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Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zweite Preußenkönig, wie erzählt wird, zu dem Candididaten, der ihm mit den Worten "Bumps, da hat der Herr Feuer!" die Tabakspfeife angezündet hatte. Fast ebenso prompt ging es bei der Vergebung des Pfarrdienstes von Y . . . burg her. Zwar will die Sage wissen, es habe sich um denselben die unglaubliche Menge von zwei Bewerbern gemeldet, und der Glücklichere der Beiden sei vom dortigen Gemeinderathe in dubio "herausgeknöchelt", das heißt, durch Befragung des Würfelspiels gewählt worden. Allein diese Sage ist reiner Mythus, sintemal in jenen Tagen des beschränkten Unterthanenverstandes eine Gemeinde den Hirten ihrer Wahl oder ihres auch nur laut geäußerten Wunsches consistorialgrundsätzlich erst recht nicht bekam.

Indessen wie dem sein möge, die Pfarre war jedenfalls darnach. Eine vormals adelige Niederlassung, aus zusammengelaufenen Leuten gebildet, um die Einkünfte der Grundherrschaft durch Schutzgelder zu erhöhen, war das zerstreut liegende Dörfchen in den Besitz des Staates gekommen, der es unter strengere Aufsicht nahm, ohne seinen Zustand fühlbar verbessern zu können. Die Markung die kleinste, die sich von einer Gemeinde denken läßt, dazu schlechter Grund und Boden, meist in Einbuchtungen von Hügelzügen eingeklemmt.

Wohl konnte man diesen Aufenthalt abgelegen nennen, denn keine Straße berührte ihn, und die Wege waren trostlos. In geringer Entfernung freilich umgab ihn lachende Ebene, reizendes Thal, blühender

zweite Preußenkönig, wie erzählt wird, zu dem Candididaten, der ihm mit den Worten „Bumps, da hat der Herr Feuer!“ die Tabakspfeife angezündet hatte. Fast ebenso prompt ging es bei der Vergebung des Pfarrdienstes von Y . . . burg her. Zwar will die Sage wissen, es habe sich um denselben die unglaubliche Menge von zwei Bewerbern gemeldet, und der Glücklichere der Beiden sei vom dortigen Gemeinderathe in dubio „herausgeknöchelt“, das heißt, durch Befragung des Würfelspiels gewählt worden. Allein diese Sage ist reiner Mythus, sintemal in jenen Tagen des beschränkten Unterthanenverstandes eine Gemeinde den Hirten ihrer Wahl oder ihres auch nur laut geäußerten Wunsches consistorialgrundsätzlich erst recht nicht bekam.

Indessen wie dem sein möge, die Pfarre war jedenfalls darnach. Eine vormals adelige Niederlassung, aus zusammengelaufenen Leuten gebildet, um die Einkünfte der Grundherrschaft durch Schutzgelder zu erhöhen, war das zerstreut liegende Dörfchen in den Besitz des Staates gekommen, der es unter strengere Aufsicht nahm, ohne seinen Zustand fühlbar verbessern zu können. Die Markung die kleinste, die sich von einer Gemeinde denken läßt, dazu schlechter Grund und Boden, meist in Einbuchtungen von Hügelzügen eingeklemmt.

Wohl konnte man diesen Aufenthalt abgelegen nennen, denn keine Straße berührte ihn, und die Wege waren trostlos. In geringer Entfernung freilich umgab ihn lachende Ebene, reizendes Thal, blühender

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[0045] zweite Preußenkönig, wie erzählt wird, zu dem Candididaten, der ihm mit den Worten „Bumps, da hat der Herr Feuer!“ die Tabakspfeife angezündet hatte. Fast ebenso prompt ging es bei der Vergebung des Pfarrdienstes von Y . . . burg her. Zwar will die Sage wissen, es habe sich um denselben die unglaubliche Menge von zwei Bewerbern gemeldet, und der Glücklichere der Beiden sei vom dortigen Gemeinderathe in dubio „herausgeknöchelt“, das heißt, durch Befragung des Würfelspiels gewählt worden. Allein diese Sage ist reiner Mythus, sintemal in jenen Tagen des beschränkten Unterthanenverstandes eine Gemeinde den Hirten ihrer Wahl oder ihres auch nur laut geäußerten Wunsches consistorialgrundsätzlich erst recht nicht bekam. Indessen wie dem sein möge, die Pfarre war jedenfalls darnach. Eine vormals adelige Niederlassung, aus zusammengelaufenen Leuten gebildet, um die Einkünfte der Grundherrschaft durch Schutzgelder zu erhöhen, war das zerstreut liegende Dörfchen in den Besitz des Staates gekommen, der es unter strengere Aufsicht nahm, ohne seinen Zustand fühlbar verbessern zu können. Die Markung die kleinste, die sich von einer Gemeinde denken läßt, dazu schlechter Grund und Boden, meist in Einbuchtungen von Hügelzügen eingeklemmt. Wohl konnte man diesen Aufenthalt abgelegen nennen, denn keine Straße berührte ihn, und die Wege waren trostlos. In geringer Entfernung freilich umgab ihn lachende Ebene, reizendes Thal, blühender

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/45>, abgerufen am 06.05.2024.