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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 72. Die Verwaltung des Eisenbahnwesens.
steht den Eiseubahnverwaltungen gegen die Verfügungen der Reichs-
behörden keinerlei Beschwerde- oder Rekursrecht mit aufschiebender
Wirkung zu, sie müssen vielmehr "unweigerlich" Folge leisten. Eben-
so wenig haben sie ein Mitbestimmungsrecht über die Tarife für
die Transporte von Truppen und Kriegsmaterial; die Entschädigung
soll vielmehr für sämmtliche Eisenbahnen die gleiche sein 1) und
ist vom Reich festzustellen.

Eine nähere Präzisirung haben die im Art. 47 der R.V. ent-
haltenen Grundsätze hinsichtlich des Maaßes der Leistungen, welche
von den Eisenbahn-Verwaltungen gefordert werden dürfen, durch
die Reichsgesetze über die Militairlasten erhalten. Diese Gesetze
unterscheiden zwischen Kriegsleistungen und zwischen Natural-
leistungen für die bewaffnete Macht im Frieden; jene sind normirt
in dem Reichsgesetz v. 13. Juni 1873 §§. 28--31 2); diese durch
das Reichsgesetz vom 13. Febr. 1875 §. 15 3), welches die Fest-
stellung des Tarifs für Militairtransporte dem Bundesrath über-
trägt.

Die nähere Darstellung der den Eisenbahn-Verwaltungen für
militairische Zwecke obliegenden Verpflichtungen wird unten bei der
Erörterung des Heerwesens im Zusammenhange mit den andern
finanziellen Militairlasten gegeben werden.

VI. Das Verhältniß der Eisenbahn-Verwaltungen zur Post-
und Telegraphen-Verwaltung
ist im vorhergehenden
Paragraphen erörtert worden. Die den Eisenbahn-Verwaltungen
im Interesse der Zollverwaltung obliegenden Verpflichtungen
werden bei dem Reichsfinanzwesen zur Darstellung kommen; eben
dahin gehört die Besprechung der im Eigenthum und Betrieb des
Reichsfiskus befindlichen Bahnen.

Ueber die Einrichtung und Kompetenz des Reichs-Eisen-
bahn-Amts
vgl. Bd. I. S. 341 ff. 380 fg.


1) In dieser Weise ist der Ausdruck bei den Berathungen des konstitui-
renden Reichstags von 1867 von dem Minister Delbrück interpretirt worden.
Stenogr. Berichte S. 509.
2) R.-G.-Bl. 1873 S. 136.
3) R.-G.-Bl. 1875 S. 57.

§. 72. Die Verwaltung des Eiſenbahnweſens.
ſteht den Eiſeubahnverwaltungen gegen die Verfügungen der Reichs-
behörden keinerlei Beſchwerde- oder Rekursrecht mit aufſchiebender
Wirkung zu, ſie müſſen vielmehr „unweigerlich“ Folge leiſten. Eben-
ſo wenig haben ſie ein Mitbeſtimmungsrecht über die Tarife für
die Transporte von Truppen und Kriegsmaterial; die Entſchädigung
ſoll vielmehr für ſämmtliche Eiſenbahnen die gleiche ſein 1) und
iſt vom Reich feſtzuſtellen.

Eine nähere Präziſirung haben die im Art. 47 der R.V. ent-
haltenen Grundſätze hinſichtlich des Maaßes der Leiſtungen, welche
von den Eiſenbahn-Verwaltungen gefordert werden dürfen, durch
die Reichsgeſetze über die Militairlaſten erhalten. Dieſe Geſetze
unterſcheiden zwiſchen Kriegsleiſtungen und zwiſchen Natural-
leiſtungen für die bewaffnete Macht im Frieden; jene ſind normirt
in dem Reichsgeſetz v. 13. Juni 1873 §§. 28—31 2); dieſe durch
das Reichsgeſetz vom 13. Febr. 1875 §. 15 3), welches die Feſt-
ſtellung des Tarifs für Militairtransporte dem Bundesrath über-
trägt.

Die nähere Darſtellung der den Eiſenbahn-Verwaltungen für
militairiſche Zwecke obliegenden Verpflichtungen wird unten bei der
Erörterung des Heerweſens im Zuſammenhange mit den andern
finanziellen Militairlaſten gegeben werden.

VI. Das Verhältniß der Eiſenbahn-Verwaltungen zur Poſt-
und Telegraphen-Verwaltung
iſt im vorhergehenden
Paragraphen erörtert worden. Die den Eiſenbahn-Verwaltungen
im Intereſſe der Zollverwaltung obliegenden Verpflichtungen
werden bei dem Reichsfinanzweſen zur Darſtellung kommen; eben
dahin gehört die Beſprechung der im Eigenthum und Betrieb des
Reichsfiskus befindlichen Bahnen.

Ueber die Einrichtung und Kompetenz des Reichs-Eiſen-
bahn-Amts
vgl. Bd. I. S. 341 ff. 380 fg.


1) In dieſer Weiſe iſt der Ausdruck bei den Berathungen des konſtitui-
renden Reichstags von 1867 von dem Miniſter Delbrück interpretirt worden.
Stenogr. Berichte S. 509.
2) R.-G.-Bl. 1873 S. 136.
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[379/0393] §. 72. Die Verwaltung des Eiſenbahnweſens. ſteht den Eiſeubahnverwaltungen gegen die Verfügungen der Reichs- behörden keinerlei Beſchwerde- oder Rekursrecht mit aufſchiebender Wirkung zu, ſie müſſen vielmehr „unweigerlich“ Folge leiſten. Eben- ſo wenig haben ſie ein Mitbeſtimmungsrecht über die Tarife für die Transporte von Truppen und Kriegsmaterial; die Entſchädigung ſoll vielmehr für ſämmtliche Eiſenbahnen die gleiche ſein 1) und iſt vom Reich feſtzuſtellen. Eine nähere Präziſirung haben die im Art. 47 der R.V. ent- haltenen Grundſätze hinſichtlich des Maaßes der Leiſtungen, welche von den Eiſenbahn-Verwaltungen gefordert werden dürfen, durch die Reichsgeſetze über die Militairlaſten erhalten. Dieſe Geſetze unterſcheiden zwiſchen Kriegsleiſtungen und zwiſchen Natural- leiſtungen für die bewaffnete Macht im Frieden; jene ſind normirt in dem Reichsgeſetz v. 13. Juni 1873 §§. 28—31 2); dieſe durch das Reichsgeſetz vom 13. Febr. 1875 §. 15 3), welches die Feſt- ſtellung des Tarifs für Militairtransporte dem Bundesrath über- trägt. Die nähere Darſtellung der den Eiſenbahn-Verwaltungen für militairiſche Zwecke obliegenden Verpflichtungen wird unten bei der Erörterung des Heerweſens im Zuſammenhange mit den andern finanziellen Militairlaſten gegeben werden. VI. Das Verhältniß der Eiſenbahn-Verwaltungen zur Poſt- und Telegraphen-Verwaltung iſt im vorhergehenden Paragraphen erörtert worden. Die den Eiſenbahn-Verwaltungen im Intereſſe der Zollverwaltung obliegenden Verpflichtungen werden bei dem Reichsfinanzweſen zur Darſtellung kommen; eben dahin gehört die Beſprechung der im Eigenthum und Betrieb des Reichsfiskus befindlichen Bahnen. Ueber die Einrichtung und Kompetenz des Reichs-Eiſen- bahn-Amts vgl. Bd. I. S. 341 ff. 380 fg. 1) In dieſer Weiſe iſt der Ausdruck bei den Berathungen des konſtitui- renden Reichstags von 1867 von dem Miniſter Delbrück interpretirt worden. Stenogr. Berichte S. 509. 2) R.-G.-Bl. 1873 S. 136. 3) R.-G.-Bl. 1875 S. 57.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/393>, abgerufen am 26.04.2024.