Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

mehr und freudiger als sonst, und war
von den ersten, die Reihentänze zwischen
den Bäumen anfiengen. Diese zogen
alle Einwohner des Dorfs aus ihren
Hütten, um uns zuzusehen. Nach eini-
gem Herumhüpfen gieng ich mit meiner
Tante und der Gräfin F*, die mich sehr
lobten und liebkosten, auf und ab; wo
mir denn bald der fröhliche und glänzen-
de Haufen von Landleuten, die wir vor-
stellten, in die Augen fiel, bald auch der,
welchen unsre Zuseher ausmachten, dar-
unter ich viele arme und kummerhafte Ge-
stalten erblickte. Jch wurde durch diesen
Contrast und das gutherzige Vergnügen,
womit sie uns betrachteten, sehr gerührt,
und so bald ich am wenigsten bemerkt wur-
de, schlüpfte ich in den Pfarrgarten, der
ganz nahe an die Wiese stößt, wo wir
tanzten; gab dem Pfarrer etwas für die
Armen des Dorfs und gieng mit einem
glücklichen Herzen zurück in die Gesell-
schaft. Milord Derby schien auf meine
Schritte gelauert zu haben; denn wie ich
aus dem Pfarrgarten heraus trat, sah

ich,

mehr und freudiger als ſonſt, und war
von den erſten, die Reihentaͤnze zwiſchen
den Baͤumen anfiengen. Dieſe zogen
alle Einwohner des Dorfs aus ihren
Huͤtten, um uns zuzuſehen. Nach eini-
gem Herumhuͤpfen gieng ich mit meiner
Tante und der Graͤfin F*, die mich ſehr
lobten und liebkoſten, auf und ab; wo
mir denn bald der froͤhliche und glaͤnzen-
de Haufen von Landleuten, die wir vor-
ſtellten, in die Augen fiel, bald auch der,
welchen unſre Zuſeher ausmachten, dar-
unter ich viele arme und kummerhafte Ge-
ſtalten erblickte. Jch wurde durch dieſen
Contraſt und das gutherzige Vergnuͤgen,
womit ſie uns betrachteten, ſehr geruͤhrt,
und ſo bald ich am wenigſten bemerkt wur-
de, ſchluͤpfte ich in den Pfarrgarten, der
ganz nahe an die Wieſe ſtoͤßt, wo wir
tanzten; gab dem Pfarrer etwas fuͤr die
Armen des Dorfs und gieng mit einem
gluͤcklichen Herzen zuruͤck in die Geſell-
ſchaft. Milord Derby ſchien auf meine
Schritte gelauert zu haben; denn wie ich
aus dem Pfarrgarten heraus trat, ſah

ich,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0290" n="264"/>
mehr und freudiger als &#x017F;on&#x017F;t, und war<lb/>
von den er&#x017F;ten, die Reihenta&#x0364;nze zwi&#x017F;chen<lb/>
den Ba&#x0364;umen anfiengen. Die&#x017F;e zogen<lb/>
alle Einwohner des Dorfs aus ihren<lb/>
Hu&#x0364;tten, um uns zuzu&#x017F;ehen. Nach eini-<lb/>
gem Herumhu&#x0364;pfen gieng ich mit meiner<lb/>
Tante und der Gra&#x0364;fin F*, die mich &#x017F;ehr<lb/>
lobten und liebko&#x017F;ten, auf und ab; wo<lb/>
mir denn bald der fro&#x0364;hliche und gla&#x0364;nzen-<lb/>
de Haufen von Landleuten, die wir vor-<lb/>
&#x017F;tellten, in die Augen fiel, bald auch der,<lb/>
welchen un&#x017F;re Zu&#x017F;eher ausmachten, dar-<lb/>
unter ich viele arme und kummerhafte Ge-<lb/>
&#x017F;talten erblickte. Jch wurde durch die&#x017F;en<lb/>
Contra&#x017F;t und das gutherzige Vergnu&#x0364;gen,<lb/>
womit &#x017F;ie uns betrachteten, &#x017F;ehr geru&#x0364;hrt,<lb/>
und &#x017F;o bald ich am wenig&#x017F;ten bemerkt wur-<lb/>
de, &#x017F;chlu&#x0364;pfte ich in den Pfarrgarten, der<lb/>
ganz nahe an die Wie&#x017F;e &#x017F;to&#x0364;ßt, wo wir<lb/>
tanzten; gab dem Pfarrer etwas fu&#x0364;r die<lb/>
Armen des Dorfs und gieng mit einem<lb/>
glu&#x0364;cklichen Herzen zuru&#x0364;ck in die Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft. Milord Derby &#x017F;chien auf meine<lb/>
Schritte gelauert zu haben; denn wie ich<lb/>
aus dem Pfarrgarten heraus trat, &#x017F;ah<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0290] mehr und freudiger als ſonſt, und war von den erſten, die Reihentaͤnze zwiſchen den Baͤumen anfiengen. Dieſe zogen alle Einwohner des Dorfs aus ihren Huͤtten, um uns zuzuſehen. Nach eini- gem Herumhuͤpfen gieng ich mit meiner Tante und der Graͤfin F*, die mich ſehr lobten und liebkoſten, auf und ab; wo mir denn bald der froͤhliche und glaͤnzen- de Haufen von Landleuten, die wir vor- ſtellten, in die Augen fiel, bald auch der, welchen unſre Zuſeher ausmachten, dar- unter ich viele arme und kummerhafte Ge- ſtalten erblickte. Jch wurde durch dieſen Contraſt und das gutherzige Vergnuͤgen, womit ſie uns betrachteten, ſehr geruͤhrt, und ſo bald ich am wenigſten bemerkt wur- de, ſchluͤpfte ich in den Pfarrgarten, der ganz nahe an die Wieſe ſtoͤßt, wo wir tanzten; gab dem Pfarrer etwas fuͤr die Armen des Dorfs und gieng mit einem gluͤcklichen Herzen zuruͤck in die Geſell- ſchaft. Milord Derby ſchien auf meine Schritte gelauert zu haben; denn wie ich aus dem Pfarrgarten heraus trat, ſah ich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/290
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/290>, abgerufen am 15.05.2024.