ersten Stadien eine Anschwellung an seinem<lb/>
hinteren Ende zeigt (Figg. 20 und 38), welche<lb/>
nichts Anderes als die Lendenanschwellung ist.<lb/>
Hiermit soll jedoch nicht gesagt sein, dass ur-<lb/>
sprünglich schon alle Abtheilungen desselben<lb/>
zu unterscheiden sind, vielmehr zeigt sich auch<lb/>
hier, dass die Ausbildung von vorn nach hin-<lb/>
ten fortschreitet. In dem Rückenmark des Em-<lb/>
bryo der Fig. 123 ist, wie die Zahl der Urwir-<lb/>
bel zeigt, offenbar die <hi rendition="#i">Pars cervicalis</hi> schon<lb/>
fast vollkommen angelegt, während die <hi rendition="#i">Pars<lb/>
dorsalis, lumbalis</hi> und <hi rendition="#i">sacralis</hi>, wie ich die übrigen Gegenden nach<lb/>
dem Ursprunge der Nerven bezeichne, noch im ersten Stadium der<lb/>
Ausbildung begriffen sind. Durch innere Wachsthumsphänomene<lb/>
treten auch diese nach und nach immer bestimmter hervor, so je-<lb/>
doch, dass der Punct des eigentlichen Wachsthums nicht am hin-<lb/>
tersten Ende, sondern vor demselben seine Lage hat.</p><lb/>
        <p>Sind einmal alle Urwirbel zu Tage getreten, so ist auch das<lb/>
Mark in allen seinen Theilen angelegt und zeigt sich dann im Ver-<lb/>
gleiche zu den späteren Verhältnissen das Bemerkenswerthe, dass<lb/>
dasselbe in der ganzen Länge der Wirbelsäule sich erstreckt und<lb/>
somit auch die Anlagen der Lenden- und Sacralwirbel einnimmt.<lb/>
Längere Zeit hindurch wächst nun die Wirbelsäule und das Rücken-<lb/>
mark ganz gleichmässig fort, wie Ihnen die Figg. 124 und 125 von<lb/>
einem zweimonatlichen und einem drei Monate alten Embryo zeigen,<lb/><figure><p>Fig. 123. Siehe die Erklärung von Fig. 103, S. 226.</p></figure><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0266] Sechsundzwanzigste Vorlesung. in der Längsansicht zeigt Ihnen die nachstehende Fig. 123, ausser- dem die früher gegebenen Zeichnungen (Fig. 38, 39, 40, 41, 42—44) [Abbildung Fig. 123.] und wird aus der Betrachtung dieser Darstel- lungen klar werden, dass dasselbe in seinem ersten Erscheinen und in seinem weiteren Wachsthume wesentlich denselben Gesetzen folgt, die früher als die der Bildung des Leibes überhaupt dargelegt wurden (s. St. 50). Auch das Mark nämlich wird, wie der ganze Körper, gleich von Anfang an gewissermaassen mit allen seinen Theilen angelegt, wie am besten daraus hervorgeht, dass dasselbe schon in den ersten Stadien eine Anschwellung an seinem hinteren Ende zeigt (Figg. 20 und 38), welche nichts Anderes als die Lendenanschwellung ist. Hiermit soll jedoch nicht gesagt sein, dass ur- sprünglich schon alle Abtheilungen desselben zu unterscheiden sind, vielmehr zeigt sich auch hier, dass die Ausbildung von vorn nach hin- ten fortschreitet. In dem Rückenmark des Em- bryo der Fig. 123 ist, wie die Zahl der Urwir- bel zeigt, offenbar die Pars cervicalis schon fast vollkommen angelegt, während die Pars dorsalis, lumbalis und sacralis, wie ich die übrigen Gegenden nach dem Ursprunge der Nerven bezeichne, noch im ersten Stadium der Ausbildung begriffen sind. Durch innere Wachsthumsphänomene treten auch diese nach und nach immer bestimmter hervor, so je- doch, dass der Punct des eigentlichen Wachsthums nicht am hin- tersten Ende, sondern vor demselben seine Lage hat. Sind einmal alle Urwirbel zu Tage getreten, so ist auch das Mark in allen seinen Theilen angelegt und zeigt sich dann im Ver- gleiche zu den späteren Verhältnissen das Bemerkenswerthe, dass dasselbe in der ganzen Länge der Wirbelsäule sich erstreckt und somit auch die Anlagen der Lenden- und Sacralwirbel einnimmt. Längere Zeit hindurch wächst nun die Wirbelsäule und das Rücken- mark ganz gleichmässig fort, wie Ihnen die Figg. 124 und 125 von einem zweimonatlichen und einem drei Monate alten Embryo zeigen, [Abbildung Fig. 123. Siehe die Erklärung von Fig. 103, S. 226.]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/266
Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/266>, abgerufen am 31.10.2024.