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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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Mancher kürzere Ausflug und einige interessante Reisen zur Universität und zur Heimath waren vorangegangen. Sie zeichneten sich meist durch geringen Geldverbrauch aus. Das 4 Stunden von Erlangen entfernte Nürnberg wurde oft besucht und gründlich besichtigt. Man ging aber nicht zu Fuss, benützte auch nicht die Eisenbahn, sondern zu dreien eine Droschke ohne Kutscher mit altem Klepper, dessen gehörige Verpflegung überwacht wurde. Preis neben den Kosten dieser Verpflegung ein preussischer Thaler (= 3 Mark). Unterwegs gaben die Bemühungen das Ross in Trapp zu setzen viel Unterhaltung ab. In Nürnberg konnte man beliebig lang bleiben. Zu beliebten Fusstouren lud die fränkische Schweiz mit ihren schönen Thälern, grotesken Felspartien, berühmten Höhlen und mit ihren billigen Preisen ein. Eine schöne Heimreise machte ich mit einem Kommilitonen zu Fuss durch das mittelfränkisch-bayer. und hohenlohisch-württembergische Land bis Heidelberg. Eine andere als Fusstour geplante Heimreise selb achte über Ansbach, Rothenburg/Tauber, Schwäbisch-Hall und Heilbronn wurde zu einer Wagenfahrt voll heiterer Lust. Auf der Reise nach Erlangen wurde einmal die Vorderpfalz zwischen Annweiler und Edenkoben gründlich durchforscht von den Wohnorten verschiedener Kommilitonen aus. Einmal wurde die Reise durch Schwaben über Nördlingen, zweimal mit Post von Heidelberg über Würzburg ausgeführt. Auf dieser Route machte ich die nähere, in des Postwagens sehr enge sehr nahe Bekanntschaft der Gemahlin des Chirurgie-Professors Heyfelder in Erlangen, welche Bekanntschaft angenehme Fortsetzung im Heyfelderschen Hause fand.

Die schönste und amüsanteste Reise war die oben berührte, welche ich mit 3 ins Philisterium heimkehrenden Kommilitonen über München machte. Zuerst wurde unter stadtkundiger, studentischer Führung alles genossen, was in 4 Tagen mitgenommen werden konnte. Dann sollte ein Abstecher ins Gebirge gemacht werden, aber vor dem Schlafengehen kamen die 4 Partner zum Kassensturz zusammen, welcher ein derart ungünstiges Ergebnis hatte, dass wir das Gebirge links liegen lassen mussten, um in beschleunigtem Tempo der Heimat zuzueilen. Augsburg wurde in Eile besichtigt, in Ulm nur das Münster bestiegen Stuttgart eiligst durchstreift. In Heilbronn geriethen wir

Mancher kürzere Ausflug und einige interessante Reisen zur Universität und zur Heimath waren vorangegangen. Sie zeichneten sich meist durch geringen Geldverbrauch aus. Das 4 Stunden von Erlangen entfernte Nürnberg wurde oft besucht und gründlich besichtigt. Man ging aber nicht zu Fuss, benützte auch nicht die Eisenbahn, sondern zu dreien eine Droschke ohne Kutscher mit altem Klepper, dessen gehörige Verpflegung überwacht wurde. Preis neben den Kosten dieser Verpflegung ein preussischer Thaler (= 3 Mark). Unterwegs gaben die Bemühungen das Ross in Trapp zu setzen viel Unterhaltung ab. In Nürnberg konnte man beliebig lang bleiben. Zu beliebten Fusstouren lud die fränkische Schweiz mit ihren schönen Thälern, grotesken Felspartien, berühmten Höhlen und mit ihren billigen Preisen ein. Eine schöne Heimreise machte ich mit einem Kommilitonen zu Fuss durch das mittelfränkisch-bayer. und hohenlohisch-württembergische Land bis Heidelberg. Eine andere als Fusstour geplante Heimreise selb achte über Ansbach, Rothenburg/Tauber, Schwäbisch-Hall und Heilbronn wurde zu einer Wagenfahrt voll heiterer Lust. Auf der Reise nach Erlangen wurde einmal die Vorderpfalz zwischen Annweiler und Edenkoben gründlich durchforscht von den Wohnorten verschiedener Kommilitonen aus. Einmal wurde die Reise durch Schwaben über Nördlingen, zweimal mit Post von Heidelberg über Würzburg ausgeführt. Auf dieser Route machte ich die nähere, in des Postwagens sehr enge sehr nahe Bekanntschaft der Gemahlin des Chirurgie-Professors Heyfelder in Erlangen, welche Bekanntschaft angenehme Fortsetzung im Heyfelderschen Hause fand.

Die schönste und amüsanteste Reise war die oben berührte, welche ich mit 3 ins Philisterium heimkehrenden Kommilitonen über München machte. Zuerst wurde unter stadtkundiger, studentischer Führung alles genossen, was in 4 Tagen mitgenommen werden konnte. Dann sollte ein Abstecher ins Gebirge gemacht werden, aber vor dem Schlafengehen kamen die 4 Partner zum Kassensturz zusammen, welcher ein derart ungünstiges Ergebnis hatte, dass wir das Gebirge links liegen lassen mussten, um in beschleunigtem Tempo der Heimat zuzueilen. Augsburg wurde in Eile besichtigt, in Ulm nur das Münster bestiegen Stuttgart eiligst durchstreift. In Heilbronn geriethen wir

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Mancher kürzere Ausflug und einige interessante Reisen zur Universität und zur Heimath waren vorangegangen. Sie zeichneten sich meist durch geringen Geldverbrauch aus. Das 4 Stunden von Erlangen entfernte Nürnberg wurde oft besucht und gründlich besichtigt. Man ging aber nicht zu Fuss, benützte auch nicht die Eisenbahn, sondern zu dreien eine Droschke ohne Kutscher mit altem Klepper, dessen gehörige Verpflegung überwacht wurde. Preis neben den Kosten dieser Verpflegung ein preussischer Thaler (= 3 Mark). Unterwegs gaben die Bemühungen das Ross in Trapp zu setzen viel Unterhaltung ab. In Nürnberg konnte man beliebig lang bleiben. Zu beliebten Fusstouren lud die fränkische Schweiz mit ihren schönen Thälern, grotesken Felspartien, berühmten Höhlen und mit ihren billigen Preisen ein. Eine schöne Heimreise machte ich mit einem Kommilitonen zu Fuss durch das mittelfränkisch-bayer. und hohenlohisch-württembergische Land bis Heidelberg. Eine andere als Fusstour geplante Heimreise selb achte über Ansbach, Rothenburg/Tauber, Schwäbisch-Hall und Heilbronn wurde zu einer Wagenfahrt voll heiterer Lust. Auf der Reise nach Erlangen wurde einmal die Vorderpfalz zwischen Annweiler und Edenkoben gründlich durchforscht von den Wohnorten verschiedener Kommilitonen aus. Einmal wurde die Reise durch Schwaben über Nördlingen, zweimal mit Post von Heidelberg über Würzburg ausgeführt. Auf dieser Route machte ich die nähere, in des Postwagens sehr enge sehr nahe Bekanntschaft der Gemahlin des Chirurgie-Professors Heyfelder in Erlangen, welche Bekanntschaft angenehme Fortsetzung im Heyfelderschen Hause fand.</p>
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[36/0036] Mancher kürzere Ausflug und einige interessante Reisen zur Universität und zur Heimath waren vorangegangen. Sie zeichneten sich meist durch geringen Geldverbrauch aus. Das 4 Stunden von Erlangen entfernte Nürnberg wurde oft besucht und gründlich besichtigt. Man ging aber nicht zu Fuss, benützte auch nicht die Eisenbahn, sondern zu dreien eine Droschke ohne Kutscher mit altem Klepper, dessen gehörige Verpflegung überwacht wurde. Preis neben den Kosten dieser Verpflegung ein preussischer Thaler (= 3 Mark). Unterwegs gaben die Bemühungen das Ross in Trapp zu setzen viel Unterhaltung ab. In Nürnberg konnte man beliebig lang bleiben. Zu beliebten Fusstouren lud die fränkische Schweiz mit ihren schönen Thälern, grotesken Felspartien, berühmten Höhlen und mit ihren billigen Preisen ein. Eine schöne Heimreise machte ich mit einem Kommilitonen zu Fuss durch das mittelfränkisch-bayer. und hohenlohisch-württembergische Land bis Heidelberg. Eine andere als Fusstour geplante Heimreise selb achte über Ansbach, Rothenburg/Tauber, Schwäbisch-Hall und Heilbronn wurde zu einer Wagenfahrt voll heiterer Lust. Auf der Reise nach Erlangen wurde einmal die Vorderpfalz zwischen Annweiler und Edenkoben gründlich durchforscht von den Wohnorten verschiedener Kommilitonen aus. Einmal wurde die Reise durch Schwaben über Nördlingen, zweimal mit Post von Heidelberg über Würzburg ausgeführt. Auf dieser Route machte ich die nähere, in des Postwagens sehr enge sehr nahe Bekanntschaft der Gemahlin des Chirurgie-Professors Heyfelder in Erlangen, welche Bekanntschaft angenehme Fortsetzung im Heyfelderschen Hause fand. Die schönste und amüsanteste Reise war die oben berührte, welche ich mit 3 ins Philisterium heimkehrenden Kommilitonen über München machte. Zuerst wurde unter stadtkundiger, studentischer Führung alles genossen, was in 4 Tagen mitgenommen werden konnte. Dann sollte ein Abstecher ins Gebirge gemacht werden, aber vor dem Schlafengehen kamen die 4 Partner zum Kassensturz zusammen, welcher ein derart ungünstiges Ergebnis hatte, dass wir das Gebirge links liegen lassen mussten, um in beschleunigtem Tempo der Heimat zuzueilen. Augsburg wurde in Eile besichtigt, in Ulm nur das Münster bestiegen Stuttgart eiligst durchstreift. In Heilbronn geriethen wir

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/36>, abgerufen am 27.04.2024.