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Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nen; er bedauerte nur, daß nichts Besseres und Erheblicheres von ihm gefordert werde. Seine Ergebenheit sofort zu bezeugen, ließ er einen Teppich unter dem Lorbeerbaum, der zur Seite der alten Säulen stand, ausbreiten und kostbare Kissen darauf legen, indem er die Besucher dringend bat, sich niederzulassen: man dürfe ihm das Vergnügen einer, wenn auch nur schlechten, Bewirthung nicht versagen. Ein Knabe, der im Dienste des Juden stand, und dem man es ansah, daß er in aller Hast seine beste Kleidung angelegt hatte, brachte Tabakspfeifen, Kaffee und andere Erfrischungen. Paradise und Stuart konnten nicht Wohl umhin, dem Begehren des Alten zu genügen und seine Höflichkeitsbezeugungen, die freilich das Gepräge einiger Berechnung trugen, anzunehmen. Stuart bemerkte, als er den Kaffee einschlürfte und seine Blicke dabei über die bunte Unordnung des Hofes schweifen ließ, wie eins der Gitterfenster des Hauses sich leise öffnete und ein zartes, jugendliches Mädchengesicht verstohlen nach den Fremden hinausschaute. Sowie ihre Augen denen des brittischen Malers begegneten, ward das Fenster hastig wieder geschlossen.

Nachdem in solcher Art die Bekanntschaft des alten Baruch aufs Beste eingeleitet war, säumte Stuart nicht, von der erhaltenen Erlaubniß Gebrauch zu machen und die Gerüste zu den Seiten des Denkmals aufschlagen zu lassen. Beide Seiten der obern Pfeilerstellung waren mit Bildwerken geschmückt. Auf der Vorderseite schienen

nen; er bedauerte nur, daß nichts Besseres und Erheblicheres von ihm gefordert werde. Seine Ergebenheit sofort zu bezeugen, ließ er einen Teppich unter dem Lorbeerbaum, der zur Seite der alten Säulen stand, ausbreiten und kostbare Kissen darauf legen, indem er die Besucher dringend bat, sich niederzulassen: man dürfe ihm das Vergnügen einer, wenn auch nur schlechten, Bewirthung nicht versagen. Ein Knabe, der im Dienste des Juden stand, und dem man es ansah, daß er in aller Hast seine beste Kleidung angelegt hatte, brachte Tabakspfeifen, Kaffee und andere Erfrischungen. Paradise und Stuart konnten nicht Wohl umhin, dem Begehren des Alten zu genügen und seine Höflichkeitsbezeugungen, die freilich das Gepräge einiger Berechnung trugen, anzunehmen. Stuart bemerkte, als er den Kaffee einschlürfte und seine Blicke dabei über die bunte Unordnung des Hofes schweifen ließ, wie eins der Gitterfenster des Hauses sich leise öffnete und ein zartes, jugendliches Mädchengesicht verstohlen nach den Fremden hinausschaute. Sowie ihre Augen denen des brittischen Malers begegneten, ward das Fenster hastig wieder geschlossen.

Nachdem in solcher Art die Bekanntschaft des alten Baruch aufs Beste eingeleitet war, säumte Stuart nicht, von der erhaltenen Erlaubniß Gebrauch zu machen und die Gerüste zu den Seiten des Denkmals aufschlagen zu lassen. Beide Seiten der obern Pfeilerstellung waren mit Bildwerken geschmückt. Auf der Vorderseite schienen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:01:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/45>, abgerufen am 26.04.2024.