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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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XI. Hauptstück.
locale Ordnung statt hat, und welche daher desto
ehender haben Anlaß geben können, in der Welt
einen blinden Zufall zu setzen. Da wir aber oben
gesehen haben, daß auch in Reihen von Nummern,
welche in Ansehung ihrer Bildung oder Berechnung
eine geometrische Nothwendigkeit des Aufeinander-
folgens haben, ein völliger Mangel von localer Ord-
nung vorkommen könne (§. 319. seqq.), so läßt sich
es bloß aus einem solchen Mangel der localen Ord-
nung noch gar nicht auf den blinden Zufall schließen,
und es ist sich um desto weniger zu verwundern, daß
solche Veränderungsreihen, worinn vollends keine
locale Ordnung ist, in der Welt vorkommen, weil
sie bey sehr einfachen und nothwendigen Gesetzen eben-
falls vorkommen können. Jn der wirklichen Welt
ist alles bis auf unendlich kleine Theile der Größe und
der Grade individual, und die einfachern Perioden
sind einander incommensurabel, so daß wenn sie auch
keine allmähliche Aenderung litten, sie dennoch nie
genau wieder zusammentreffen würden. So unor-
dentlich z. E. die barometrischen Veränderungen sind,
so kann man dennoch zeigen, daß wenige an sich or-
dentliche und periodische Ursachen, deren Perioden
einander incommensurabel sind, Veränderungen in
der Schwere der Luft herfürbringen können, die den
observirten barometrischen, in Ansehung der Unord-
nung, nichts nachgeben. So ist auch bey diesen Ver-
änderungen die Unordnung an sich nicht so groß, als
bey den vorhin angeführten Decimalreihen der Wur-
zeln, weil die Schwere der Luft durch unendlich kleine
Stufen ab- und zunimmt, und die größern und schnel-
lern Veränderungen seltener sind, und dabey nichts
durch einen Sprung geschieht. Man kann auch,
wenn man nichts anders als eine Reihe von Obser-

vationen

XI. Hauptſtuͤck.
locale Ordnung ſtatt hat, und welche daher deſto
ehender haben Anlaß geben koͤnnen, in der Welt
einen blinden Zufall zu ſetzen. Da wir aber oben
geſehen haben, daß auch in Reihen von Nummern,
welche in Anſehung ihrer Bildung oder Berechnung
eine geometriſche Nothwendigkeit des Aufeinander-
folgens haben, ein voͤlliger Mangel von localer Ord-
nung vorkommen koͤnne (§. 319. ſeqq.), ſo laͤßt ſich
es bloß aus einem ſolchen Mangel der localen Ord-
nung noch gar nicht auf den blinden Zufall ſchließen,
und es iſt ſich um deſto weniger zu verwundern, daß
ſolche Veraͤnderungsreihen, worinn vollends keine
locale Ordnung iſt, in der Welt vorkommen, weil
ſie bey ſehr einfachen und nothwendigen Geſetzen eben-
falls vorkommen koͤnnen. Jn der wirklichen Welt
iſt alles bis auf unendlich kleine Theile der Groͤße und
der Grade individual, und die einfachern Perioden
ſind einander incommenſurabel, ſo daß wenn ſie auch
keine allmaͤhliche Aenderung litten, ſie dennoch nie
genau wieder zuſammentreffen wuͤrden. So unor-
dentlich z. E. die barometriſchen Veraͤnderungen ſind,
ſo kann man dennoch zeigen, daß wenige an ſich or-
dentliche und periodiſche Urſachen, deren Perioden
einander incommenſurabel ſind, Veraͤnderungen in
der Schwere der Luft herfuͤrbringen koͤnnen, die den
obſervirten barometriſchen, in Anſehung der Unord-
nung, nichts nachgeben. So iſt auch bey dieſen Ver-
aͤnderungen die Unordnung an ſich nicht ſo groß, als
bey den vorhin angefuͤhrten Decimalreihen der Wur-
zeln, weil die Schwere der Luft durch unendlich kleine
Stufen ab- und zunimmt, und die groͤßern und ſchnel-
lern Veraͤnderungen ſeltener ſind, und dabey nichts
durch einen Sprung geſchieht. Man kann auch,
wenn man nichts anders als eine Reihe von Obſer-

vationen
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[326/0362] XI. Hauptſtuͤck. locale Ordnung ſtatt hat, und welche daher deſto ehender haben Anlaß geben koͤnnen, in der Welt einen blinden Zufall zu ſetzen. Da wir aber oben geſehen haben, daß auch in Reihen von Nummern, welche in Anſehung ihrer Bildung oder Berechnung eine geometriſche Nothwendigkeit des Aufeinander- folgens haben, ein voͤlliger Mangel von localer Ord- nung vorkommen koͤnne (§. 319. ſeqq.), ſo laͤßt ſich es bloß aus einem ſolchen Mangel der localen Ord- nung noch gar nicht auf den blinden Zufall ſchließen, und es iſt ſich um deſto weniger zu verwundern, daß ſolche Veraͤnderungsreihen, worinn vollends keine locale Ordnung iſt, in der Welt vorkommen, weil ſie bey ſehr einfachen und nothwendigen Geſetzen eben- falls vorkommen koͤnnen. Jn der wirklichen Welt iſt alles bis auf unendlich kleine Theile der Groͤße und der Grade individual, und die einfachern Perioden ſind einander incommenſurabel, ſo daß wenn ſie auch keine allmaͤhliche Aenderung litten, ſie dennoch nie genau wieder zuſammentreffen wuͤrden. So unor- dentlich z. E. die barometriſchen Veraͤnderungen ſind, ſo kann man dennoch zeigen, daß wenige an ſich or- dentliche und periodiſche Urſachen, deren Perioden einander incommenſurabel ſind, Veraͤnderungen in der Schwere der Luft herfuͤrbringen koͤnnen, die den obſervirten barometriſchen, in Anſehung der Unord- nung, nichts nachgeben. So iſt auch bey dieſen Ver- aͤnderungen die Unordnung an ſich nicht ſo groß, als bey den vorhin angefuͤhrten Decimalreihen der Wur- zeln, weil die Schwere der Luft durch unendlich kleine Stufen ab- und zunimmt, und die groͤßern und ſchnel- lern Veraͤnderungen ſeltener ſind, und dabey nichts durch einen Sprung geſchieht. Man kann auch, wenn man nichts anders als eine Reihe von Obſer- vationen

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/362>, abgerufen am 30.04.2024.