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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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des englischen Erbes von ihrer Großmut-
ter? *) Einen mit Wissenschaft und richti-
gen Begriffen gezierten Geist, ohne das
geringste Vorurtheil, männlichen Muth
Grundsätze zu zeigen und zu behaupten,
viele Talente mit der liebenswürdigsten
Sittsamkeit verbunden; dieses gab ihr
der rechtschaffene Mann, der das Glück
hatte ihr Vater zu seyn. Nach dieser
Beschreibung, mein Freund, können Sie
den Eindruck beurtheilen, welchen sie auf
mich machte. Niemals, niemals ist
mein Herz so eingenommen, so zufrieden

mit
*) Jch habe der kleinen Partheylichkeit des
Fräulein von Sternheim für die englische Na-
tion bereits in der Vorrede als eines Fleckens
erwähnt, den ich von diesem vortrefflichen Wer-
ke hätte wegwischen mögen, wenn es ohne zu
große Veränderungen thunlich gewesen wäre. --
Wenn wir den weisesten Engländern selbst glau-
ben dürfen, so ist eine Dame von so schöner
Sinnesart, als Fräulein St., in England nicht
weniger selten als in Deutschland. Doch, hier
spricht ein junger Engländer, welcher billig für
seine Nation eingenommen seyn darf, und
ein Enthusiast, der das Recht hat, zuweilen un-
richtig zu raisonnieren. A. d. H.

des engliſchen Erbes von ihrer Großmut-
ter? *) Einen mit Wiſſenſchaft und richti-
gen Begriffen gezierten Geiſt, ohne das
geringſte Vorurtheil, maͤnnlichen Muth
Grundſaͤtze zu zeigen und zu behaupten,
viele Talente mit der liebenswuͤrdigſten
Sittſamkeit verbunden; dieſes gab ihr
der rechtſchaffene Mann, der das Gluͤck
hatte ihr Vater zu ſeyn. Nach dieſer
Beſchreibung, mein Freund, koͤnnen Sie
den Eindruck beurtheilen, welchen ſie auf
mich machte. Niemals, niemals iſt
mein Herz ſo eingenommen, ſo zufrieden

mit
*) Jch habe der kleinen Partheylichkeit des
Fraͤulein von Sternheim fuͤr die engliſche Na-
tion bereits in der Vorrede als eines Fleckens
erwaͤhnt, den ich von dieſem vortrefflichen Wer-
ke haͤtte wegwiſchen moͤgen, wenn es ohne zu
große Veraͤnderungen thunlich geweſen waͤre. —
Wenn wir den weiſeſten Englaͤndern ſelbſt glau-
ben duͤrfen, ſo iſt eine Dame von ſo ſchoͤner
Sinnesart, als Fraͤulein St., in England nicht
weniger ſelten als in Deutſchland. Doch, hier
ſpricht ein junger Englaͤnder, welcher billig fuͤr
ſeine Nation eingenommen ſeyn darf, und
ein Enthuſiaſt, der das Recht hat, zuweilen un-
richtig zu raiſonnieren. A. d. H.
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[148/0174] des engliſchen Erbes von ihrer Großmut- ter? *) Einen mit Wiſſenſchaft und richti- gen Begriffen gezierten Geiſt, ohne das geringſte Vorurtheil, maͤnnlichen Muth Grundſaͤtze zu zeigen und zu behaupten, viele Talente mit der liebenswuͤrdigſten Sittſamkeit verbunden; dieſes gab ihr der rechtſchaffene Mann, der das Gluͤck hatte ihr Vater zu ſeyn. Nach dieſer Beſchreibung, mein Freund, koͤnnen Sie den Eindruck beurtheilen, welchen ſie auf mich machte. Niemals, niemals iſt mein Herz ſo eingenommen, ſo zufrieden mit *) Jch habe der kleinen Partheylichkeit des Fraͤulein von Sternheim fuͤr die engliſche Na- tion bereits in der Vorrede als eines Fleckens erwaͤhnt, den ich von dieſem vortrefflichen Wer- ke haͤtte wegwiſchen moͤgen, wenn es ohne zu große Veraͤnderungen thunlich geweſen waͤre. — Wenn wir den weiſeſten Englaͤndern ſelbſt glau- ben duͤrfen, ſo iſt eine Dame von ſo ſchoͤner Sinnesart, als Fraͤulein St., in England nicht weniger ſelten als in Deutſchland. Doch, hier ſpricht ein junger Englaͤnder, welcher billig fuͤr ſeine Nation eingenommen ſeyn darf, und ein Enthuſiaſt, der das Recht hat, zuweilen un- richtig zu raiſonnieren. A. d. H.

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/174>, abgerufen am 30.04.2024.