den. Sollte ich alles Lob glauben, das man meinem Tanzen und Anstand giebt, so sind seine Vermuthungen alle eingetrof- fen; so wie ich seinen Ausspruch über den Vorzug der Anmuth vor der Schönheit ganz wahr gefunden habe, weil ich gese- hen, daß die holdselige Miene der mit sehr wenig Schönheit begabten Gräfin Zin *** ihr beynahe mehr Neiderinnen zuzog, als die Fräulein von B* mit ihrer Venus-Figur nicht hatte; und die Neide- rinnen waren selbst unter der Zahl der Frauenzimmer von Verdiensten. Woher dieses Emilia? Fühlen etwan vernünf- tige Personen den Vorzug der Anmuth vor der Schönheit stärker als andre, und wünschen sie daher begieriger zu ihrem Ei- genthum? Oder kam dieser Neid von der Beobachtung, daß die ganz anmuthsvolle Gräfin Z *** die hochachtungswürdigste Mannspersonen an sich zog? Oder wagt die feine Eigenliebe eher einen Anfall auf Reize des Angenehmen, als auf die ganze Schönheit, weil Jene nicht gleich von al- len Augen bemerkt werden, und der Man-
gel
den. Sollte ich alles Lob glauben, das man meinem Tanzen und Anſtand giebt, ſo ſind ſeine Vermuthungen alle eingetrof- fen; ſo wie ich ſeinen Ausſpruch uͤber den Vorzug der Anmuth vor der Schoͤnheit ganz wahr gefunden habe, weil ich geſe- hen, daß die holdſelige Miene der mit ſehr wenig Schoͤnheit begabten Graͤfin Zin *** ihr beynahe mehr Neiderinnen zuzog, als die Fraͤulein von B* mit ihrer Venus-Figur nicht hatte; und die Neide- rinnen waren ſelbſt unter der Zahl der Frauenzimmer von Verdienſten. Woher dieſes Emilia? Fuͤhlen etwan vernuͤnf- tige Perſonen den Vorzug der Anmuth vor der Schoͤnheit ſtaͤrker als andre, und wuͤnſchen ſie daher begieriger zu ihrem Ei- genthum? Oder kam dieſer Neid von der Beobachtung, daß die ganz anmuthsvolle Graͤfin Z *** die hochachtungswuͤrdigſte Mannsperſonen an ſich zog? Oder wagt die feine Eigenliebe eher einen Anfall auf Reize des Angenehmen, als auf die ganze Schoͤnheit, weil Jene nicht gleich von al- len Augen bemerkt werden, und der Man-
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den. Sollte ich alles Lob glauben, das
man meinem Tanzen und Anſtand giebt,
ſo ſind ſeine Vermuthungen alle eingetrof-
fen; ſo wie ich ſeinen Ausſpruch uͤber den
Vorzug der Anmuth vor der Schoͤnheit
ganz wahr gefunden habe, weil ich geſe-
hen, daß die holdſelige Miene der mit
ſehr wenig Schoͤnheit begabten Graͤfin
Zin *** ihr beynahe mehr Neiderinnen
zuzog, als die Fraͤulein von B* mit ihrer
Venus-Figur nicht hatte; und die Neide-
rinnen waren ſelbſt unter der Zahl der
Frauenzimmer von Verdienſten. Woher
dieſes Emilia? Fuͤhlen etwan vernuͤnf-
tige Perſonen den Vorzug der Anmuth
vor der Schoͤnheit ſtaͤrker als andre, und
wuͤnſchen ſie daher begieriger zu ihrem Ei-
genthum? Oder kam dieſer Neid von der
Beobachtung, daß die ganz anmuthsvolle
Graͤfin Z *** die hochachtungswuͤrdigſte
Mannsperſonen an ſich zog? Oder wagt
die feine Eigenliebe eher einen Anfall auf
Reize des Angenehmen, als auf die ganze
Schoͤnheit, weil Jene nicht gleich von al-
len Augen bemerkt werden, und der Man-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/296>, abgerufen am 15.05.2024.
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