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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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bis jetzt gepflegt worden; nur wenige zerstreute Andeu-
tungen finden sich darüber bei einzelnen Autoren. Trotzdem
ist gerade dieser Theil für das Schachspiel von nicht ge-
ringer Bedeutung, was nur allzu deutlich vielfache Mängel
bei den Autoren in der Anordnung des Lehrstoffes verrathen
und allgemeine Klagen über die Schwierigkeit der Erlernung
des Spieles aus Büchern bestätigen. Wir glauben in der
Abfassung des ersten Buches dieser Schrift ein nicht un-
brauchbares praktisches Beispiel zur Theorie der Hodegetik
gegeben zu haben.

§. 448. Von gleicher Bedeutung wie die Hodegetik für
den Lernenden ist die Methodik für den geübteren Spieler.
Sie bezweckt eine kritische Vergleichung der verschiedenen
von den einzelnen Autoren bei Deduction ihrer Analysen
angewandten Methoden in der äusseren sowohl als inneren
Anordnung ihrer theoretischen Untersuchungen. In ersterer
Beziehung scheiden sich die Methoden des willkührlichen,
des natürlichen und des Normalsystemes von einander. Jenes
wird meist in Sammelwerken und Handbüchern befolgt; das
zweite, welches stets die am natürlichsten sich darbietenden
Züge in Erwägung ziehen lässt, ist am deutlichsten aus
Hirschbach's Vorlesungen in der deutschen Schachzeitung
zu erkennen; das Normalsystem, zuerst von Philidor und
der italienischen Schule unbewusst angewandt, ist in der
gegenwärtigen Schrift deutlich ausgesprochen und wohl mit
Klarheit durchgeführt. -- Der innere Charakter der Metho-
den stützt sich auf mehr oder weniger principielle Behand-
lung der einzelnen Spiele selbst. Man erinnere sich (§. 439)
an die Vergleichung der italiänischen und französischen
Schachschulen, welche ein Bauern- und Officierprincip ihren
Analysen zu Grunde legten. In der vorliegenden Schrift
haben wir uns so nah als möglich an das Princip der ein-
fachen und consequenten Entwickelung der Partie (§. 86)
angeschlossen und daraus die Methode der dreifachen An-
griffsart (§. 206) abgeleitet. Zugleich haben wir wohl einen
mehr wissenschaftlichen Weg, als früher üblich war, einge-
schlagen, indem wir specielle Analysen gewöhnlich nur als
Beweismittel für die Urtheile über bestimmte Anfänge aus-

bis jetzt gepflegt worden; nur wenige zerstreute Andeu-
tungen finden sich darüber bei einzelnen Autoren. Trotzdem
ist gerade dieser Theil für das Schachspiel von nicht ge-
ringer Bedeutung, was nur allzu deutlich vielfache Mängel
bei den Autoren in der Anordnung des Lehrstoffes verrathen
und allgemeine Klagen über die Schwierigkeit der Erlernung
des Spieles aus Büchern bestätigen. Wir glauben in der
Abfassung des ersten Buches dieser Schrift ein nicht un-
brauchbares praktisches Beispiel zur Theorie der Hodegetik
gegeben zu haben.

§. 448. Von gleicher Bedeutung wie die Hodegetik für
den Lernenden ist die Methodik für den geübteren Spieler.
Sie bezweckt eine kritische Vergleichung der verschiedenen
von den einzelnen Autoren bei Deduction ihrer Analysen
angewandten Methoden in der äusseren sowohl als inneren
Anordnung ihrer theoretischen Untersuchungen. In ersterer
Beziehung scheiden sich die Methoden des willkührlichen,
des natürlichen und des Normalsystemes von einander. Jenes
wird meist in Sammelwerken und Handbüchern befolgt; das
zweite, welches stets die am natürlichsten sich darbietenden
Züge in Erwägung ziehen lässt, ist am deutlichsten aus
Hirschbach’s Vorlesungen in der deutschen Schachzeitung
zu erkennen; das Normalsystem, zuerst von Philidor und
der italienischen Schule unbewusst angewandt, ist in der
gegenwärtigen Schrift deutlich ausgesprochen und wohl mit
Klarheit durchgeführt. — Der innere Charakter der Metho-
den stützt sich auf mehr oder weniger principielle Behand-
lung der einzelnen Spiele selbst. Man erinnere sich (§. 439)
an die Vergleichung der italiänischen und französischen
Schachschulen, welche ein Bauern- und Officierprincip ihren
Analysen zu Grunde legten. In der vorliegenden Schrift
haben wir uns so nah als möglich an das Princip der ein-
fachen und consequenten Entwickelung der Partie (§. 86)
angeschlossen und daraus die Methode der dreifachen An-
griffsart (§. 206) abgeleitet. Zugleich haben wir wohl einen
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schlagen, indem wir specielle Analysen gewöhnlich nur als
Beweismittel für die Urtheile über bestimmte Anfänge aus-

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[262/0274] bis jetzt gepflegt worden; nur wenige zerstreute Andeu- tungen finden sich darüber bei einzelnen Autoren. Trotzdem ist gerade dieser Theil für das Schachspiel von nicht ge- ringer Bedeutung, was nur allzu deutlich vielfache Mängel bei den Autoren in der Anordnung des Lehrstoffes verrathen und allgemeine Klagen über die Schwierigkeit der Erlernung des Spieles aus Büchern bestätigen. Wir glauben in der Abfassung des ersten Buches dieser Schrift ein nicht un- brauchbares praktisches Beispiel zur Theorie der Hodegetik gegeben zu haben. §. 448. Von gleicher Bedeutung wie die Hodegetik für den Lernenden ist die Methodik für den geübteren Spieler. Sie bezweckt eine kritische Vergleichung der verschiedenen von den einzelnen Autoren bei Deduction ihrer Analysen angewandten Methoden in der äusseren sowohl als inneren Anordnung ihrer theoretischen Untersuchungen. In ersterer Beziehung scheiden sich die Methoden des willkührlichen, des natürlichen und des Normalsystemes von einander. Jenes wird meist in Sammelwerken und Handbüchern befolgt; das zweite, welches stets die am natürlichsten sich darbietenden Züge in Erwägung ziehen lässt, ist am deutlichsten aus Hirschbach’s Vorlesungen in der deutschen Schachzeitung zu erkennen; das Normalsystem, zuerst von Philidor und der italienischen Schule unbewusst angewandt, ist in der gegenwärtigen Schrift deutlich ausgesprochen und wohl mit Klarheit durchgeführt. — Der innere Charakter der Metho- den stützt sich auf mehr oder weniger principielle Behand- lung der einzelnen Spiele selbst. Man erinnere sich (§. 439) an die Vergleichung der italiänischen und französischen Schachschulen, welche ein Bauern- und Officierprincip ihren Analysen zu Grunde legten. In der vorliegenden Schrift haben wir uns so nah als möglich an das Princip der ein- fachen und consequenten Entwickelung der Partie (§. 86) angeschlossen und daraus die Methode der dreifachen An- griffsart (§. 206) abgeleitet. Zugleich haben wir wohl einen mehr wissenschaftlichen Weg, als früher üblich war, einge- schlagen, indem wir specielle Analysen gewöhnlich nur als Beweismittel für die Urtheile über bestimmte Anfänge aus-

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/274>, abgerufen am 27.04.2024.