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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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möglich, aber sich hüten soll man, daß man es nicht in den
Vordergrund stelle, wie man wohl neulich erlebt hat.

Als der erste Konsul seine Runde gemacht hatte, trat
er wieder zwischen die beiden Konsuls, die sich während
der ganzen Zeit nicht vom Platze gerührt hatten, verbeug-
te sich und gab dadurch das Zeichen zum Aufbruch, blieb
auch so lange stehen, bis das ganze Corps diplomatique
hinaus war. -- Ein zahlloses Volk, mit dem Bedürf-
niß zu gaffen auf jedem Gesichte, umgab die Tuillerien,
während der Parade, und auch noch jetzt, wurde aber
von den Schildwachen sehr in Respekt gehalten; und kaum
konnte man sich einbilden, daß diese nemlichen Gaffer einst
jene Kugeln gegen die Tuillerien schleuderten, deren Spu-
ren man noch überall in der Mauer sieht, weil man mit
Fleiß die Löcher nicht allein nicht ausgebessert, sondern
vielmehr die Kugeln darin hat stecken lassen, und neben
jede solche Stelle mit großen Buchstaben geschrieben: der
zehnte August.

Eines unangenehmen Nachspiels der Präsentation
beim ersten Konsul muß ich noch erwähnen. Am andern
Morgen nemlich meldeten sich die Musikanten des
ersten Konsuls,
um mir zu meiner Ankunft Glück zu
wünschen, das heißt um ein Geschenk zu erhalten. Da
ihrer nur zwei waren, so glaubte ich genug zu thun, wenn
ich jedem einen sechs Livres-Thaler verehrte, allein sie
waren damit nicht zufrieden, sondern erklärten, daß ihrer
24 seyen. Hier vergieng mir die Geduld. Jch sagte ih-
nen sehr höflich, die Gratulation solcher Künstler könne
keinen andern Preis haben, als den Dank für eine sol-
che Ehre, und ließ sie mit langen Gesichtern abziehen. --
Gewiß weiß ihr Chef nichts von dieser Art zu betteln,
und ich glaube durch die Bekanntmachung ein gutes Werk

moͤglich, aber sich huͤten soll man, daß man es nicht in den
Vordergrund stelle, wie man wohl neulich erlebt hat.

Als der erste Konsul seine Runde gemacht hatte, trat
er wieder zwischen die beiden Konsuls, die sich waͤhrend
der ganzen Zeit nicht vom Platze geruͤhrt hatten, verbeug-
te sich und gab dadurch das Zeichen zum Aufbruch, blieb
auch so lange stehen, bis das ganze Corps diplomatique
hinaus war. — Ein zahlloses Volk, mit dem Beduͤrf-
niß zu gaffen auf jedem Gesichte, umgab die Tuillerien,
waͤhrend der Parade, und auch noch jetzt, wurde aber
von den Schildwachen sehr in Respekt gehalten; und kaum
konnte man sich einbilden, daß diese nemlichen Gaffer einst
jene Kugeln gegen die Tuillerien schleuderten, deren Spu-
ren man noch uͤberall in der Mauer sieht, weil man mit
Fleiß die Loͤcher nicht allein nicht ausgebessert, sondern
vielmehr die Kugeln darin hat stecken lassen, und neben
jede solche Stelle mit großen Buchstaben geschrieben: der
zehnte August.

Eines unangenehmen Nachspiels der Praͤsentation
beim ersten Konsul muß ich noch erwaͤhnen. Am andern
Morgen nemlich meldeten sich die Musikanten des
ersten Konsuls,
um mir zu meiner Ankunft Gluͤck zu
wuͤnschen, das heißt um ein Geschenk zu erhalten. Da
ihrer nur zwei waren, so glaubte ich genug zu thun, wenn
ich jedem einen sechs Livres-Thaler verehrte, allein sie
waren damit nicht zufrieden, sondern erklaͤrten, daß ihrer
24 seyen. Hier vergieng mir die Geduld. Jch sagte ih-
nen sehr hoͤflich, die Gratulation solcher Kuͤnstler koͤnne
keinen andern Preis haben, als den Dank fuͤr eine sol-
che Ehre, und ließ sie mit langen Gesichtern abziehen. —
Gewiß weiß ihr Chef nichts von dieser Art zu betteln,
und ich glaube durch die Bekanntmachung ein gutes Werk

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[82/0086] moͤglich, aber sich huͤten soll man, daß man es nicht in den Vordergrund stelle, wie man wohl neulich erlebt hat. Als der erste Konsul seine Runde gemacht hatte, trat er wieder zwischen die beiden Konsuls, die sich waͤhrend der ganzen Zeit nicht vom Platze geruͤhrt hatten, verbeug- te sich und gab dadurch das Zeichen zum Aufbruch, blieb auch so lange stehen, bis das ganze Corps diplomatique hinaus war. — Ein zahlloses Volk, mit dem Beduͤrf- niß zu gaffen auf jedem Gesichte, umgab die Tuillerien, waͤhrend der Parade, und auch noch jetzt, wurde aber von den Schildwachen sehr in Respekt gehalten; und kaum konnte man sich einbilden, daß diese nemlichen Gaffer einst jene Kugeln gegen die Tuillerien schleuderten, deren Spu- ren man noch uͤberall in der Mauer sieht, weil man mit Fleiß die Loͤcher nicht allein nicht ausgebessert, sondern vielmehr die Kugeln darin hat stecken lassen, und neben jede solche Stelle mit großen Buchstaben geschrieben: der zehnte August. Eines unangenehmen Nachspiels der Praͤsentation beim ersten Konsul muß ich noch erwaͤhnen. Am andern Morgen nemlich meldeten sich die Musikanten des ersten Konsuls, um mir zu meiner Ankunft Gluͤck zu wuͤnschen, das heißt um ein Geschenk zu erhalten. Da ihrer nur zwei waren, so glaubte ich genug zu thun, wenn ich jedem einen sechs Livres-Thaler verehrte, allein sie waren damit nicht zufrieden, sondern erklaͤrten, daß ihrer 24 seyen. Hier vergieng mir die Geduld. Jch sagte ih- nen sehr hoͤflich, die Gratulation solcher Kuͤnstler koͤnne keinen andern Preis haben, als den Dank fuͤr eine sol- che Ehre, und ließ sie mit langen Gesichtern abziehen. — Gewiß weiß ihr Chef nichts von dieser Art zu betteln, und ich glaube durch die Bekanntmachung ein gutes Werk

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/86>, abgerufen am 07.05.2024.