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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Auf ewig schlingt sein Hungerschlund hinab;
Auf ewig wiederkäu't es seinen Raub.
Grässlich, grässlich ist das Grab!
Warum raufen dein Haar?
Warum verweinen dein Auge?
Warum zerringen die blutigen Hände?
Warum vertrauren dein edelstes Mark?
Feiger, ermanne dich!
Nicht ewig hüllet das Grab!
Monden verwallen,
Jahre verrollen;
Immer noch hüllet das Grab.
Aus den Jahren erschwellen Jahrhunderte,
Aus Jahrhunderten lange Jahrtausende.
Immer noch hüllet das Grab!
Aber nun sind sie verrollt, die hunderte, tausende
alle,
Aber schon schimmert die Berge herüber der Tag
der Vollendung!
Schau, es kreissen die Gräber. Die Särge gebären;
die Urnen
Bersten; der wölkende Staub wird Seele; die
Asche wird Leben.
Jene Enge weitet sich aus zu unendlichen Räu-
men;
Jene Dunkel hellen sich auf zum unendlichen Tage;
Auf ewig schlingt sein Hungerschlund hinab;
Auf ewig wiederkäu't es seinen Raub.
Grässlich, grässlich ist das Grab!
Warum raufen dein Haar?
Warum verweinen dein Auge?
Warum zerringen die blutigen Hände?
Warum vertrauren dein edelstes Mark?
Feiger, ermanne dich!
Nicht ewig hüllet das Grab!
Monden verwallen,
Jahre verrollen;
Immer noch hüllet das Grab.
Aus den Jahren erschwellen Jahrhunderte,
Aus Jahrhunderten lange Jahrtausende.
Immer noch hüllet das Grab!
Aber nun sind sie verrollt, die hunderte, tausende
alle,
Aber schon schimmert die Berge herüber der Tag
der Vollendung!
Schau, es kreissen die Gräber. Die Särge gebären;
die Urnen
Bersten; der wölkende Staub wird Seele; die
Asche wird Leben.
Jene Enge weitet sich aus zu unendlichen Räu-
men;
Jene Dunkel hellen sich auf zum unendlichen Tage;
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[107/0123] Auf ewig schlingt sein Hungerschlund hinab; Auf ewig wiederkäu't es seinen Raub. Grässlich, grässlich ist das Grab! Warum raufen dein Haar? Warum verweinen dein Auge? Warum zerringen die blutigen Hände? Warum vertrauren dein edelstes Mark? Feiger, ermanne dich! Nicht ewig hüllet das Grab! Monden verwallen, Jahre verrollen; Immer noch hüllet das Grab. Aus den Jahren erschwellen Jahrhunderte, Aus Jahrhunderten lange Jahrtausende. Immer noch hüllet das Grab! Aber nun sind sie verrollt, die hunderte, tausende alle, Aber schon schimmert die Berge herüber der Tag der Vollendung! Schau, es kreissen die Gräber. Die Särge gebären; die Urnen Bersten; der wölkende Staub wird Seele; die Asche wird Leben. Jene Enge weitet sich aus zu unendlichen Räu- men; Jene Dunkel hellen sich auf zum unendlichen Tage;

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/123>, abgerufen am 27.04.2024.