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Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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in andern Häusern des Dorfes ein Unterkommen, fand aber nirgend Aufnahme. Er ließ sich nun in der Herberge eins der inneren Zimmer einräumen, stellte sein Gepäck um sich her und legte sich, die Pistolen im Gürtel, auf das Lager, scheinbar schlafend, dabei aber mit Gespanntheit auf Alles lauschend, was draußen vorging. Es war schon dunkel, als sein Diener, eine Lampe in der Hand, mit einem Janitscharen eintrat. Sie leuchteten ihm, der fortfuhr, sich schlafend zu stellen, ins Gesicht, untersuchten das Zimmer und das Gepäck und flüsterten dann viel mit einander; der Janitschar machte eine Geberde am Halse, die nicht undeutlich zu erkennen gab, daß es sich um ein Kopfabschneiden handle; dabei erhob sich die Stimme des Dieners etwas. Später, später, in der Nacht! flüsterte er.

Als Beide hinausgehen wollten, begann Stuart sich zu regen, als wache er eben auf, und rief den Diener zurück. Er klagte über sein Uebel, forderte einige Dienstleistungen und ließ sich dann in ein Gespräch mit ihm ein. Möglichst unbefangen über allerlei Kleinigkeiten des gegenwärtigen Aufenthalts und über die bevorstehende Reise sprechend, suchte er dem Argwohn vorzubeugen, als habe er durchschaut, um was es sich handle. Nach einiger Zeit, und als er bemerkt hatte, daß der Diener unbewaffnet war, sprang er vom Lager auf, schützte ein Bedürfniß vor, das ihn aus dem Hause treibe, und befahl dem Diener, ihm zu folgen. Der letztere gehorchte. Kaum waren sie im Freien und aus

in andern Häusern des Dorfes ein Unterkommen, fand aber nirgend Aufnahme. Er ließ sich nun in der Herberge eins der inneren Zimmer einräumen, stellte sein Gepäck um sich her und legte sich, die Pistolen im Gürtel, auf das Lager, scheinbar schlafend, dabei aber mit Gespanntheit auf Alles lauschend, was draußen vorging. Es war schon dunkel, als sein Diener, eine Lampe in der Hand, mit einem Janitscharen eintrat. Sie leuchteten ihm, der fortfuhr, sich schlafend zu stellen, ins Gesicht, untersuchten das Zimmer und das Gepäck und flüsterten dann viel mit einander; der Janitschar machte eine Geberde am Halse, die nicht undeutlich zu erkennen gab, daß es sich um ein Kopfabschneiden handle; dabei erhob sich die Stimme des Dieners etwas. Später, später, in der Nacht! flüsterte er.

Als Beide hinausgehen wollten, begann Stuart sich zu regen, als wache er eben auf, und rief den Diener zurück. Er klagte über sein Uebel, forderte einige Dienstleistungen und ließ sich dann in ein Gespräch mit ihm ein. Möglichst unbefangen über allerlei Kleinigkeiten des gegenwärtigen Aufenthalts und über die bevorstehende Reise sprechend, suchte er dem Argwohn vorzubeugen, als habe er durchschaut, um was es sich handle. Nach einiger Zeit, und als er bemerkt hatte, daß der Diener unbewaffnet war, sprang er vom Lager auf, schützte ein Bedürfniß vor, das ihn aus dem Hause treibe, und befahl dem Diener, ihm zu folgen. Der letztere gehorchte. Kaum waren sie im Freien und aus

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[0027] in andern Häusern des Dorfes ein Unterkommen, fand aber nirgend Aufnahme. Er ließ sich nun in der Herberge eins der inneren Zimmer einräumen, stellte sein Gepäck um sich her und legte sich, die Pistolen im Gürtel, auf das Lager, scheinbar schlafend, dabei aber mit Gespanntheit auf Alles lauschend, was draußen vorging. Es war schon dunkel, als sein Diener, eine Lampe in der Hand, mit einem Janitscharen eintrat. Sie leuchteten ihm, der fortfuhr, sich schlafend zu stellen, ins Gesicht, untersuchten das Zimmer und das Gepäck und flüsterten dann viel mit einander; der Janitschar machte eine Geberde am Halse, die nicht undeutlich zu erkennen gab, daß es sich um ein Kopfabschneiden handle; dabei erhob sich die Stimme des Dieners etwas. Später, später, in der Nacht! flüsterte er. Als Beide hinausgehen wollten, begann Stuart sich zu regen, als wache er eben auf, und rief den Diener zurück. Er klagte über sein Uebel, forderte einige Dienstleistungen und ließ sich dann in ein Gespräch mit ihm ein. Möglichst unbefangen über allerlei Kleinigkeiten des gegenwärtigen Aufenthalts und über die bevorstehende Reise sprechend, suchte er dem Argwohn vorzubeugen, als habe er durchschaut, um was es sich handle. Nach einiger Zeit, und als er bemerkt hatte, daß der Diener unbewaffnet war, sprang er vom Lager auf, schützte ein Bedürfniß vor, das ihn aus dem Hause treibe, und befahl dem Diener, ihm zu folgen. Der letztere gehorchte. Kaum waren sie im Freien und aus

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:01:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:01:39Z)

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Zitationshilfe: Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/27>, abgerufen am 26.04.2024.