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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.
das Gesetz seit dem 1. Januar 1871. In Bayern ist es einge-
führt durch das Reichsgesetz vom 22. April 1871 und ist, da dieses
Gesetz in dem am 29. April 1871 ausgegebenen Reichsgesetzblatt
verkündet worden ist, am 13. Mai 1871 in Geltung getreten 1).
In Elsaß-Lothringen ist das Gesetz eingeführt worden durch Ver-
ordnung vom 8. Januar 1873 Art. 2. Dieselbe ist im Reichs-
gesetzblatt
zwar erst in der am 17. März 1873 ausgegebenen
Nummer, im Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen dagegen
schon in der am 14. Januar 1873 ausgegebenen Nummer publi-
cirt worden. Bei diesen Publicationen ist der §. 27, wonach das
Gesetz am 1. Januar 1871 in Kraft tritt, zwar unverändert mit
aufgenommen worden, es beruht dies aber lediglich auf einem
Redaktionsfehler der Einf.-Verordn. vom 8. Januar 1873; denn
man kann unmöglich annehmen, daß der Gesetzgeber dem Gesetz
rückwirkende Kraft und zwar bis auf einen Zeitpunkt, in welchem
Elsaß-Lothringen noch gar nicht zum Deutschen Reiche gehörte,
habe beilegen wollen.

Nach den Vorschriften dieses Gesetzes wird die Staatsange-
hörigkeit begründet theils ipso iure durch familienrechtliche Ver-
hältnisse theils durch einen staatsrechtlichen Willensact, durch Ver-
leihung.

I. Auf Grund familienrechtlicher Verhältnisse wird die Staats-
angehörigkeit erworben

1) Durch die Geburt; und zwar erwerben eheliche Kinder
eines Deutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche
Kinder einer Deutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter. (§. 3.)

Es ist gleichgültig, ob die Geburt im Inlande oder Auslande
erfolgt; ebenso ist es unerheblich, ob die Geburt innerhalb Deutsch-
lands im Gebiet des Heimathsstaates des Vaters (resp. der Mut-
ter) oder in dem Gebiete eines andern Bundesstaates stattgefunden
hat; und zwar macht auch die Begründung eines wirklichen Wohn-
sitzes der Eltern außerhalb des Heimathsstaates keinen Unterschied
hinsichtlich der Staatsangehörigkeit der Kinder 2). Wenn daher
preußische Eheleute ihren Wohnsitz in Sachsen haben, so sind die

1) Riedel S. 271.
2) Der §. 3 des Gesetzes sagt ganz allgemein: "Durch die Geburt,
auch wenn diese im Auslande erfolgt, erwerben etc."
11*

§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.
das Geſetz ſeit dem 1. Januar 1871. In Bayern iſt es einge-
führt durch das Reichsgeſetz vom 22. April 1871 und iſt, da dieſes
Geſetz in dem am 29. April 1871 ausgegebenen Reichsgeſetzblatt
verkündet worden iſt, am 13. Mai 1871 in Geltung getreten 1).
In Elſaß-Lothringen iſt das Geſetz eingeführt worden durch Ver-
ordnung vom 8. Januar 1873 Art. 2. Dieſelbe iſt im Reichs-
geſetzblatt
zwar erſt in der am 17. März 1873 ausgegebenen
Nummer, im Geſetzblatt für Elſaß-Lothringen dagegen
ſchon in der am 14. Januar 1873 ausgegebenen Nummer publi-
cirt worden. Bei dieſen Publicationen iſt der §. 27, wonach das
Geſetz am 1. Januar 1871 in Kraft tritt, zwar unverändert mit
aufgenommen worden, es beruht dies aber lediglich auf einem
Redaktionsfehler der Einf.-Verordn. vom 8. Januar 1873; denn
man kann unmöglich annehmen, daß der Geſetzgeber dem Geſetz
rückwirkende Kraft und zwar bis auf einen Zeitpunkt, in welchem
Elſaß-Lothringen noch gar nicht zum Deutſchen Reiche gehörte,
habe beilegen wollen.

Nach den Vorſchriften dieſes Geſetzes wird die Staatsange-
hörigkeit begründet theils ipso iure durch familienrechtliche Ver-
hältniſſe theils durch einen ſtaatsrechtlichen Willensact, durch Ver-
leihung.

I. Auf Grund familienrechtlicher Verhältniſſe wird die Staats-
angehörigkeit erworben

1) Durch die Geburt; und zwar erwerben eheliche Kinder
eines Deutſchen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche
Kinder einer Deutſchen die Staatsangehörigkeit der Mutter. (§. 3.)

Es iſt gleichgültig, ob die Geburt im Inlande oder Auslande
erfolgt; ebenſo iſt es unerheblich, ob die Geburt innerhalb Deutſch-
lands im Gebiet des Heimathsſtaates des Vaters (reſp. der Mut-
ter) oder in dem Gebiete eines andern Bundesſtaates ſtattgefunden
hat; und zwar macht auch die Begründung eines wirklichen Wohn-
ſitzes der Eltern außerhalb des Heimathsſtaates keinen Unterſchied
hinſichtlich der Staatsangehörigkeit der Kinder 2). Wenn daher
preußiſche Eheleute ihren Wohnſitz in Sachſen haben, ſo ſind die

1) Riedel S. 271.
2) Der §. 3 des Geſetzes ſagt ganz allgemein: „Durch die Geburt,
auch wenn dieſe im Auslande erfolgt, erwerben ꝛc.“
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[163/0183] §. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit. das Geſetz ſeit dem 1. Januar 1871. In Bayern iſt es einge- führt durch das Reichsgeſetz vom 22. April 1871 und iſt, da dieſes Geſetz in dem am 29. April 1871 ausgegebenen Reichsgeſetzblatt verkündet worden iſt, am 13. Mai 1871 in Geltung getreten 1). In Elſaß-Lothringen iſt das Geſetz eingeführt worden durch Ver- ordnung vom 8. Januar 1873 Art. 2. Dieſelbe iſt im Reichs- geſetzblatt zwar erſt in der am 17. März 1873 ausgegebenen Nummer, im Geſetzblatt für Elſaß-Lothringen dagegen ſchon in der am 14. Januar 1873 ausgegebenen Nummer publi- cirt worden. Bei dieſen Publicationen iſt der §. 27, wonach das Geſetz am 1. Januar 1871 in Kraft tritt, zwar unverändert mit aufgenommen worden, es beruht dies aber lediglich auf einem Redaktionsfehler der Einf.-Verordn. vom 8. Januar 1873; denn man kann unmöglich annehmen, daß der Geſetzgeber dem Geſetz rückwirkende Kraft und zwar bis auf einen Zeitpunkt, in welchem Elſaß-Lothringen noch gar nicht zum Deutſchen Reiche gehörte, habe beilegen wollen. Nach den Vorſchriften dieſes Geſetzes wird die Staatsange- hörigkeit begründet theils ipso iure durch familienrechtliche Ver- hältniſſe theils durch einen ſtaatsrechtlichen Willensact, durch Ver- leihung. I. Auf Grund familienrechtlicher Verhältniſſe wird die Staats- angehörigkeit erworben 1) Durch die Geburt; und zwar erwerben eheliche Kinder eines Deutſchen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Kinder einer Deutſchen die Staatsangehörigkeit der Mutter. (§. 3.) Es iſt gleichgültig, ob die Geburt im Inlande oder Auslande erfolgt; ebenſo iſt es unerheblich, ob die Geburt innerhalb Deutſch- lands im Gebiet des Heimathsſtaates des Vaters (reſp. der Mut- ter) oder in dem Gebiete eines andern Bundesſtaates ſtattgefunden hat; und zwar macht auch die Begründung eines wirklichen Wohn- ſitzes der Eltern außerhalb des Heimathsſtaates keinen Unterſchied hinſichtlich der Staatsangehörigkeit der Kinder 2). Wenn daher preußiſche Eheleute ihren Wohnſitz in Sachſen haben, ſo ſind die 1) Riedel S. 271. 2) Der §. 3 des Geſetzes ſagt ganz allgemein: „Durch die Geburt, auch wenn dieſe im Auslande erfolgt, erwerben ꝛc.“ 11*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/183>, abgerufen am 28.04.2024.