[Spaltenumbruch]
beziehen können. Und da manchen dißfalls noch eine Decke vor den Augen hing, so nahmen sie ihnen solche hinweg: Wie Christus that den mit ihm nach Emmaus gehenden Jüngern, da- von es Luc. 24, 44. 45. heißt: Es muß alles erfüllet werden, was von mir geschrieben ist im Gesetz Mosis, in den Propheten und in den Psalmen. Da öfnete er ihnen das Verständniß, daß sie die Schrift verstun- den.
V. 8.
Jn dem, daß er ihm alles hat unter- than, hat er nichts gelassen, das ihm nicht unterthan sey. Jtzt aber sehen wir noch nicht, daß ihm alles unterthan sey.
Anmerckungen.
1. Mit diesen Worten appliciret der A- postel die vorhergehenden aus dem achten Psalm angeführten Worte, und zwar dergestalt, daß, da er Christi Herrschaft über alles nach der menschlichen Natur erweisen wolte, er den Nachdruck des Worts panta alles, der na- türlichen Bedeutung nach anzeiget. Und dar- um setzet er auch die von Luthero, doch ohne Ver- letzung des Verstandes ausgelassene Particula Denn dazu, und spricht: denn in dem, daß er ihm hat alles unterthan u. s. w. Und also machet er Christi Herrschaft wie Souverain, also auch allgemein über alles. Welches eine unendliche Majestät ist, welche ihm auch der menschlichen Natur nach zukömmt.
2. Mit den Worten: Jetzo aber sehen wir noch nicht, daß ihm alles unterthan sey, zeiget der Apostel die besondern Periodos und Oeconomien des Reichs Christi an: nem- lich die damals schon angegangene und noch ge- genwärtige, und die künftige. Es waren schon damals unter Juden und Heyden viele tausend, ja bereits viele hundert tausend Seelen Christo durch den Glauben, und also der Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt, wie der Apostel Röm. 10, 3. redet, unterthänig worden: Und diese Anzahl wurde, wenn man auf die gantze schon ausser dem Römischen Reiche ausgebreitete Kirche sie- het, täglich vermehret. Allein von dem grösse- sten Haufen konte es doch bey weiten noch nicht, und kan es noch itzo nicht gesaget werden, ge- schweige von allen. Da aber die Weissagung wahrhaftig erfüllet werden muß; wie sie denn auch solcher Gewißheit wegen nach dem prophe- tischen Stilo also ausgesprochen ist, als wäre sie schon würcklich erfüllet worden: so ist dazu eine gewisse Oeconomie verordnet, davon, nach den Zeugnissen der Propheten, die Offenbarung Johannis handelt. Es heißt davon c. 10, 7. Jn den Tagen der Stimme des siebenden Engels, wenn er posaunen wird, soll voll- endet werden das Geheimniß GOttes, wie er hat verkündiget seinen Knechten, den Propheten. und c. 11, 15. Und der siebende Engel pausaunete, und es wurden grosse Stimmmen im Himmel, die sprachen: Es sind die Reiche der Welt unsers HErrn und [Spaltenumbruch]
seines Christus worden. u. s. ferner c. 19, 6. 7. Jch hörete eine Stimme einer grossen Schaar und eine Stimme grosser Wasser und eine Stimme starcker Donner, die spra- chen: Halleluja! Denn der Allmächtige GOtt hat das Reich eingenommen: las- set uns freuen und frölich seyn u. s. w. Und diß ist es, davon Daniel unter andern c. 7, 27. al- so schreibet: Das Reich, Gewalt und Macht unter dem gantzen Himmel wird dem hei- ligen Volck des Höchsten gegeben werden, deß Reich ewig ist, und alle Gewalt wird ihm dienen und gehorchen. Siehe auch 1 Cor. 15, 24. u. s. w. Diese allgemeine Herr- schaft des Meßiä sahe David im Geiste vorher: Darum er den achten Psalm, woraus die bis- her erläuterte Worte genommen sind, also an- hebet, auch beschliesset: HERR unser Herr- scher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen.
V. 9.
Den aber, der eine kleine Zeit der Engel gemangelt hat (geringer und niedriger wor- den ist, als die Engel; als welche in ihrem or- dentlichen Stande geblieben, und von keiner Erniedrigung und von keinem Leiden etwas wis- sen) sehen wir, daß es JEsus ist, durch Lei- den des Todes gekrönet mit Preiß und Eh- ren, auf daß er von GOttes Gnade (als der Quelle von der Sendung des Sohnes und von dem gantzen Wercke der Erlösung) für alle (und iede ohne Ausnahme) den Tod (zuvorderst den ewigen) schmeckte.
Anmerckungen.
1. Die Griechischen Worte sind etwas versetzet (dergleichen sich auch bey andern Aucto- ribus findet,) und können dem Verstande nach angesehen werden, als stünden sie also: Blepo- men de ton Iesou~n doxe kai time estephanomenon, brakhu ti paR aggelous elattomenon dia to pa- thkma tou~ thanatou, opos khariti Theou~ uper pan- tos geusetai thanatou: Wir sehen aber, daß JEsus, der mit Herrlichkeit und Ehre ge- crönet ist, eine kleine Zeit geringer wor- den, als die Engel, damit er den Tod lei- den könte, auf daß er durch GOttes Gna- de für alle den Tod schmeckete.
2. Es kömmt demnach in diesem Verse dem Verstande nach sonderlich auf die letztern Worte an: Auf daß er von GOttes Gna- den für alle den Tod schmeckete. Denn um dieser willen werden die vorhergehenden Wor- te aus dem siebenden Verse wiederholet: und zwar mit der particula de, aber: welche, wie hier, also auch sonst, ofte gebrauchet wird, wenn man in einer Materie von einem Stücke zum andern fortfähret. Der Apostel hatte vorher angezeiget, wie daß uns durch Christum eine grosse Seligkeit, welche wie hoch zu achten hät- ten, wiederfahren sey. Nachdem er nun da- bey noch sonst unterschiedliches zur Sache ge- höriges mit angebracht hatte, so fähret er nun fort, und zeiget an, wie er uns die Seligkeit
erwor-
C. 2. v. 7-9. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch]
beziehen koͤnnen. Und da manchen dißfalls noch eine Decke vor den Augen hing, ſo nahmen ſie ihnen ſolche hinweg: Wie Chriſtus that den mit ihm nach Emmaus gehenden Juͤngern, da- von es Luc. 24, 44. 45. heißt: Es muß alles erfuͤllet werden, was von mir geſchrieben iſt im Geſetz Moſis, in den Propheten und in den Pſalmen. Da oͤfnete er ihnen das Verſtaͤndniß, daß ſie die Schrift verſtun- den.
V. 8.
Jn dem, daß er ihm alles hat unter- than, hat er nichts gelaſſen, das ihm nicht unterthan ſey. Jtzt aber ſehen wir noch nicht, daß ihm alles unterthan ſey.
Anmerckungen.
1. Mit dieſen Worten appliciret der A- poſtel die vorhergehenden aus dem achten Pſalm angefuͤhrten Worte, und zwar dergeſtalt, daß, da er Chriſti Herrſchaft uͤber alles nach der menſchlichen Natur erweiſen wolte, er den Nachdruck des Worts ϖάντα alles, der na- tuͤrlichen Bedeutung nach anzeiget. Und dar- um ſetzet er auch die von Luthero, doch ohne Ver- letzung des Verſtandes ausgelaſſene Particula Denn dazu, und ſpricht: denn in dem, daß er ihm hat alles unterthan u. ſ. w. Und alſo machet er Chriſti Herrſchaft wie Souverain, alſo auch allgemein uͤber alles. Welches eine unendliche Majeſtaͤt iſt, welche ihm auch der menſchlichen Natur nach zukoͤmmt.
2. Mit den Worten: Jetzo aber ſehen wir noch nicht, daß ihm alles unterthan ſey, zeiget der Apoſtel die beſondern Periodos und Oeconomien des Reichs Chriſti an: nem- lich die damals ſchon angegangene und noch ge- genwaͤrtige, und die kuͤnftige. Es waren ſchon damals unter Juden und Heyden viele tauſend, ja bereits viele hundert tauſend Seelen Chriſto durch den Glauben, und alſo der Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt, wie der Apoſtel Roͤm. 10, 3. redet, unterthaͤnig worden: Und dieſe Anzahl wurde, wenn man auf die gantze ſchon auſſer dem Roͤmiſchen Reiche ausgebreitete Kirche ſie- het, taͤglich vermehret. Allein von dem groͤſſe- ſten Haufen konte es doch bey weiten noch nicht, und kan es noch itzo nicht geſaget werden, ge- ſchweige von allen. Da aber die Weiſſagung wahrhaftig erfuͤllet werden muß; wie ſie denn auch ſolcher Gewißheit wegen nach dem prophe- tiſchen Stilo alſo ausgeſprochen iſt, als waͤre ſie ſchon wuͤrcklich erfuͤllet worden: ſo iſt dazu eine gewiſſe Oeconomie verordnet, davon, nach den Zeugniſſen der Propheten, die Offenbarung Johannis handelt. Es heißt davon c. 10, 7. Jn den Tagen der Stimme des ſiebenden Engels, wenn er poſaunen wird, ſoll voll- endet werden das Geheimniß GOttes, wie er hat verkuͤndiget ſeinen Knechten, den Propheten. und c. 11, 15. Und der ſiebende Engel pauſaunete, und es wurden groſſe Stimmmen im Himmel, die ſprachen: Es ſind die Reiche der Welt unſers HErrn und [Spaltenumbruch]
ſeines Chriſtus worden. u. ſ. ferner c. 19, 6. 7. Jch hoͤrete eine Stimme einer groſſen Schaar und eine Stimme groſſer Waſſer und eine Stimme ſtarcker Donner, die ſpra- chen: Halleluja! Denn der Allmaͤchtige GOtt hat das Reich eingenommen: laſ- ſet uns freuen und froͤlich ſeyn u. ſ. w. Und diß iſt es, davon Daniel unter andern c. 7, 27. al- ſo ſchreibet: Das Reich, Gewalt und Macht unter dem gantzen Himmel wird dem hei- ligen Volck des Hoͤchſten gegeben werden, deß Reich ewig iſt, und alle Gewalt wird ihm dienen und gehorchen. Siehe auch 1 Cor. 15, 24. u. ſ. w. Dieſe allgemeine Herr- ſchaft des Meßiaͤ ſahe David im Geiſte vorher: Darum er den achten Pſalm, woraus die bis- her erlaͤuterte Worte genommen ſind, alſo an- hebet, auch beſchlieſſet: HERR unſer Heꝛr- ſcher, wie herrlich iſt dein Name in allen Landen.
V. 9.
Den aber, der eine kleine Zeit der Engel gemangelt hat (geringer und niedriger wor- den iſt, als die Engel; als welche in ihrem or- dentlichen Stande geblieben, und von keiner Erniedrigung und von keinem Leiden etwas wiſ- ſen) ſehen wir, daß es JEſus iſt, durch Lei- den des Todes gekroͤnet mit Preiß und Eh- ren, auf daß er von GOttes Gnade (als der Quelle von der Sendung des Sohnes und von dem gantzen Wercke der Erloͤſung) fuͤr alle (und iede ohne Ausnahme) den Tod (zuvorderſt den ewigen) ſchmeckte.
Anmerckungen.
1. Die Griechiſchen Worte ſind etwas verſetzet (dergleichen ſich auch bey andern Aucto- ribus findet,) und koͤnnen dem Verſtande nach angeſehen werden, als ſtuͤnden ſie alſo: Βλέπο- μεν δὲ τὸν Ιησου῀ν δόξῃ καὶ τιμῇ ἐϛεϕανωμένον, βραχύ τι παῤ ἀγγέλους ἠλαττωμένον διὰ τὸ πά- ϑκμα του῀ ϑανάτου, ὅπως χάριτι Θεου῀ ὑπὲρ παν- τὸς γεύσηται ϑανάτου: Wir ſehen aber, daß JEſus, der mit Herrlichkeit und Ehre ge- croͤnet iſt, eine kleine Zeit geringer wor- den, als die Engel, damit er den Tod lei- den koͤnte, auf daß er durch GOttes Gna- de fuͤr alle den Tod ſchmeckete.
2. Es koͤmmt demnach in dieſem Verſe dem Verſtande nach ſonderlich auf die letztern Worte an: Auf daß er von GOttes Gna- den fuͤr alle den Tod ſchmeckete. Denn um dieſer willen werden die vorhergehenden Wor- te aus dem ſiebenden Verſe wiederholet: und zwar mit der particula δὲ, aber: welche, wie hier, alſo auch ſonſt, ofte gebrauchet wird, wenn man in einer Materie von einem Stuͤcke zum andern fortfaͤhret. Der Apoſtel hatte vorher angezeiget, wie daß uns durch Chriſtum eine groſſe Seligkeit, welche wie hoch zu achten haͤt- ten, wiederfahren ſey. Nachdem er nun da- bey noch ſonſt unterſchiedliches zur Sache ge- hoͤriges mit angebracht hatte, ſo faͤhret er nun fort, und zeiget an, wie er uns die Seligkeit
erwor-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0265"n="263"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">C. 2. v. 7-9. an die Hebraͤer.</hi></fw><lb/><cb/>
beziehen koͤnnen. Und da manchen dißfalls<lb/>
noch eine Decke vor den Augen hing, ſo nahmen<lb/>ſie ihnen ſolche hinweg: Wie Chriſtus that den<lb/>
mit ihm nach Emmaus gehenden Juͤngern, da-<lb/>
von es Luc. 24, 44. 45. heißt: <hirendition="#fr">Es muß alles<lb/>
erfuͤllet werden, was von mir geſchrieben<lb/>
iſt im Geſetz Moſis, in den Propheten und<lb/>
in den Pſalmen. Da oͤfnete er ihnen das<lb/>
Verſtaͤndniß, daß ſie die Schrift verſtun-<lb/>
den.</hi></p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 8.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Jn dem, daß er ihm alles hat unter-<lb/>
than, hat er nichts gelaſſen, das ihm nicht<lb/>
unterthan ſey. Jtzt aber ſehen wir noch<lb/>
nicht, daß ihm alles unterthan ſey.</hi></p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Mit dieſen Worten <hirendition="#aq">applicir</hi>et der A-<lb/>
poſtel die vorhergehenden aus dem achten Pſalm<lb/>
angefuͤhrten Worte, und zwar dergeſtalt, daß,<lb/>
da er Chriſti Herrſchaft uͤber alles nach der<lb/>
menſchlichen Natur erweiſen wolte, er den<lb/>
Nachdruck des Worts ϖάντα<hirendition="#fr">alles,</hi> der na-<lb/>
tuͤrlichen Bedeutung nach anzeiget. Und dar-<lb/>
um ſetzet er auch die von Luthero, doch ohne Ver-<lb/>
letzung des Verſtandes ausgelaſſene <hirendition="#aq">Particula</hi><lb/><hirendition="#fr">Denn</hi> dazu, und ſpricht: <hirendition="#fr">denn in dem, daß er<lb/>
ihm hat alles unterthan</hi> u. ſ. w. Und alſo<lb/>
machet er Chriſti Herrſchaft wie <hirendition="#aq">Souverain,</hi><lb/>
alſo auch allgemein uͤber alles. Welches eine<lb/>
unendliche Majeſtaͤt iſt, welche ihm auch der<lb/>
menſchlichen Natur nach zukoͤmmt.</p><lb/><p>2. Mit den Worten: <hirendition="#fr">Jetzo aber ſehen<lb/>
wir noch nicht, daß ihm alles unterthan<lb/>ſey,</hi> zeiget der Apoſtel die beſondern <hirendition="#aq">Periodos</hi><lb/>
und <hirendition="#aq">Oeconomi</hi>en des Reichs Chriſti an: nem-<lb/>
lich die damals ſchon angegangene und noch ge-<lb/>
genwaͤrtige, und die kuͤnftige. Es waren ſchon<lb/>
damals unter Juden und Heyden viele tauſend,<lb/>
ja bereits viele hundert tauſend Seelen Chriſto<lb/>
durch den Glauben, und alſo der Gerechtigkeit,<lb/>
die vor GOtt gilt, wie der Apoſtel Roͤm. 10, 3.<lb/>
redet, unterthaͤnig worden: Und dieſe Anzahl<lb/>
wurde, wenn man auf die gantze ſchon auſſer<lb/>
dem Roͤmiſchen Reiche ausgebreitete Kirche ſie-<lb/>
het, taͤglich vermehret. Allein von dem groͤſſe-<lb/>ſten Haufen konte es doch bey weiten noch nicht,<lb/>
und kan es noch itzo nicht geſaget werden, ge-<lb/>ſchweige von allen. Da aber die Weiſſagung<lb/>
wahrhaftig erfuͤllet werden muß; wie ſie denn<lb/>
auch ſolcher Gewißheit wegen nach dem prophe-<lb/>
tiſchen <hirendition="#aq">Stilo</hi> alſo ausgeſprochen iſt, als waͤre ſie<lb/>ſchon wuͤrcklich erfuͤllet worden: ſo iſt dazu eine<lb/>
gewiſſe <hirendition="#aq">Oeconomi</hi>e verordnet, davon, nach<lb/>
den Zeugniſſen der Propheten, die Offenbarung<lb/>
Johannis handelt. Es heißt davon c. 10, 7.<lb/><hirendition="#fr">Jn den Tagen der Stimme des ſiebenden<lb/>
Engels, wenn er poſaunen wird, ſoll voll-<lb/>
endet werden das Geheimniß GOttes, wie<lb/>
er hat verkuͤndiget ſeinen Knechten, den<lb/>
Propheten.</hi> und c. 11, 15. <hirendition="#fr">Und der ſiebende<lb/>
Engel pauſaunete, und es wurden groſſe<lb/>
Stimmmen im Himmel, die ſprachen: Es<lb/>ſind die Reiche der Welt unſers HErrn und<lb/><cb/>ſeines Chriſtus worden.</hi> u. ſ. ferner c. 19, 6. 7.<lb/><hirendition="#fr">Jch hoͤrete eine Stimme einer groſſen<lb/>
Schaar und eine Stimme groſſer Waſſer<lb/>
und eine Stimme ſtarcker Donner, die ſpra-<lb/>
chen: Halleluja! Denn der Allmaͤchtige<lb/>
GOtt hat das Reich eingenommen: laſ-<lb/>ſet uns freuen und froͤlich ſeyn</hi> u. ſ. w. Und<lb/>
diß iſt es, davon Daniel unter andern c. 7, 27. al-<lb/>ſo ſchreibet: <hirendition="#fr">Das Reich, Gewalt und Macht<lb/>
unter dem gantzen Himmel wird dem hei-<lb/>
ligen Volck des Hoͤchſten gegeben werden,<lb/>
deß Reich ewig iſt, und alle Gewalt wird<lb/>
ihm dienen und gehorchen.</hi> Siehe auch<lb/>
1 Cor. 15, 24. u. ſ. w. Dieſe allgemeine Herr-<lb/>ſchaft des Meßiaͤſahe David im Geiſte vorher:<lb/>
Darum er den achten Pſalm, woraus die bis-<lb/>
her erlaͤuterte Worte genommen ſind, alſo an-<lb/>
hebet, auch beſchlieſſet: <hirendition="#fr">HERR unſer Heꝛr-<lb/>ſcher, wie herrlich iſt dein Name in allen<lb/>
Landen.</hi></p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 9.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Den aber, der eine kleine Zeit der Engel<lb/>
gemangelt hat</hi> (geringer und niedriger wor-<lb/>
den iſt, als die Engel; als welche in ihrem or-<lb/>
dentlichen Stande geblieben, und von keiner<lb/>
Erniedrigung und von keinem Leiden etwas wiſ-<lb/>ſen) <hirendition="#fr">ſehen wir, daß es JEſus iſt, durch Lei-<lb/>
den des Todes gekroͤnet mit Preiß und Eh-<lb/>
ren, auf daß er von GOttes Gnade</hi> (als der<lb/>
Quelle von der Sendung des Sohnes und von<lb/>
dem gantzen Wercke der Erloͤſung) <hirendition="#fr">fuͤr alle</hi><lb/>
(und iede ohne Ausnahme) <hirendition="#fr">den Tod</hi> (zuvorderſt<lb/>
den ewigen) <hirendition="#fr">ſchmeckte.</hi></p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Die Griechiſchen Worte ſind etwas<lb/>
verſetzet (dergleichen ſich auch bey andern <hirendition="#aq">Aucto-<lb/>
ribus</hi> findet,) und koͤnnen dem Verſtande nach<lb/>
angeſehen werden, als ſtuͤnden ſie alſo: Βλέπο-<lb/>μενδὲτὸνΙησου῀νδόξῃκαὶτιμῇἐϛεϕανωμένον,<lb/>βραχύτιπαῤἀγγέλουςἠλαττωμένονδιὰτὸπά-<lb/>ϑκματου῀ϑανάτου, ὅπωςχάριτιΘεου῀ὑπὲρπαν-<lb/>τὸςγεύσηταιϑανάτου: <hirendition="#fr">Wir ſehen aber, daß<lb/>
JEſus, der mit Herrlichkeit und Ehre ge-<lb/>
croͤnet iſt, eine kleine Zeit geringer wor-<lb/>
den, als die Engel, damit er den Tod lei-<lb/>
den koͤnte, auf daß er durch GOttes Gna-<lb/>
de fuͤr alle den Tod ſchmeckete.</hi></p><lb/><p>2. Es koͤmmt demnach in dieſem Verſe<lb/>
dem Verſtande nach ſonderlich auf die letztern<lb/>
Worte an: <hirendition="#fr">Auf daß er von GOttes Gna-<lb/>
den fuͤr alle den Tod ſchmeckete.</hi> Denn um<lb/>
dieſer willen werden die vorhergehenden Wor-<lb/>
te aus dem ſiebenden Verſe wiederholet: und<lb/>
zwar mit der <hirendition="#aq">particula</hi>δὲ, <hirendition="#fr">aber:</hi> welche, wie<lb/>
hier, alſo auch ſonſt, ofte gebrauchet wird, wenn<lb/>
man in einer Materie von einem Stuͤcke zum<lb/>
andern fortfaͤhret. Der Apoſtel hatte vorher<lb/>
angezeiget, wie daß uns durch Chriſtum eine<lb/>
groſſe Seligkeit, welche wie hoch zu achten haͤt-<lb/>
ten, wiederfahren ſey. Nachdem er nun da-<lb/>
bey noch ſonſt unterſchiedliches zur Sache ge-<lb/>
hoͤriges mit angebracht hatte, ſo faͤhret er nun<lb/>
fort, und zeiget an, wie er uns die Seligkeit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">erwor-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[263/0265]
C. 2. v. 7-9. an die Hebraͤer.
beziehen koͤnnen. Und da manchen dißfalls
noch eine Decke vor den Augen hing, ſo nahmen
ſie ihnen ſolche hinweg: Wie Chriſtus that den
mit ihm nach Emmaus gehenden Juͤngern, da-
von es Luc. 24, 44. 45. heißt: Es muß alles
erfuͤllet werden, was von mir geſchrieben
iſt im Geſetz Moſis, in den Propheten und
in den Pſalmen. Da oͤfnete er ihnen das
Verſtaͤndniß, daß ſie die Schrift verſtun-
den.
V. 8.
Jn dem, daß er ihm alles hat unter-
than, hat er nichts gelaſſen, das ihm nicht
unterthan ſey. Jtzt aber ſehen wir noch
nicht, daß ihm alles unterthan ſey.
Anmerckungen.
1. Mit dieſen Worten appliciret der A-
poſtel die vorhergehenden aus dem achten Pſalm
angefuͤhrten Worte, und zwar dergeſtalt, daß,
da er Chriſti Herrſchaft uͤber alles nach der
menſchlichen Natur erweiſen wolte, er den
Nachdruck des Worts ϖάντα alles, der na-
tuͤrlichen Bedeutung nach anzeiget. Und dar-
um ſetzet er auch die von Luthero, doch ohne Ver-
letzung des Verſtandes ausgelaſſene Particula
Denn dazu, und ſpricht: denn in dem, daß er
ihm hat alles unterthan u. ſ. w. Und alſo
machet er Chriſti Herrſchaft wie Souverain,
alſo auch allgemein uͤber alles. Welches eine
unendliche Majeſtaͤt iſt, welche ihm auch der
menſchlichen Natur nach zukoͤmmt.
2. Mit den Worten: Jetzo aber ſehen
wir noch nicht, daß ihm alles unterthan
ſey, zeiget der Apoſtel die beſondern Periodos
und Oeconomien des Reichs Chriſti an: nem-
lich die damals ſchon angegangene und noch ge-
genwaͤrtige, und die kuͤnftige. Es waren ſchon
damals unter Juden und Heyden viele tauſend,
ja bereits viele hundert tauſend Seelen Chriſto
durch den Glauben, und alſo der Gerechtigkeit,
die vor GOtt gilt, wie der Apoſtel Roͤm. 10, 3.
redet, unterthaͤnig worden: Und dieſe Anzahl
wurde, wenn man auf die gantze ſchon auſſer
dem Roͤmiſchen Reiche ausgebreitete Kirche ſie-
het, taͤglich vermehret. Allein von dem groͤſſe-
ſten Haufen konte es doch bey weiten noch nicht,
und kan es noch itzo nicht geſaget werden, ge-
ſchweige von allen. Da aber die Weiſſagung
wahrhaftig erfuͤllet werden muß; wie ſie denn
auch ſolcher Gewißheit wegen nach dem prophe-
tiſchen Stilo alſo ausgeſprochen iſt, als waͤre ſie
ſchon wuͤrcklich erfuͤllet worden: ſo iſt dazu eine
gewiſſe Oeconomie verordnet, davon, nach
den Zeugniſſen der Propheten, die Offenbarung
Johannis handelt. Es heißt davon c. 10, 7.
Jn den Tagen der Stimme des ſiebenden
Engels, wenn er poſaunen wird, ſoll voll-
endet werden das Geheimniß GOttes, wie
er hat verkuͤndiget ſeinen Knechten, den
Propheten. und c. 11, 15. Und der ſiebende
Engel pauſaunete, und es wurden groſſe
Stimmmen im Himmel, die ſprachen: Es
ſind die Reiche der Welt unſers HErrn und
ſeines Chriſtus worden. u. ſ. ferner c. 19, 6. 7.
Jch hoͤrete eine Stimme einer groſſen
Schaar und eine Stimme groſſer Waſſer
und eine Stimme ſtarcker Donner, die ſpra-
chen: Halleluja! Denn der Allmaͤchtige
GOtt hat das Reich eingenommen: laſ-
ſet uns freuen und froͤlich ſeyn u. ſ. w. Und
diß iſt es, davon Daniel unter andern c. 7, 27. al-
ſo ſchreibet: Das Reich, Gewalt und Macht
unter dem gantzen Himmel wird dem hei-
ligen Volck des Hoͤchſten gegeben werden,
deß Reich ewig iſt, und alle Gewalt wird
ihm dienen und gehorchen. Siehe auch
1 Cor. 15, 24. u. ſ. w. Dieſe allgemeine Herr-
ſchaft des Meßiaͤ ſahe David im Geiſte vorher:
Darum er den achten Pſalm, woraus die bis-
her erlaͤuterte Worte genommen ſind, alſo an-
hebet, auch beſchlieſſet: HERR unſer Heꝛr-
ſcher, wie herrlich iſt dein Name in allen
Landen.
V. 9.
Den aber, der eine kleine Zeit der Engel
gemangelt hat (geringer und niedriger wor-
den iſt, als die Engel; als welche in ihrem or-
dentlichen Stande geblieben, und von keiner
Erniedrigung und von keinem Leiden etwas wiſ-
ſen) ſehen wir, daß es JEſus iſt, durch Lei-
den des Todes gekroͤnet mit Preiß und Eh-
ren, auf daß er von GOttes Gnade (als der
Quelle von der Sendung des Sohnes und von
dem gantzen Wercke der Erloͤſung) fuͤr alle
(und iede ohne Ausnahme) den Tod (zuvorderſt
den ewigen) ſchmeckte.
Anmerckungen.
1. Die Griechiſchen Worte ſind etwas
verſetzet (dergleichen ſich auch bey andern Aucto-
ribus findet,) und koͤnnen dem Verſtande nach
angeſehen werden, als ſtuͤnden ſie alſo: Βλέπο-
μεν δὲ τὸν Ιησου῀ν δόξῃ καὶ τιμῇ ἐϛεϕανωμένον,
βραχύ τι παῤ ἀγγέλους ἠλαττωμένον διὰ τὸ πά-
ϑκμα του῀ ϑανάτου, ὅπως χάριτι Θεου῀ ὑπὲρ παν-
τὸς γεύσηται ϑανάτου: Wir ſehen aber, daß
JEſus, der mit Herrlichkeit und Ehre ge-
croͤnet iſt, eine kleine Zeit geringer wor-
den, als die Engel, damit er den Tod lei-
den koͤnte, auf daß er durch GOttes Gna-
de fuͤr alle den Tod ſchmeckete.
2. Es koͤmmt demnach in dieſem Verſe
dem Verſtande nach ſonderlich auf die letztern
Worte an: Auf daß er von GOttes Gna-
den fuͤr alle den Tod ſchmeckete. Denn um
dieſer willen werden die vorhergehenden Wor-
te aus dem ſiebenden Verſe wiederholet: und
zwar mit der particula δὲ, aber: welche, wie
hier, alſo auch ſonſt, ofte gebrauchet wird, wenn
man in einer Materie von einem Stuͤcke zum
andern fortfaͤhret. Der Apoſtel hatte vorher
angezeiget, wie daß uns durch Chriſtum eine
groſſe Seligkeit, welche wie hoch zu achten haͤt-
ten, wiederfahren ſey. Nachdem er nun da-
bey noch ſonſt unterſchiedliches zur Sache ge-
hoͤriges mit angebracht hatte, ſo faͤhret er nun
fort, und zeiget an, wie er uns die Seligkeit
erwor-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/265>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.