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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane.
der Urniere verbindet, die je nach dem Geschlechte Hoden- oder
Eierstockgekröse, Mesorchium oder Mesoarium heisst. Ausser-Mesorchium und
Mesoarium.

dem zieht sich von beiden Enden der Geschlechtsdrüse 1) eine obere
Falte zum Zwerchfellsbande der Urniere (Fig. 215, 2h") und 2) ein
unteres Bauchfellband zum Urnierengange (Fig. 215, 2h'), welche
denselben gerade da trifft, wo das Leistenband von ihm abgeht.

Hoden und Eierstöcke entsprechen sich ursprünglich in der
Form genau (Fig. 215), gegen das Ende des zweiten Monates wird
jedoch beim Menschen das erste Organ breiter und verhältnissmässig
kürzer, während der Eierstock eine gestrecktere Form beibehält.
Zugleich ändert sich auch die Stellung der Geschlechtsdrüsen in der
Art, dass dieselben beim weiblichen Geschlechte mehr schief sich
lagern und ist von dieser Zeit an, d. h. in der neunten bis zehnten
Woche, auch von dieser Seite her die Diagnose gesichert. Die wei-
tere Entwicklung besprechen wir nun bei den beiden Drüsen ge-
sondert, doch finde ich mich nicht veranlasst auf die äusseren Ge-
stalt- und Grössenverhältnisse noch weiter einzugehen und will ich
Ihnen nur noch das Wenige mittheilen, was über die inneren Struc-
turverhältnisse ermittelt ist.

So lange die Geschlechtsdrüsen noch keinen besonderen TypusInnere
Entwicklung der
Hoden.

an sich tragen, ist es leicht nachzuweisen, dass sie ganz und gar aus
indifferenten kleinen Bildungszellen bestehen, mit der Ausbildung
der einen oder anderen Form treten dann aber auch zugleich innere
Verschiedenheiten auf. Bei männlichen Embryonen von neun und
zehn Wochen erkannte ich schon die Samenkanälchen als gerade,
eines neben dem andern quer durch den Hoden sich erstreckende
Stränge von 0,02--0,022''' Durchmesser, die ganz und gar aus
grossen Zellen von 0,006--0,008''' bestanden, keine Membrana pro-
pria
besassen und durch zarte Züge sich entwickelnden Bindegewe-
bes von einander getrennt waren. In der eilften bis zwölften Woche
waren die Stränge, die nun schon Samenkanälchen heissen konnten,
etwas schmäler (von 0,012--0,02''') mit zarter homogener Hülle und
kleineren Zellen. Viele zeigten Theilungen, andere kurze Aestchen
wie Sprossen; alle verliefen schon etwas geschlängelt und bildeten
mit ihren Aestchen schon wie Andeutungen kleiner Lobuli. Diesem
zufolge scheinen die Samenkanälchen ihre erste Entstehung einer
besonderen Zusammenfügung gewisser Zellen der primitiven Drü-
senanlage ihre Bildung zu verdanken und einmal gebildet durch Ver-
mehrung ihrer Zellen und Sprossenbildung sich zu verlängern und

Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane.
der Urniere verbindet, die je nach dem Geschlechte Hoden- oder
Eierstockgekröse, Mesorchium oder Mesoarium heisst. Ausser-Mesorchium und
Mesoarium.

dem zieht sich von beiden Enden der Geschlechtsdrüse 1) eine obere
Falte zum Zwerchfellsbande der Urniere (Fig. 215, 2h″) und 2) ein
unteres Bauchfellband zum Urnierengange (Fig. 215, 2h′), welche
denselben gerade da trifft, wo das Leistenband von ihm abgeht.

Hoden und Eierstöcke entsprechen sich ursprünglich in der
Form genau (Fig. 215), gegen das Ende des zweiten Monates wird
jedoch beim Menschen das erste Organ breiter und verhältnissmässig
kürzer, während der Eierstock eine gestrecktere Form beibehält.
Zugleich ändert sich auch die Stellung der Geschlechtsdrüsen in der
Art, dass dieselben beim weiblichen Geschlechte mehr schief sich
lagern und ist von dieser Zeit an, d. h. in der neunten bis zehnten
Woche, auch von dieser Seite her die Diagnose gesichert. Die wei-
tere Entwicklung besprechen wir nun bei den beiden Drüsen ge-
sondert, doch finde ich mich nicht veranlasst auf die äusseren Ge-
stalt- und Grössenverhältnisse noch weiter einzugehen und will ich
Ihnen nur noch das Wenige mittheilen, was über die inneren Struc-
turverhältnisse ermittelt ist.

So lange die Geschlechtsdrüsen noch keinen besonderen TypusInnere
Entwicklung der
Hoden.

an sich tragen, ist es leicht nachzuweisen, dass sie ganz und gar aus
indifferenten kleinen Bildungszellen bestehen, mit der Ausbildung
der einen oder anderen Form treten dann aber auch zugleich innere
Verschiedenheiten auf. Bei männlichen Embryonen von neun und
zehn Wochen erkannte ich schon die Samenkanälchen als gerade,
eines neben dem andern quer durch den Hoden sich erstreckende
Stränge von 0,02—0,022‴ Durchmesser, die ganz und gar aus
grossen Zellen von 0,006—0,008‴ bestanden, keine Membrana pro-
pria
besassen und durch zarte Züge sich entwickelnden Bindegewe-
bes von einander getrennt waren. In der eilften bis zwölften Woche
waren die Stränge, die nun schon Samenkanälchen heissen konnten,
etwas schmäler (von 0,012—0,02‴) mit zarter homogener Hülle und
kleineren Zellen. Viele zeigten Theilungen, andere kurze Aestchen
wie Sprossen; alle verliefen schon etwas geschlängelt und bildeten
mit ihren Aestchen schon wie Andeutungen kleiner Lobuli. Diesem
zufolge scheinen die Samenkanälchen ihre erste Entstehung einer
besonderen Zusammenfügung gewisser Zellen der primitiven Drü-
senanlage ihre Bildung zu verdanken und einmal gebildet durch Ver-
mehrung ihrer Zellen und Sprossenbildung sich zu verlängern und

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[439/0455] Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane. der Urniere verbindet, die je nach dem Geschlechte Hoden- oder Eierstockgekröse, Mesorchium oder Mesoarium heisst. Ausser- dem zieht sich von beiden Enden der Geschlechtsdrüse 1) eine obere Falte zum Zwerchfellsbande der Urniere (Fig. 215, 2h″) und 2) ein unteres Bauchfellband zum Urnierengange (Fig. 215, 2h′), welche denselben gerade da trifft, wo das Leistenband von ihm abgeht. Mesorchium und Mesoarium. Hoden und Eierstöcke entsprechen sich ursprünglich in der Form genau (Fig. 215), gegen das Ende des zweiten Monates wird jedoch beim Menschen das erste Organ breiter und verhältnissmässig kürzer, während der Eierstock eine gestrecktere Form beibehält. Zugleich ändert sich auch die Stellung der Geschlechtsdrüsen in der Art, dass dieselben beim weiblichen Geschlechte mehr schief sich lagern und ist von dieser Zeit an, d. h. in der neunten bis zehnten Woche, auch von dieser Seite her die Diagnose gesichert. Die wei- tere Entwicklung besprechen wir nun bei den beiden Drüsen ge- sondert, doch finde ich mich nicht veranlasst auf die äusseren Ge- stalt- und Grössenverhältnisse noch weiter einzugehen und will ich Ihnen nur noch das Wenige mittheilen, was über die inneren Struc- turverhältnisse ermittelt ist. So lange die Geschlechtsdrüsen noch keinen besonderen Typus an sich tragen, ist es leicht nachzuweisen, dass sie ganz und gar aus indifferenten kleinen Bildungszellen bestehen, mit der Ausbildung der einen oder anderen Form treten dann aber auch zugleich innere Verschiedenheiten auf. Bei männlichen Embryonen von neun und zehn Wochen erkannte ich schon die Samenkanälchen als gerade, eines neben dem andern quer durch den Hoden sich erstreckende Stränge von 0,02—0,022‴ Durchmesser, die ganz und gar aus grossen Zellen von 0,006—0,008‴ bestanden, keine Membrana pro- pria besassen und durch zarte Züge sich entwickelnden Bindegewe- bes von einander getrennt waren. In der eilften bis zwölften Woche waren die Stränge, die nun schon Samenkanälchen heissen konnten, etwas schmäler (von 0,012—0,02‴) mit zarter homogener Hülle und kleineren Zellen. Viele zeigten Theilungen, andere kurze Aestchen wie Sprossen; alle verliefen schon etwas geschlängelt und bildeten mit ihren Aestchen schon wie Andeutungen kleiner Lobuli. Diesem zufolge scheinen die Samenkanälchen ihre erste Entstehung einer besonderen Zusammenfügung gewisser Zellen der primitiven Drü- senanlage ihre Bildung zu verdanken und einmal gebildet durch Ver- mehrung ihrer Zellen und Sprossenbildung sich zu verlängern und Innere Entwicklung der Hoden.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/455>, abgerufen am 15.05.2024.