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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem Wahrscheinlichen.
gen 1/3 der Merkmale des A habe? Wird beydes be-
jaht, so läßt sich der Schluß ziehen. Findet man un-
ter den 2/3 A, von welchen man weiß, daß sie Prädicate
von C sind, eigene Merkmale des A, so ist die Jndu-
ction für den Untersatz überflüßig, und sie wird es auch
in Ansehung des Obersatzes, wenn man in A eigene
Merkmale des B findet. Letzteres geht nun nicht an,
wenn nur 3/4 A das Prädicat B haben, die übrigen 1/4 A
es nicht haben. Jn diesem Fall theilt sich der Begriff
A in Arten, deren jede ihre eigene Merkmale hat, die
man aufsuchen, und mit dem Begriffe C vergleichen
kann. Endlich, da solche Schlüsse als Veranlassungen
angesehen werden können, die Begriffe C, B unmittel-
bar mit einander zu vergleichen, so kann man auch die
eigenen Merkmale des B aufsuchen, und sodann sehen,
ob sie dem C zukommen oder nicht?

§. 221. Da wir in der Dianoiologie (§. 229. seqq.)
den Unterschied der vier Schlußsiguren in Absicht auf
ihren Gebrauch umständlich angegeben und erwiesen
haben, so ist nicht zu zweifeln, daß dieser Unterschied sich
nicht auch auf wahrscheinliche Schlüsse erstrecke, und
die Vergleichung desselben mit dem vorhin (§. 203.
seqq.) in Absicht auf das Mittelglied angemerkten Un-
terschiede, zu mehreren specialern und brauchbaren Be-
griffen und Sätzen Anlaß gebe, die uns die Arten, wie
wir in besondern Fällen zu wahrscheinlichen Sätzen ge-
langen, kenntlicher machen, und eben so auch näher be-
stimmen, wie sich die Gründe zum Bejahen von den
Gründen zum Verneinen unterscheiden, und aus wel-
chen Quellen beyde herfließen. Wir halten uns aber
hier bey dieser an sich sehr weitläuftigen Untersuchung
nicht auf, sondern werden nur einige dahin dienende all-
gemeinere Betrachtungen anführen.

§. 222. Die erste ist diese: Daß ein bloß wahr-
scheinlicher Satz weder ein Grundsatz, noch ein aus

Grün-

Von dem Wahrſcheinlichen.
gen ⅓ der Merkmale des A habe? Wird beydes be-
jaht, ſo laͤßt ſich der Schluß ziehen. Findet man un-
ter den ⅔ A, von welchen man weiß, daß ſie Praͤdicate
von C ſind, eigene Merkmale des A, ſo iſt die Jndu-
ction fuͤr den Unterſatz uͤberfluͤßig, und ſie wird es auch
in Anſehung des Oberſatzes, wenn man in A eigene
Merkmale des B findet. Letzteres geht nun nicht an,
wenn nur ¾ A das Praͤdicat B haben, die uͤbrigen ¼ A
es nicht haben. Jn dieſem Fall theilt ſich der Begriff
A in Arten, deren jede ihre eigene Merkmale hat, die
man aufſuchen, und mit dem Begriffe C vergleichen
kann. Endlich, da ſolche Schluͤſſe als Veranlaſſungen
angeſehen werden koͤnnen, die Begriffe C, B unmittel-
bar mit einander zu vergleichen, ſo kann man auch die
eigenen Merkmale des B aufſuchen, und ſodann ſehen,
ob ſie dem C zukommen oder nicht?

§. 221. Da wir in der Dianoiologie (§. 229. ſeqq.)
den Unterſchied der vier Schlußſiguren in Abſicht auf
ihren Gebrauch umſtaͤndlich angegeben und erwieſen
haben, ſo iſt nicht zu zweifeln, daß dieſer Unterſchied ſich
nicht auch auf wahrſcheinliche Schluͤſſe erſtrecke, und
die Vergleichung deſſelben mit dem vorhin (§. 203.
ſeqq.) in Abſicht auf das Mittelglied angemerkten Un-
terſchiede, zu mehreren ſpecialern und brauchbaren Be-
griffen und Saͤtzen Anlaß gebe, die uns die Arten, wie
wir in beſondern Faͤllen zu wahrſcheinlichen Saͤtzen ge-
langen, kenntlicher machen, und eben ſo auch naͤher be-
ſtimmen, wie ſich die Gruͤnde zum Bejahen von den
Gruͤnden zum Verneinen unterſcheiden, und aus wel-
chen Quellen beyde herfließen. Wir halten uns aber
hier bey dieſer an ſich ſehr weitlaͤuftigen Unterſuchung
nicht auf, ſondern werden nur einige dahin dienende all-
gemeinere Betrachtungen anfuͤhren.

§. 222. Die erſte iſt dieſe: Daß ein bloß wahr-
ſcheinlicher Satz weder ein Grundſatz, noch ein aus

Gruͤn-
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[383/0389] Von dem Wahrſcheinlichen. gen ⅓ der Merkmale des A habe? Wird beydes be- jaht, ſo laͤßt ſich der Schluß ziehen. Findet man un- ter den ⅔ A, von welchen man weiß, daß ſie Praͤdicate von C ſind, eigene Merkmale des A, ſo iſt die Jndu- ction fuͤr den Unterſatz uͤberfluͤßig, und ſie wird es auch in Anſehung des Oberſatzes, wenn man in A eigene Merkmale des B findet. Letzteres geht nun nicht an, wenn nur ¾ A das Praͤdicat B haben, die uͤbrigen ¼ A es nicht haben. Jn dieſem Fall theilt ſich der Begriff A in Arten, deren jede ihre eigene Merkmale hat, die man aufſuchen, und mit dem Begriffe C vergleichen kann. Endlich, da ſolche Schluͤſſe als Veranlaſſungen angeſehen werden koͤnnen, die Begriffe C, B unmittel- bar mit einander zu vergleichen, ſo kann man auch die eigenen Merkmale des B aufſuchen, und ſodann ſehen, ob ſie dem C zukommen oder nicht? §. 221. Da wir in der Dianoiologie (§. 229. ſeqq.) den Unterſchied der vier Schlußſiguren in Abſicht auf ihren Gebrauch umſtaͤndlich angegeben und erwieſen haben, ſo iſt nicht zu zweifeln, daß dieſer Unterſchied ſich nicht auch auf wahrſcheinliche Schluͤſſe erſtrecke, und die Vergleichung deſſelben mit dem vorhin (§. 203. ſeqq.) in Abſicht auf das Mittelglied angemerkten Un- terſchiede, zu mehreren ſpecialern und brauchbaren Be- griffen und Saͤtzen Anlaß gebe, die uns die Arten, wie wir in beſondern Faͤllen zu wahrſcheinlichen Saͤtzen ge- langen, kenntlicher machen, und eben ſo auch naͤher be- ſtimmen, wie ſich die Gruͤnde zum Bejahen von den Gruͤnden zum Verneinen unterſcheiden, und aus wel- chen Quellen beyde herfließen. Wir halten uns aber hier bey dieſer an ſich ſehr weitlaͤuftigen Unterſuchung nicht auf, ſondern werden nur einige dahin dienende all- gemeinere Betrachtungen anfuͤhren. §. 222. Die erſte iſt dieſe: Daß ein bloß wahr- ſcheinlicher Satz weder ein Grundſatz, noch ein aus Gruͤn-

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/389>, abgerufen am 31.10.2024.