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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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Das Volle und das Durchgängige.
Multiplicirens, Dividirens und auf die Ausziehung
der Wurzeln reducirt, weil die Zeichen + - ·: sqrt,
nichts anders bedeuten. Die algebraische Auflösung
der Aufgaben giebt demnach an, welche und wie viele
solcher Operationen vorzunehmen sind, wenn das Ge-
suchte soll gefunden werden. Es ist für sich klar,
daß dieses sowohl durch Rechnen als durch die Con-
struction geschehen kann. Jm Rechnen weiß man,
daß das Addiren und Subtrahiren kürzer ist als das
Multipliciren und Dividiren, und auch dieses kürzer
und einfacher als die Ausziehung der Wurzeln, und
man hat aus diesem Grunde die Logarithmen erfun-
den und eingeführet. Auf diese Art zieht man z. E.
den Ausdruck ab + ac in a (b + c) zusammen, weil
man dadurch eine Multiplication erspart. Eben so
verwandelt man aa - bb in (a + b) · (a - b), weil
dieses besonders bey großen Zahlen kürzer ist, und
weil man bey dieser Formel die Logarithmen bequemer
gebrauchen kann. Bey den Constructionen sind sol-
che Abkürzungen noch beträchtlicher, aber man muß
aus andern Gründen wissen, wie sie zusammenzu-
richten sind. So z. E. würde man den Ausdruck sqrt
(aa - ab + bb) vermittelst des Pythagorischen Satzes
weitläuftig construiren, wenn man erst aus ab ein
Quadrat machen, und es von der Summe der Qua-
drate aa + bb abziehen wollte. Weiß man aber,
daß sqrt (aa - ab + bb) = sqrt (ba + (a - b) 2) ist, so
wird die Construction kürzer. Am kürzesten aber
und zugleich am verständlichsten wird sie, wenn man
saget, sqrt (aa - ab + bb) sey die Seite eines Trian-
gels, dessen zwo andere Seiten a, b sind, und einen
Winkel von sechzig Graden einschließen. Dieses
findet sich, wenn man den fürgegebenen Ausdruck
in sqrt ((a - 1/2 b)2 + 3/4 b2) verwandelt. Denn b sqrt 3/4 ist

die
Z 3

Das Volle und das Durchgaͤngige.
Multiplicirens, Dividirens und auf die Ausziehung
der Wurzeln reducirt, weil die Zeichen + ‒ ·: √,
nichts anders bedeuten. Die algebraiſche Aufloͤſung
der Aufgaben giebt demnach an, welche und wie viele
ſolcher Operationen vorzunehmen ſind, wenn das Ge-
ſuchte ſoll gefunden werden. Es iſt fuͤr ſich klar,
daß dieſes ſowohl durch Rechnen als durch die Con-
ſtruction geſchehen kann. Jm Rechnen weiß man,
daß das Addiren und Subtrahiren kuͤrzer iſt als das
Multipliciren und Dividiren, und auch dieſes kuͤrzer
und einfacher als die Ausziehung der Wurzeln, und
man hat aus dieſem Grunde die Logarithmen erfun-
den und eingefuͤhret. Auf dieſe Art zieht man z. E.
den Ausdruck ab + ac in a (b + c) zuſammen, weil
man dadurch eine Multiplication erſpart. Eben ſo
verwandelt man aa ‒ bb in (a + b) · (a ‒ b), weil
dieſes beſonders bey großen Zahlen kuͤrzer iſt, und
weil man bey dieſer Formel die Logarithmen bequemer
gebrauchen kann. Bey den Conſtructionen ſind ſol-
che Abkuͤrzungen noch betraͤchtlicher, aber man muß
aus andern Gruͤnden wiſſen, wie ſie zuſammenzu-
richten ſind. So z. E. wuͤrde man den Ausdruck √
(aa ‒ ab + bb) vermittelſt des Pythagoriſchen Satzes
weitlaͤuftig conſtruiren, wenn man erſt aus ab ein
Quadrat machen, und es von der Summe der Qua-
drate aa + bb abziehen wollte. Weiß man aber,
daß √ (aa ‒ ab + bb) = √ (ba + (a ‒ b) 2) iſt, ſo
wird die Conſtruction kuͤrzer. Am kuͤrzeſten aber
und zugleich am verſtaͤndlichſten wird ſie, wenn man
ſaget, √ (aa ‒ ab + bb) ſey die Seite eines Trian-
gels, deſſen zwo andere Seiten a, b ſind, und einen
Winkel von ſechzig Graden einſchließen. Dieſes
findet ſich, wenn man den fuͤrgegebenen Ausdruck
in √ ((a ‒ ½ b)2 + ¾ b2) verwandelt. Denn b √ ¾ iſt

die
Z 3
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[357/0393] Das Volle und das Durchgaͤngige. Multiplicirens, Dividirens und auf die Ausziehung der Wurzeln reducirt, weil die Zeichen + ‒ ·: √, nichts anders bedeuten. Die algebraiſche Aufloͤſung der Aufgaben giebt demnach an, welche und wie viele ſolcher Operationen vorzunehmen ſind, wenn das Ge- ſuchte ſoll gefunden werden. Es iſt fuͤr ſich klar, daß dieſes ſowohl durch Rechnen als durch die Con- ſtruction geſchehen kann. Jm Rechnen weiß man, daß das Addiren und Subtrahiren kuͤrzer iſt als das Multipliciren und Dividiren, und auch dieſes kuͤrzer und einfacher als die Ausziehung der Wurzeln, und man hat aus dieſem Grunde die Logarithmen erfun- den und eingefuͤhret. Auf dieſe Art zieht man z. E. den Ausdruck ab + ac in a (b + c) zuſammen, weil man dadurch eine Multiplication erſpart. Eben ſo verwandelt man aa ‒ bb in (a + b) · (a ‒ b), weil dieſes beſonders bey großen Zahlen kuͤrzer iſt, und weil man bey dieſer Formel die Logarithmen bequemer gebrauchen kann. Bey den Conſtructionen ſind ſol- che Abkuͤrzungen noch betraͤchtlicher, aber man muß aus andern Gruͤnden wiſſen, wie ſie zuſammenzu- richten ſind. So z. E. wuͤrde man den Ausdruck √ (aa ‒ ab + bb) vermittelſt des Pythagoriſchen Satzes weitlaͤuftig conſtruiren, wenn man erſt aus ab ein Quadrat machen, und es von der Summe der Qua- drate aa + bb abziehen wollte. Weiß man aber, daß √ (aa ‒ ab + bb) = √ (ba + (a ‒ b) 2) iſt, ſo wird die Conſtruction kuͤrzer. Am kuͤrzeſten aber und zugleich am verſtaͤndlichſten wird ſie, wenn man ſaget, √ (aa ‒ ab + bb) ſey die Seite eines Trian- gels, deſſen zwo andere Seiten a, b ſind, und einen Winkel von ſechzig Graden einſchließen. Dieſes findet ſich, wenn man den fuͤrgegebenen Ausdruck in √ ((a ‒ ½ b)2 + ¾ b2) verwandelt. Denn b √ ¾ iſt die Z 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/393>, abgerufen am 27.04.2024.