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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Auges.
Keimblattes, die auch die Haut erzeugen, vom Hirnrohre getrennt
sei, dass dagegen gerade an der Aussenfläche der Augenblasen das
Hornblatt so dicht aufliege, dass hier die Kopfplatten unterbrochen
zu sein scheinen. Wie beim Menschen und bei den Säugethieren diese
Verhältnisse sich gestalten, ist noch nicht erforscht, ich glaube je-
doch, gestützt auf später zu erwähnende Eigenthümlichkeiten der-
selben bei der Linsenbildung, annehmen zu dürfen, dass hier nicht
blos die Epidermis (das Hornblatt), sondern auch ein Theil der Cutis
die primitive Augenblase von aussen bedeckt.

In Betreff der weiteren Veränderungen der primitiven Augen-Umwandlungen
der primitiven
Augenblase im
Allgemeinen.

blasen gebe ich Ihnen nun zunächst zur Erleichterung des Verständ-
nisses der etwas schwierigen Verhältnisse folgende übersichtliche
Schilderung. Die primitive Augenblase wird nicht als solche zum
späteren Bulbus, vielmehr bildet sich dieser 1) aus der primitiven
Blase, 2) aus einer dieselbe einstülpenden Wucherung der gesamm-
ten äusseren Haut, welche die Linse und den Glaskörper liefert und
3) aus einer vom mittleren Keimblatte, d. h. den Kopfplatten, ab-
stammenden äusseren Hülle, welche die Faserhaut (Sclera und Cor-

[Abbildung] Fig. 136.
nea) und vielleicht auch
einen Theil der Uvea er-
zeugt. Sobald nämlich die
primitive Augenblase ihre
bleibende Stellung einge-
nommen hat, wird die-
selbe an dem dem Stiele
entgegengesetzten Pole durch eine Wucherung des Hornblattes, die
zur Linse sich abschnürt, so eingestülpt, dass ihre vordere Wand an
die hintere Wand sich anlegt und die primitive Blase als solche ganz
verschwindet und nun ein doppelblätteriges becherförmiges Gebilde
darstellt, das mit seinem vorderen Rande die Linse umfasst (Fig.
136, 1, 2). Gleichzeitig mit dieser Einstülpung durch die Linse und
[Abbildung]

Fig. 136. Längsschnitte des Auges von Hühnerembryonen nach Remak.
1. Von einem etwa 65 Stunden alten Embryo. 2. Von einem nur wenige Stun-
den älteren Embryo. 3. Von einem viertägigen Embryo. h Hornblatt, l Linse
bei 1 noch sackförmig und mit dem Hornblatte verbunden, bei 2 und 3 abge-
schnürt aber noch hohl, o Linsengrube, r eingestülpter Theil der primitiven
Augenblase, der zur Retina wird, u hinterer Theil der Augenblase, der, wie
Remak glaubt, zur gesammten Uvea wird und bei 1 und 2 durch den hohlen
Sehnerven mit dem Gehirn verbunden ist, x Verdickung des Hornblattes um
die Stelle, von der die Linse sich abgeschnürt hat, gl Glaskörper.

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Entwicklung des Auges.
Keimblattes, die auch die Haut erzeugen, vom Hirnrohre getrennt
sei, dass dagegen gerade an der Aussenfläche der Augenblasen das
Hornblatt so dicht aufliege, dass hier die Kopfplatten unterbrochen
zu sein scheinen. Wie beim Menschen und bei den Säugethieren diese
Verhältnisse sich gestalten, ist noch nicht erforscht, ich glaube je-
doch, gestützt auf später zu erwähnende Eigenthümlichkeiten der-
selben bei der Linsenbildung, annehmen zu dürfen, dass hier nicht
blos die Epidermis (das Hornblatt), sondern auch ein Theil der Cutis
die primitive Augenblase von aussen bedeckt.

In Betreff der weiteren Veränderungen der primitiven Augen-Umwandlungen
der primitiven
Augenblase im
Allgemeinen.

blasen gebe ich Ihnen nun zunächst zur Erleichterung des Verständ-
nisses der etwas schwierigen Verhältnisse folgende übersichtliche
Schilderung. Die primitive Augenblase wird nicht als solche zum
späteren Bulbus, vielmehr bildet sich dieser 1) aus der primitiven
Blase, 2) aus einer dieselbe einstülpenden Wucherung der gesamm-
ten äusseren Haut, welche die Linse und den Glaskörper liefert und
3) aus einer vom mittleren Keimblatte, d. h. den Kopfplatten, ab-
stammenden äusseren Hülle, welche die Faserhaut (Sclera und Cor-

[Abbildung] Fig. 136.
nea) und vielleicht auch
einen Theil der Uvea er-
zeugt. Sobald nämlich die
primitive Augenblase ihre
bleibende Stellung einge-
nommen hat, wird die-
selbe an dem dem Stiele
entgegengesetzten Pole durch eine Wucherung des Hornblattes, die
zur Linse sich abschnürt, so eingestülpt, dass ihre vordere Wand an
die hintere Wand sich anlegt und die primitive Blase als solche ganz
verschwindet und nun ein doppelblätteriges becherförmiges Gebilde
darstellt, das mit seinem vorderen Rande die Linse umfasst (Fig.
136, 1, 2). Gleichzeitig mit dieser Einstülpung durch die Linse und
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Fig. 136. Längsschnitte des Auges von Hühnerembryonen nach Remak.
1. Von einem etwa 65 Stunden alten Embryo. 2. Von einem nur wenige Stun-
den älteren Embryo. 3. Von einem viertägigen Embryo. h Hornblatt, l Linse
bei 1 noch sackförmig und mit dem Hornblatte verbunden, bei 2 und 3 abge-
schnürt aber noch hohl, o Linsengrube, r eingestülpter Theil der primitiven
Augenblase, der zur Retina wird, u hinterer Theil der Augenblase, der, wie
Remak glaubt, zur gesammten Uvea wird und bei 1 und 2 durch den hohlen
Sehnerven mit dem Gehirn verbunden ist, x Verdickung des Hornblattes um
die Stelle, von der die Linse sich abgeschnürt hat, gl Glaskörper.

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[275/0291] Entwicklung des Auges. Keimblattes, die auch die Haut erzeugen, vom Hirnrohre getrennt sei, dass dagegen gerade an der Aussenfläche der Augenblasen das Hornblatt so dicht aufliege, dass hier die Kopfplatten unterbrochen zu sein scheinen. Wie beim Menschen und bei den Säugethieren diese Verhältnisse sich gestalten, ist noch nicht erforscht, ich glaube je- doch, gestützt auf später zu erwähnende Eigenthümlichkeiten der- selben bei der Linsenbildung, annehmen zu dürfen, dass hier nicht blos die Epidermis (das Hornblatt), sondern auch ein Theil der Cutis die primitive Augenblase von aussen bedeckt. In Betreff der weiteren Veränderungen der primitiven Augen- blasen gebe ich Ihnen nun zunächst zur Erleichterung des Verständ- nisses der etwas schwierigen Verhältnisse folgende übersichtliche Schilderung. Die primitive Augenblase wird nicht als solche zum späteren Bulbus, vielmehr bildet sich dieser 1) aus der primitiven Blase, 2) aus einer dieselbe einstülpenden Wucherung der gesamm- ten äusseren Haut, welche die Linse und den Glaskörper liefert und 3) aus einer vom mittleren Keimblatte, d. h. den Kopfplatten, ab- stammenden äusseren Hülle, welche die Faserhaut (Sclera und Cor- [Abbildung Fig. 136.] nea) und vielleicht auch einen Theil der Uvea er- zeugt. Sobald nämlich die primitive Augenblase ihre bleibende Stellung einge- nommen hat, wird die- selbe an dem dem Stiele entgegengesetzten Pole durch eine Wucherung des Hornblattes, die zur Linse sich abschnürt, so eingestülpt, dass ihre vordere Wand an die hintere Wand sich anlegt und die primitive Blase als solche ganz verschwindet und nun ein doppelblätteriges becherförmiges Gebilde darstellt, das mit seinem vorderen Rande die Linse umfasst (Fig. 136, 1, 2). Gleichzeitig mit dieser Einstülpung durch die Linse und [Abbildung Fig. 136. Längsschnitte des Auges von Hühnerembryonen nach Remak. 1. Von einem etwa 65 Stunden alten Embryo. 2. Von einem nur wenige Stun- den älteren Embryo. 3. Von einem viertägigen Embryo. h Hornblatt, l Linse bei 1 noch sackförmig und mit dem Hornblatte verbunden, bei 2 und 3 abge- schnürt aber noch hohl, o Linsengrube, r eingestülpter Theil der primitiven Augenblase, der zur Retina wird, u hinterer Theil der Augenblase, der, wie Remak glaubt, zur gesammten Uvea wird und bei 1 und 2 durch den hohlen Sehnerven mit dem Gehirn verbunden ist, x Verdickung des Hornblattes um die Stelle, von der die Linse sich abgeschnürt hat, gl Glaskörper.] Umwandlungen der primitiven Augenblase im Allgemeinen. 18*

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/291>, abgerufen am 30.04.2024.