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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Schönsten Dank also, und ich wünsche Ihnen von Herzen
dasselbe, trotzdem Sie es wohl nicht gar so nöthig haben
werden."

Und nun streckte er ihr die Hand entgegen, die sie mit
ihrer zart-umlederten ergriff und herzhaft drückte.

Es entstand eine peinliche Pause. Timpe hatte sich dem
Fenster zugewandt, Frau Karoline blickte stumm zu ihm hin¬
über, und Emma glättete mit der Hand den Pelz ihres Muffs.
Sie sah blaß aus; man wußte nicht, ob von dem Schein des
Schnees, der draußen lustig wirbelte, oder von dem kalten
Empfange, der ihr hier zu Theil geworden war. Sie hatte
sich sehr zu ihrem Vortheil verändert. Ihre Gestalt war
voller geworden und auch ihr Gesicht hatte sich gerundet.

Endlich, als sie vergeblich auf einige weitere Worte des
Meisters gewartet hatte, begann sie in der Unterhaltung fort¬
zufahren.

Verzeihen Sie, Herr Timpe, wenn ich trotz Ihrer Ab¬
weisung, von der ich nicht weiß, ob ich sie verdient habe, die
Sie mir aber deutlich genug zu verstehen geben, mich nicht
gleich entferne. Ich bin aber gekommen, um etwas gut zu
machen, und wegen des schweren Unrechts, das man Ihnen
angethan hat, um Verzeihung zu bitten. Für meine Person
wenigstens . . . . Ich bin hier erschienen, um Ihre gute
Frau und Sie im Namen meiner Mutter zu unserer Hoch¬
zeit einzuladen . . ."

Vom Fenster her erschallte ein lautes Lachen, das so jäh
hervorquoll, daß die Meisterin bestürzt einen Schritt vorwärts
that und Emma erbebte.

"Dachte ich's doch, dachte ich's doch -- daß man noch
kommen würde, mich obendrein zu verhöhnen. Fehl gegangen,

Schönſten Dank alſo, und ich wünſche Ihnen von Herzen
daſſelbe, trotzdem Sie es wohl nicht gar ſo nöthig haben
werden.“

Und nun ſtreckte er ihr die Hand entgegen, die ſie mit
ihrer zart-umlederten ergriff und herzhaft drückte.

Es entſtand eine peinliche Pauſe. Timpe hatte ſich dem
Fenſter zugewandt, Frau Karoline blickte ſtumm zu ihm hin¬
über, und Emma glättete mit der Hand den Pelz ihres Muffs.
Sie ſah blaß aus; man wußte nicht, ob von dem Schein des
Schnees, der draußen luſtig wirbelte, oder von dem kalten
Empfange, der ihr hier zu Theil geworden war. Sie hatte
ſich ſehr zu ihrem Vortheil verändert. Ihre Geſtalt war
voller geworden und auch ihr Geſicht hatte ſich gerundet.

Endlich, als ſie vergeblich auf einige weitere Worte des
Meiſters gewartet hatte, begann ſie in der Unterhaltung fort¬
zufahren.

Verzeihen Sie, Herr Timpe, wenn ich trotz Ihrer Ab¬
weiſung, von der ich nicht weiß, ob ich ſie verdient habe, die
Sie mir aber deutlich genug zu verſtehen geben, mich nicht
gleich entferne. Ich bin aber gekommen, um etwas gut zu
machen, und wegen des ſchweren Unrechts, das man Ihnen
angethan hat, um Verzeihung zu bitten. Für meine Perſon
wenigſtens . . . . Ich bin hier erſchienen, um Ihre gute
Frau und Sie im Namen meiner Mutter zu unſerer Hoch¬
zeit einzuladen . . .“

Vom Fenſter her erſchallte ein lautes Lachen, das ſo jäh
hervorquoll, daß die Meiſterin beſtürzt einen Schritt vorwärts
that und Emma erbebte.

„Dachte ich's doch, dachte ich's doch — daß man noch
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[214/0226] Schönſten Dank alſo, und ich wünſche Ihnen von Herzen daſſelbe, trotzdem Sie es wohl nicht gar ſo nöthig haben werden.“ Und nun ſtreckte er ihr die Hand entgegen, die ſie mit ihrer zart-umlederten ergriff und herzhaft drückte. Es entſtand eine peinliche Pauſe. Timpe hatte ſich dem Fenſter zugewandt, Frau Karoline blickte ſtumm zu ihm hin¬ über, und Emma glättete mit der Hand den Pelz ihres Muffs. Sie ſah blaß aus; man wußte nicht, ob von dem Schein des Schnees, der draußen luſtig wirbelte, oder von dem kalten Empfange, der ihr hier zu Theil geworden war. Sie hatte ſich ſehr zu ihrem Vortheil verändert. Ihre Geſtalt war voller geworden und auch ihr Geſicht hatte ſich gerundet. Endlich, als ſie vergeblich auf einige weitere Worte des Meiſters gewartet hatte, begann ſie in der Unterhaltung fort¬ zufahren. Verzeihen Sie, Herr Timpe, wenn ich trotz Ihrer Ab¬ weiſung, von der ich nicht weiß, ob ich ſie verdient habe, die Sie mir aber deutlich genug zu verſtehen geben, mich nicht gleich entferne. Ich bin aber gekommen, um etwas gut zu machen, und wegen des ſchweren Unrechts, das man Ihnen angethan hat, um Verzeihung zu bitten. Für meine Perſon wenigſtens . . . . Ich bin hier erſchienen, um Ihre gute Frau und Sie im Namen meiner Mutter zu unſerer Hoch¬ zeit einzuladen . . .“ Vom Fenſter her erſchallte ein lautes Lachen, das ſo jäh hervorquoll, daß die Meiſterin beſtürzt einen Schritt vorwärts that und Emma erbebte. „Dachte ich's doch, dachte ich's doch — daß man noch kommen würde, mich obendrein zu verhöhnen. Fehl gegangen,

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/226>, abgerufen am 29.04.2024.