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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
Direktor der Reichsbank Ansichten oder Wünsche, welche bei einer
Sitzung des Kuratoriums geäußert worden sind, ohne Weiteres
zur Geltung bringen -- wenn er will.

Dagegen ist nicht zu bezweifeln, daß das Bank-Kuratorium,
wenn es hinsichtlich der Geschäftsleitung der Reichsbank Mängel
oder Unzuträglichkeiten oder gar Gesetzeswidrigkeiten bemerkt, da-
rüber dem Bundesrath einen Bericht erstatten und dadurch ein
Einschreiten des Bundesrathes nach Art. 7 der R.-V hervorrufen
kann. Hierzu bedarf es aber allerdings eines förmlichen Beschlusses
des Bank-Kuratoriums gar nicht. Die vom Bundesrath gewähl-
ten Mitglieder können die Bemerkungen, zu welchen ihnen der
Bericht über den Zustand und die Operationen der Reichsbank
etwa Veranlassung giebt, der Regierung des Staates, den sie im
Bundesrathe vertreten, mittheilen und es steht dann nach Art. 7
Abs. 2 der R.-V. jedem Bundesgliede frei, Vorschläge dem Bun-
desrathe zu machen.

Der praktische Zweck des Bank-Kuratoriums ist jedenfalls
vorzugsweise darin zu sehen, den Regierungen der Einzelstaaten
einen Einblick in die Geschäftslage und Einrichtungen der Bank
zu ermöglichen.

2. Das Bank-Direktorium 1).

Die Reichsbank ist organisirt nach der allgemeinen Schablone,
nach welcher die Verfassung fast aller Korporationen und insbe-
sondere aller Aktien-Vereine gebildet ist.

Die Organe der juristischen Person sind einerseits die Gene-
ral-Versammlung
der Mitglieder und ein von derselben ge-
bildeter, mit der Wahrnehmung ihrer Rechte betrauter Ausschuß,
der gewöhnlich Aufsichtsrath oder Verwaltungsrath heißt,
für die Kontrole, Beschlußfassung über allgemeine Einrichtungen,
Anordnungen wichtiger Maßregeln, Statutenänderungen u. dgl.
und andererseits der Vorstand oder Direktor für Vertretung und
Geschäftsführung. Bei der Reichsbank ist diese Organisation in
der Art durchgeführt, daß die Eigenthümer der Bank-Antheile
(Aktionäre) die Generalversammlung bilden und aus ihrer
Mitte den Centralausschuß (Aufsichtsrath) wählen 2), daß das

1) Vgl. die Preuß. Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846 §§. 55 ff.
2) Bankges. §§. 30--34. Bankstatut v. 21. Mai 1875 §. 16 ff. (R.-G.-Bl.
S. 206). Von dem Central-Ausschuß werden wieder zum Zweck der fortlau-

§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
Direktor der Reichsbank Anſichten oder Wünſche, welche bei einer
Sitzung des Kuratoriums geäußert worden ſind, ohne Weiteres
zur Geltung bringen — wenn er will.

Dagegen iſt nicht zu bezweifeln, daß das Bank-Kuratorium,
wenn es hinſichtlich der Geſchäftsleitung der Reichsbank Mängel
oder Unzuträglichkeiten oder gar Geſetzeswidrigkeiten bemerkt, da-
rüber dem Bundesrath einen Bericht erſtatten und dadurch ein
Einſchreiten des Bundesrathes nach Art. 7 der R.-V hervorrufen
kann. Hierzu bedarf es aber allerdings eines förmlichen Beſchluſſes
des Bank-Kuratoriums gar nicht. Die vom Bundesrath gewähl-
ten Mitglieder können die Bemerkungen, zu welchen ihnen der
Bericht über den Zuſtand und die Operationen der Reichsbank
etwa Veranlaſſung giebt, der Regierung des Staates, den ſie im
Bundesrathe vertreten, mittheilen und es ſteht dann nach Art. 7
Abſ. 2 der R.-V. jedem Bundesgliede frei, Vorſchläge dem Bun-
desrathe zu machen.

Der praktiſche Zweck des Bank-Kuratoriums iſt jedenfalls
vorzugsweiſe darin zu ſehen, den Regierungen der Einzelſtaaten
einen Einblick in die Geſchäftslage und Einrichtungen der Bank
zu ermöglichen.

2. Das Bank-Direktorium 1).

Die Reichsbank iſt organiſirt nach der allgemeinen Schablone,
nach welcher die Verfaſſung faſt aller Korporationen und insbe-
ſondere aller Aktien-Vereine gebildet iſt.

Die Organe der juriſtiſchen Perſon ſind einerſeits die Gene-
ral-Verſammlung
der Mitglieder und ein von derſelben ge-
bildeter, mit der Wahrnehmung ihrer Rechte betrauter Ausſchuß,
der gewöhnlich Aufſichtsrath oder Verwaltungsrath heißt,
für die Kontrole, Beſchlußfaſſung über allgemeine Einrichtungen,
Anordnungen wichtiger Maßregeln, Statutenänderungen u. dgl.
und andererſeits der Vorſtand oder Direktor für Vertretung und
Geſchäftsführung. Bei der Reichsbank iſt dieſe Organiſation in
der Art durchgeführt, daß die Eigenthümer der Bank-Antheile
(Aktionäre) die Generalverſammlung bilden und aus ihrer
Mitte den Centralausſchuß (Aufſichtsrath) wählen 2), daß das

1) Vgl. die Preuß. Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846 §§. 55 ff.
2) Bankgeſ. §§. 30—34. Bankſtatut v. 21. Mai 1875 §. 16 ff. (R.-G.-Bl.
S. 206). Von dem Central-Ausſchuß werden wieder zum Zweck der fortlau-
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[346/0366] §. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden. Direktor der Reichsbank Anſichten oder Wünſche, welche bei einer Sitzung des Kuratoriums geäußert worden ſind, ohne Weiteres zur Geltung bringen — wenn er will. Dagegen iſt nicht zu bezweifeln, daß das Bank-Kuratorium, wenn es hinſichtlich der Geſchäftsleitung der Reichsbank Mängel oder Unzuträglichkeiten oder gar Geſetzeswidrigkeiten bemerkt, da- rüber dem Bundesrath einen Bericht erſtatten und dadurch ein Einſchreiten des Bundesrathes nach Art. 7 der R.-V hervorrufen kann. Hierzu bedarf es aber allerdings eines förmlichen Beſchluſſes des Bank-Kuratoriums gar nicht. Die vom Bundesrath gewähl- ten Mitglieder können die Bemerkungen, zu welchen ihnen der Bericht über den Zuſtand und die Operationen der Reichsbank etwa Veranlaſſung giebt, der Regierung des Staates, den ſie im Bundesrathe vertreten, mittheilen und es ſteht dann nach Art. 7 Abſ. 2 der R.-V. jedem Bundesgliede frei, Vorſchläge dem Bun- desrathe zu machen. Der praktiſche Zweck des Bank-Kuratoriums iſt jedenfalls vorzugsweiſe darin zu ſehen, den Regierungen der Einzelſtaaten einen Einblick in die Geſchäftslage und Einrichtungen der Bank zu ermöglichen. 2. Das Bank-Direktorium 1). Die Reichsbank iſt organiſirt nach der allgemeinen Schablone, nach welcher die Verfaſſung faſt aller Korporationen und insbe- ſondere aller Aktien-Vereine gebildet iſt. Die Organe der juriſtiſchen Perſon ſind einerſeits die Gene- ral-Verſammlung der Mitglieder und ein von derſelben ge- bildeter, mit der Wahrnehmung ihrer Rechte betrauter Ausſchuß, der gewöhnlich Aufſichtsrath oder Verwaltungsrath heißt, für die Kontrole, Beſchlußfaſſung über allgemeine Einrichtungen, Anordnungen wichtiger Maßregeln, Statutenänderungen u. dgl. und andererſeits der Vorſtand oder Direktor für Vertretung und Geſchäftsführung. Bei der Reichsbank iſt dieſe Organiſation in der Art durchgeführt, daß die Eigenthümer der Bank-Antheile (Aktionäre) die Generalverſammlung bilden und aus ihrer Mitte den Centralausſchuß (Aufſichtsrath) wählen 2), daß das 1) Vgl. die Preuß. Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846 §§. 55 ff. 2) Bankgeſ. §§. 30—34. Bankſtatut v. 21. Mai 1875 §. 16 ff. (R.-G.-Bl. S. 206). Von dem Central-Ausſchuß werden wieder zum Zweck der fortlau-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/366>, abgerufen am 28.04.2024.