Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie.
hang stehendes Geschäft, dessen Betrieb der Post gesetzlich verwehrt
wäre. Andererseits ist die Postanstalt keineswegs gesetzlich ver-
pflichtet, alle diejenigen Geschäfte, denen sie sich thatsächlich unter-
zieht, zu betreiben. Indessen giebt es für einige Zweige des post-
mäßigen Geschäftsbetriebes in der That eine ausdrückliche oder still-
schweigende gesetzliche Grundlage. Soweit nämlich der Postzwang
besteht, ist die Post verpflichtet, das ihr beigelegte Monopol
auch wirklich auszuüben, denn diese Pflicht ist das selbstverständ-
liche und nothwendige Correlat des Rechts auf ausschließlichen Ge-
werbebetrieb 1). Für einige andere Leistungen der Post ist ferner
die dafür zu bezahlende Gebühr gesetzlich normirt, dadurch also
gesetzlich anerkannt, daß sich die Postanstalt mit der Uebernahme
solcher Leistungen zu beschaffen hat. Dies gielt von dem Trans-
port von Packeten 2) und von der Uebernahme von Versicherungen 3).
Sodann enthält das Postgesetz §. 50 die Ermächtigung für den Reichs-
kanzler durch ein Reglement die Gebühren für gewisse Transport-
Geschäfte zu bestimmen, wodurch, wenn auch nicht die gesetzliche
Verpflichtung, so doch die gesetzliche Billigung ausgesprochen ist,
daß die Post mit diesen Geschäften sich befaßt. Dahin gehört die
Beförderung von Reisenden mit den ordentlichen Posten oder mit
Extrapost 4); die Beförderung von unverschlossenen Briefen (Korre-
spondenz- oder Postkarten), ferner von Drucksachen, Waarenproben
und Mustern, sodann von eingeschriebenen (rekommandirten) Sen-
dungen und von Sendungen, welche gegen Behändigungsschein zu-
zustellen sind, endlich von Geldübermittelungen durch Postanwei-
sungen, Vorschuß-Sendungen, Postaufträge u. s. w. 5). Auch durch
die Postverträge, welche das Reich abgeschlossen hat, ergiebt sich
die Verpflichtung der Postverwaltung, mit gewissen Arten von
Transportgeschäften sich zu befassen. So wenig aber die Postver-

1) Ganz bestimmt ausgesprochen ist dieser Grundsatz hinsichtlich des Zei-
tungsdebits im Posttaxgesetz §. 3. Andererseits ruht der Postzwang, so
lange die Postverwaltung in Fällen des Kriegs und gemeiner Gefahr jede
Vertretung ablehnt und Briefe nur auf Gefahr des Absenders zur Beförderung
übernimmt. Postges. §. 15.
2) Posttaxgesetz §. 2.
3) Posttaxgesetz §. 3.
4) Postges. §. 50 Z. 8. Auch enthält das Postges. §. 29 eine Strafbe-
stimmung wegen Defraudation des "Personengeldes".
5) Postges. §. 50 Z. 6.

§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.
hang ſtehendes Geſchäft, deſſen Betrieb der Poſt geſetzlich verwehrt
wäre. Andererſeits iſt die Poſtanſtalt keineswegs geſetzlich ver-
pflichtet, alle diejenigen Geſchäfte, denen ſie ſich thatſächlich unter-
zieht, zu betreiben. Indeſſen giebt es für einige Zweige des poſt-
mäßigen Geſchäftsbetriebes in der That eine ausdrückliche oder ſtill-
ſchweigende geſetzliche Grundlage. Soweit nämlich der Poſtzwang
beſteht, iſt die Poſt verpflichtet, das ihr beigelegte Monopol
auch wirklich auszuüben, denn dieſe Pflicht iſt das ſelbſtverſtänd-
liche und nothwendige Correlat des Rechts auf ausſchließlichen Ge-
werbebetrieb 1). Für einige andere Leiſtungen der Poſt iſt ferner
die dafür zu bezahlende Gebühr geſetzlich normirt, dadurch alſo
geſetzlich anerkannt, daß ſich die Poſtanſtalt mit der Uebernahme
ſolcher Leiſtungen zu beſchaffen hat. Dies gielt von dem Trans-
port von Packeten 2) und von der Uebernahme von Verſicherungen 3).
Sodann enthält das Poſtgeſetz §. 50 die Ermächtigung für den Reichs-
kanzler durch ein Reglement die Gebühren für gewiſſe Transport-
Geſchäfte zu beſtimmen, wodurch, wenn auch nicht die geſetzliche
Verpflichtung, ſo doch die geſetzliche Billigung ausgeſprochen iſt,
daß die Poſt mit dieſen Geſchäften ſich befaßt. Dahin gehört die
Beförderung von Reiſenden mit den ordentlichen Poſten oder mit
Extrapoſt 4); die Beförderung von unverſchloſſenen Briefen (Korre-
ſpondenz- oder Poſtkarten), ferner von Druckſachen, Waarenproben
und Muſtern, ſodann von eingeſchriebenen (rekommandirten) Sen-
dungen und von Sendungen, welche gegen Behändigungsſchein zu-
zuſtellen ſind, endlich von Geldübermittelungen durch Poſtanwei-
ſungen, Vorſchuß-Sendungen, Poſtaufträge u. ſ. w. 5). Auch durch
die Poſtverträge, welche das Reich abgeſchloſſen hat, ergiebt ſich
die Verpflichtung der Poſtverwaltung, mit gewiſſen Arten von
Transportgeſchäften ſich zu befaſſen. So wenig aber die Poſtver-

1) Ganz beſtimmt ausgeſprochen iſt dieſer Grundſatz hinſichtlich des Zei-
tungsdebits im Poſttaxgeſetz §. 3. Andererſeits ruht der Poſtzwang, ſo
lange die Poſtverwaltung in Fällen des Kriegs und gemeiner Gefahr jede
Vertretung ablehnt und Briefe nur auf Gefahr des Abſenders zur Beförderung
übernimmt. Poſtgeſ. §. 15.
2) Poſttaxgeſetz §. 2.
3) Poſttaxgeſetz §. 3.
4) Poſtgeſ. §. 50 Z. 8. Auch enthält das Poſtgeſ. §. 29 eine Strafbe-
ſtimmung wegen Defraudation des „Perſonengeldes“.
5) Poſtgeſ. §. 50 Z. 6.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0313" n="299"/><fw place="top" type="header">§. 71. Die Verwaltung der Po&#x017F;t und Telegraphie.</fw><lb/>
hang &#x017F;tehendes Ge&#x017F;chäft, de&#x017F;&#x017F;en Betrieb der Po&#x017F;t ge&#x017F;etzlich verwehrt<lb/>
wäre. Anderer&#x017F;eits i&#x017F;t die Po&#x017F;tan&#x017F;talt keineswegs ge&#x017F;etzlich ver-<lb/>
pflichtet, alle diejenigen Ge&#x017F;chäfte, denen &#x017F;ie &#x017F;ich that&#x017F;ächlich unter-<lb/>
zieht, zu betreiben. Inde&#x017F;&#x017F;en giebt es für einige Zweige des po&#x017F;t-<lb/>
mäßigen Ge&#x017F;chäftsbetriebes in der That eine ausdrückliche oder &#x017F;till-<lb/>
&#x017F;chweigende ge&#x017F;etzliche Grundlage. Soweit nämlich der Po&#x017F;tzwang<lb/>
be&#x017F;teht, i&#x017F;t die Po&#x017F;t <hi rendition="#g">verpflichtet</hi>, das ihr beigelegte Monopol<lb/>
auch wirklich auszuüben, denn die&#x017F;e Pflicht i&#x017F;t das &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tänd-<lb/>
liche und nothwendige Correlat des Rechts auf aus&#x017F;chließlichen Ge-<lb/>
werbebetrieb <note place="foot" n="1)">Ganz be&#x017F;timmt ausge&#x017F;prochen i&#x017F;t die&#x017F;er Grund&#x017F;atz hin&#x017F;ichtlich des Zei-<lb/>
tungsdebits im Po&#x017F;ttaxge&#x017F;etz §. 3. Anderer&#x017F;eits ruht der <hi rendition="#g">Po&#x017F;tzwang</hi>, &#x017F;o<lb/>
lange die Po&#x017F;tverwaltung in Fällen des Kriegs und gemeiner Gefahr jede<lb/>
Vertretung ablehnt und Briefe nur auf Gefahr des Ab&#x017F;enders zur Beförderung<lb/>
übernimmt. Po&#x017F;tge&#x017F;. §. 15.</note>. Für einige andere Lei&#x017F;tungen der Po&#x017F;t i&#x017F;t ferner<lb/>
die dafür zu bezahlende Gebühr ge&#x017F;etzlich normirt, dadurch al&#x017F;o<lb/>
ge&#x017F;etzlich anerkannt, daß &#x017F;ich die Po&#x017F;tan&#x017F;talt mit der Uebernahme<lb/>
&#x017F;olcher Lei&#x017F;tungen zu be&#x017F;chaffen hat. Dies gielt von dem Trans-<lb/>
port von Packeten <note place="foot" n="2)">Po&#x017F;ttaxge&#x017F;etz §. 2.</note> und von der Uebernahme von Ver&#x017F;icherungen <note place="foot" n="3)">Po&#x017F;ttaxge&#x017F;etz §. 3.</note>.<lb/>
Sodann enthält das Po&#x017F;tge&#x017F;etz §. 50 die Ermächtigung für den Reichs-<lb/>
kanzler durch ein Reglement die Gebühren für gewi&#x017F;&#x017F;e Transport-<lb/>
Ge&#x017F;chäfte zu be&#x017F;timmen, wodurch, wenn auch nicht die ge&#x017F;etzliche<lb/>
Verpflichtung, &#x017F;o doch die ge&#x017F;etzliche Billigung ausge&#x017F;prochen i&#x017F;t,<lb/>
daß die Po&#x017F;t mit die&#x017F;en Ge&#x017F;chäften &#x017F;ich befaßt. Dahin gehört die<lb/>
Beförderung von Rei&#x017F;enden mit den ordentlichen Po&#x017F;ten oder mit<lb/>
Extrapo&#x017F;t <note place="foot" n="4)">Po&#x017F;tge&#x017F;. §. 50 Z. 8. Auch enthält das Po&#x017F;tge&#x017F;. §. 29 eine Strafbe-<lb/>
&#x017F;timmung wegen Defraudation des &#x201E;Per&#x017F;onengeldes&#x201C;.</note>; die Beförderung von unver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Briefen (Korre-<lb/>
&#x017F;pondenz- oder Po&#x017F;tkarten), ferner von Druck&#x017F;achen, Waarenproben<lb/>
und Mu&#x017F;tern, &#x017F;odann von einge&#x017F;chriebenen (rekommandirten) Sen-<lb/>
dungen und von Sendungen, welche gegen Behändigungs&#x017F;chein zu-<lb/>
zu&#x017F;tellen &#x017F;ind, endlich von Geldübermittelungen durch Po&#x017F;tanwei-<lb/>
&#x017F;ungen, Vor&#x017F;chuß-Sendungen, Po&#x017F;taufträge u. &#x017F;. w. <note place="foot" n="5)">Po&#x017F;tge&#x017F;. §. 50 Z. 6.</note>. Auch durch<lb/>
die Po&#x017F;tverträge, welche das Reich abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hat, ergiebt &#x017F;ich<lb/>
die Verpflichtung der Po&#x017F;tverwaltung, mit gewi&#x017F;&#x017F;en Arten von<lb/>
Transportge&#x017F;chäften &#x017F;ich zu befa&#x017F;&#x017F;en. So wenig aber die Po&#x017F;tver-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0313] §. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. hang ſtehendes Geſchäft, deſſen Betrieb der Poſt geſetzlich verwehrt wäre. Andererſeits iſt die Poſtanſtalt keineswegs geſetzlich ver- pflichtet, alle diejenigen Geſchäfte, denen ſie ſich thatſächlich unter- zieht, zu betreiben. Indeſſen giebt es für einige Zweige des poſt- mäßigen Geſchäftsbetriebes in der That eine ausdrückliche oder ſtill- ſchweigende geſetzliche Grundlage. Soweit nämlich der Poſtzwang beſteht, iſt die Poſt verpflichtet, das ihr beigelegte Monopol auch wirklich auszuüben, denn dieſe Pflicht iſt das ſelbſtverſtänd- liche und nothwendige Correlat des Rechts auf ausſchließlichen Ge- werbebetrieb 1). Für einige andere Leiſtungen der Poſt iſt ferner die dafür zu bezahlende Gebühr geſetzlich normirt, dadurch alſo geſetzlich anerkannt, daß ſich die Poſtanſtalt mit der Uebernahme ſolcher Leiſtungen zu beſchaffen hat. Dies gielt von dem Trans- port von Packeten 2) und von der Uebernahme von Verſicherungen 3). Sodann enthält das Poſtgeſetz §. 50 die Ermächtigung für den Reichs- kanzler durch ein Reglement die Gebühren für gewiſſe Transport- Geſchäfte zu beſtimmen, wodurch, wenn auch nicht die geſetzliche Verpflichtung, ſo doch die geſetzliche Billigung ausgeſprochen iſt, daß die Poſt mit dieſen Geſchäften ſich befaßt. Dahin gehört die Beförderung von Reiſenden mit den ordentlichen Poſten oder mit Extrapoſt 4); die Beförderung von unverſchloſſenen Briefen (Korre- ſpondenz- oder Poſtkarten), ferner von Druckſachen, Waarenproben und Muſtern, ſodann von eingeſchriebenen (rekommandirten) Sen- dungen und von Sendungen, welche gegen Behändigungsſchein zu- zuſtellen ſind, endlich von Geldübermittelungen durch Poſtanwei- ſungen, Vorſchuß-Sendungen, Poſtaufträge u. ſ. w. 5). Auch durch die Poſtverträge, welche das Reich abgeſchloſſen hat, ergiebt ſich die Verpflichtung der Poſtverwaltung, mit gewiſſen Arten von Transportgeſchäften ſich zu befaſſen. So wenig aber die Poſtver- 1) Ganz beſtimmt ausgeſprochen iſt dieſer Grundſatz hinſichtlich des Zei- tungsdebits im Poſttaxgeſetz §. 3. Andererſeits ruht der Poſtzwang, ſo lange die Poſtverwaltung in Fällen des Kriegs und gemeiner Gefahr jede Vertretung ablehnt und Briefe nur auf Gefahr des Abſenders zur Beförderung übernimmt. Poſtgeſ. §. 15. 2) Poſttaxgeſetz §. 2. 3) Poſttaxgeſetz §. 3. 4) Poſtgeſ. §. 50 Z. 8. Auch enthält das Poſtgeſ. §. 29 eine Strafbe- ſtimmung wegen Defraudation des „Perſonengeldes“. 5) Poſtgeſ. §. 50 Z. 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/313
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/313>, abgerufen am 26.04.2024.