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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Ich liebe dich, ich habe dich längst geliebt,
Du königlicher Wagen. Des Knaben Blick
Hat oft in tiefen Mitternächten
Ahnend und staunend an dir gehangen.
Nun lieb' ich dich noch stärker, du Herrlicher!
Ich seh dich oft mit inniger Wehmuth an,
Und eine leise Thräne bebet
In des entbrannteren Jünglings Wimper.
Ein sanftes Thränchen weint' ich an Idens Brust.
Ein sanftes Thränchen weinte die Himmlische,
Als wir uns in vertrauter Laube,
Busen an Busen, umschlungen hielten.
Tief Mitternacht war um uns. Der blühende
Jasmin der Laube duftete rings um uns.
Der Schwan, der Adler und die Leyer
Blinkten uns an durch das Grün der Laube.
Da zuckte durch die Seele des Staunenden
Ein Wehgedanke, dumpf, wie ein Unkenlaut,
Und schaurig, wie der Duft des Wermuths,
Ach, der Gedanke des nahen Scheidens.
Ich liebe dich, ich habe dich längst geliebt,
Du königlicher Wagen. Des Knaben Blick
Hat oft in tiefen Mitternächten
Ahnend und staunend an dir gehangen.
Nun lieb' ich dich noch stärker, du Herrlicher!
Ich seh dich oft mit inniger Wehmuth an,
Und eine leise Thräne bebet
In des entbrannteren Jünglings Wimper.
Ein sanftes Thränchen weint' ich an Idens Brust.
Ein sanftes Thränchen weinte die Himmlische,
Als wir uns in vertrauter Laube,
Busen an Busen, umschlungen hielten.
Tief Mitternacht war um uns. Der blühende
Jasmin der Laube duftete rings um uns.
Der Schwan, der Adler und die Leyer
Blinkten uns an durch das Grün der Laube.
Da zuckte durch die Seele des Staunenden
Ein Wehgedanke, dumpf, wie ein Unkenlaut,
Und schaurig, wie der Duft des Wermuths,
Ach, der Gedanke des nahen Scheidens.
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[310/0356] Ich liebe dich, ich habe dich längst geliebt, Du königlicher Wagen. Des Knaben Blick Hat oft in tiefen Mitternächten Ahnend und staunend an dir gehangen. Nun lieb' ich dich noch stärker, du Herrlicher! Ich seh dich oft mit inniger Wehmuth an, Und eine leise Thräne bebet In des entbrannteren Jünglings Wimper. Ein sanftes Thränchen weint' ich an Idens Brust. Ein sanftes Thränchen weinte die Himmlische, Als wir uns in vertrauter Laube, Busen an Busen, umschlungen hielten. Tief Mitternacht war um uns. Der blühende Jasmin der Laube duftete rings um uns. Der Schwan, der Adler und die Leyer Blinkten uns an durch das Grün der Laube. Da zuckte durch die Seele des Staunenden Ein Wehgedanke, dumpf, wie ein Unkenlaut, Und schaurig, wie der Duft des Wermuths, Ach, der Gedanke des nahen Scheidens.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/356>, abgerufen am 29.04.2024.