Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XII. Hauptstück.
lichsten und vollkommensten Verflechtung des
Aehnlichen und Verschiedenen in einer Sache
anzeigen.
Das zu viel Aehnliche und das zu viel
Verschiedene misfällt, und das Verhältniß zwischen
beyden kann so verändert werden, daß es ab- und zu-
nimmt, und daher irgend ein Maximum hat. Man
sieht leicht, daß dieses auf solche Fälle geht, wo man
die Wahl behält, in einer Sache Aehnlichkeiten und
Verschiedenheiten durch einander zu mengen, wie
z. E. in einem Garten die Anordnung der Betten,
Geländer, Pflanzen, Gänge, Grotten, Springbrünne,
Statuen etc. oder wie in Gedichten und Reden die
Anordnung der Wörter, Redensarten, Gleichnisse,
Gegensätze etc. Jn solchen Fällen fordert man bey
dem ähnlichen Verschiedenheiten, und hinwiederum
Aehnlichkeiten bey dem Verschiedenen, und der Grund
ist, weil man bey dem Anschauen einer solchen An-
ordnung mehrere Regeln wahrnimmt, oder mehr zu
denken findet. Man muß aber Regeln wahrneh-
men können, und sie müssen durch solche
Theile durchlaufen, die zum Ganzen ein Ver-
hältniß haben, und an sich als ein Ganzes
betrachtet werden können,
wie z. E. in einem
Garten die Ecken, die Mitte des Gartens, der Wän-
de, Wege etc. Auf diese Art fängt man bey de-
nen Regeln an, die am unmittelbarsten das
Ganze angehen und zugleich noch am meisten
unbestimmt lassen, und nimmt sodann, um
dieses zu bestimmen, specialere Regeln zu Hül-
fe, bis man jede einzelne Theile bestimmet hat.

Man sieht leicht, daß was durch die ersten Regeln
schon bestimmet ist, durch die folgenden nicht noch
einmal bestimmet werden kann, und daß man folg-
lich bey der Auswahl und Anwendung der letztern

durch

XII. Hauptſtuͤck.
lichſten und vollkommenſten Verflechtung des
Aehnlichen und Verſchiedenen in einer Sache
anzeigen.
Das zu viel Aehnliche und das zu viel
Verſchiedene misfaͤllt, und das Verhaͤltniß zwiſchen
beyden kann ſo veraͤndert werden, daß es ab- und zu-
nimmt, und daher irgend ein Maximum hat. Man
ſieht leicht, daß dieſes auf ſolche Faͤlle geht, wo man
die Wahl behaͤlt, in einer Sache Aehnlichkeiten und
Verſchiedenheiten durch einander zu mengen, wie
z. E. in einem Garten die Anordnung der Betten,
Gelaͤnder, Pflanzen, Gaͤnge, Grotten, Springbruͤnne,
Statuen ꝛc. oder wie in Gedichten und Reden die
Anordnung der Woͤrter, Redensarten, Gleichniſſe,
Gegenſaͤtze ꝛc. Jn ſolchen Faͤllen fordert man bey
dem aͤhnlichen Verſchiedenheiten, und hinwiederum
Aehnlichkeiten bey dem Verſchiedenen, und der Grund
iſt, weil man bey dem Anſchauen einer ſolchen An-
ordnung mehrere Regeln wahrnimmt, oder mehr zu
denken findet. Man muß aber Regeln wahrneh-
men koͤnnen, und ſie muͤſſen durch ſolche
Theile durchlaufen, die zum Ganzen ein Ver-
haͤltniß haben, und an ſich als ein Ganzes
betrachtet werden koͤnnen,
wie z. E. in einem
Garten die Ecken, die Mitte des Gartens, der Waͤn-
de, Wege ꝛc. Auf dieſe Art faͤngt man bey de-
nen Regeln an, die am unmittelbarſten das
Ganze angehen und zugleich noch am meiſten
unbeſtimmt laſſen, und nimmt ſodann, um
dieſes zu beſtimmen, ſpecialere Regeln zu Huͤl-
fe, bis man jede einzelne Theile beſtimmet hat.

Man ſieht leicht, daß was durch die erſten Regeln
ſchon beſtimmet iſt, durch die folgenden nicht noch
einmal beſtimmet werden kann, und daß man folg-
lich bey der Auswahl und Anwendung der letztern

durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0380" n="344"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">lich&#x017F;ten und vollkommen&#x017F;ten Verflechtung des<lb/>
Aehnlichen und Ver&#x017F;chiedenen in einer Sache<lb/>
anzeigen.</hi> Das zu viel Aehnliche und das zu viel<lb/>
Ver&#x017F;chiedene misfa&#x0364;llt, und das Verha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen<lb/>
beyden kann &#x017F;o vera&#x0364;ndert werden, daß es ab- und zu-<lb/>
nimmt, und daher irgend ein <hi rendition="#aq">Maximum</hi> hat. Man<lb/>
&#x017F;ieht leicht, daß die&#x017F;es auf &#x017F;olche Fa&#x0364;lle geht, wo man<lb/>
die Wahl beha&#x0364;lt, in einer Sache Aehnlichkeiten und<lb/>
Ver&#x017F;chiedenheiten durch einander zu mengen, wie<lb/>
z. E. in einem Garten die Anordnung der Betten,<lb/>
Gela&#x0364;nder, Pflanzen, Ga&#x0364;nge, Grotten, Springbru&#x0364;nne,<lb/>
Statuen &#xA75B;c. oder wie in Gedichten und Reden die<lb/>
Anordnung der Wo&#x0364;rter, Redensarten, Gleichni&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
Gegen&#x017F;a&#x0364;tze &#xA75B;c. Jn &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen fordert man bey<lb/>
dem a&#x0364;hnlichen Ver&#x017F;chiedenheiten, und hinwiederum<lb/>
Aehnlichkeiten bey dem Ver&#x017F;chiedenen, und der Grund<lb/>
i&#x017F;t, weil man bey dem An&#x017F;chauen einer &#x017F;olchen An-<lb/>
ordnung mehrere Regeln wahrnimmt, oder mehr zu<lb/>
denken findet. Man muß aber <hi rendition="#fr">Regeln wahrneh-<lb/>
men ko&#x0364;nnen, und &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en durch &#x017F;olche<lb/>
Theile durchlaufen, die zum Ganzen ein Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß haben, und an &#x017F;ich als ein Ganzes<lb/>
betrachtet werden ko&#x0364;nnen,</hi> wie z. E. in einem<lb/>
Garten die Ecken, die Mitte des Gartens, der Wa&#x0364;n-<lb/>
de, Wege &#xA75B;c. Auf die&#x017F;e Art <hi rendition="#fr">fa&#x0364;ngt man bey de-<lb/>
nen Regeln an, die am unmittelbar&#x017F;ten das<lb/>
Ganze angehen und zugleich noch am mei&#x017F;ten<lb/>
unbe&#x017F;timmt la&#x017F;&#x017F;en, und nimmt &#x017F;odann, um<lb/>
die&#x017F;es zu be&#x017F;timmen, &#x017F;pecialere Regeln zu Hu&#x0364;l-<lb/>
fe, bis man jede einzelne Theile be&#x017F;timmet hat.</hi><lb/>
Man &#x017F;ieht leicht, daß was durch die er&#x017F;ten Regeln<lb/>
&#x017F;chon be&#x017F;timmet i&#x017F;t, durch die folgenden nicht noch<lb/>
einmal be&#x017F;timmet werden kann, und daß man folg-<lb/>
lich bey der Auswahl und Anwendung der letztern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0380] XII. Hauptſtuͤck. lichſten und vollkommenſten Verflechtung des Aehnlichen und Verſchiedenen in einer Sache anzeigen. Das zu viel Aehnliche und das zu viel Verſchiedene misfaͤllt, und das Verhaͤltniß zwiſchen beyden kann ſo veraͤndert werden, daß es ab- und zu- nimmt, und daher irgend ein Maximum hat. Man ſieht leicht, daß dieſes auf ſolche Faͤlle geht, wo man die Wahl behaͤlt, in einer Sache Aehnlichkeiten und Verſchiedenheiten durch einander zu mengen, wie z. E. in einem Garten die Anordnung der Betten, Gelaͤnder, Pflanzen, Gaͤnge, Grotten, Springbruͤnne, Statuen ꝛc. oder wie in Gedichten und Reden die Anordnung der Woͤrter, Redensarten, Gleichniſſe, Gegenſaͤtze ꝛc. Jn ſolchen Faͤllen fordert man bey dem aͤhnlichen Verſchiedenheiten, und hinwiederum Aehnlichkeiten bey dem Verſchiedenen, und der Grund iſt, weil man bey dem Anſchauen einer ſolchen An- ordnung mehrere Regeln wahrnimmt, oder mehr zu denken findet. Man muß aber Regeln wahrneh- men koͤnnen, und ſie muͤſſen durch ſolche Theile durchlaufen, die zum Ganzen ein Ver- haͤltniß haben, und an ſich als ein Ganzes betrachtet werden koͤnnen, wie z. E. in einem Garten die Ecken, die Mitte des Gartens, der Waͤn- de, Wege ꝛc. Auf dieſe Art faͤngt man bey de- nen Regeln an, die am unmittelbarſten das Ganze angehen und zugleich noch am meiſten unbeſtimmt laſſen, und nimmt ſodann, um dieſes zu beſtimmen, ſpecialere Regeln zu Huͤl- fe, bis man jede einzelne Theile beſtimmet hat. Man ſieht leicht, daß was durch die erſten Regeln ſchon beſtimmet iſt, durch die folgenden nicht noch einmal beſtimmet werden kann, und daß man folg- lich bey der Auswahl und Anwendung der letztern durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/380
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/380>, abgerufen am 29.04.2024.