Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Niemals war mir meine Tante lieber
als diesen Augenblick, da sie meinen
Wunsch erfüllte, daß alle wissen möchten,
was der Jnnhalt meines Gesprächs mit
dem Fürsten gewesen sey. Jch sagte auch
ganz munter: er hätte meine Bitte in
Gnaden angehört und zugesagt. Die
Düsternheit des Milords Derby verlohr
sich und blieb nur nachdenkend, aber ganz
heiter, und die übrigen zeigten mir ihren
Beyfall über meine Fürbitte mit Worten
und Gebehrden. Aber was denken Sie,
meine Emilia, wie mir war, als ich nach
der Gesellschaft mich nur auszog und ei-
nen Augenblick mit meiner Rosine in ei-
nem Tragsessel mich zum Rath T* bringen
ließ, der gar nicht weit von uns wohnt;
ich wollte den guten Leuten eine vergnügte
Ruhe verschaffen, indem ich ihnen die
Gnade des Fürsten versicherte. Jch hatte
mich nahe an das Fenster, welches in ei-
ne kleine Gasse gegen einen Garten geht,
gesetzt. Aeltern und Kinder waren um
mich versammelt; der Rath T* hatte
auf mein Zureden neben mir auf der Bank

Platz

Niemals war mir meine Tante lieber
als dieſen Augenblick, da ſie meinen
Wunſch erfuͤllte, daß alle wiſſen moͤchten,
was der Jnnhalt meines Geſpraͤchs mit
dem Fuͤrſten geweſen ſey. Jch ſagte auch
ganz munter: er haͤtte meine Bitte in
Gnaden angehoͤrt und zugeſagt. Die
Duͤſternheit des Milords Derby verlohr
ſich und blieb nur nachdenkend, aber ganz
heiter, und die uͤbrigen zeigten mir ihren
Beyfall uͤber meine Fuͤrbitte mit Worten
und Gebehrden. Aber was denken Sie,
meine Emilia, wie mir war, als ich nach
der Geſellſchaft mich nur auszog und ei-
nen Augenblick mit meiner Roſine in ei-
nem Tragſeſſel mich zum Rath T* bringen
ließ, der gar nicht weit von uns wohnt;
ich wollte den guten Leuten eine vergnuͤgte
Ruhe verſchaffen, indem ich ihnen die
Gnade des Fuͤrſten verſicherte. Jch hatte
mich nahe an das Fenſter, welches in ei-
ne kleine Gaſſe gegen einen Garten geht,
geſetzt. Aeltern und Kinder waren um
mich verſammelt; der Rath T* hatte
auf mein Zureden neben mir auf der Bank

Platz
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0312" n="286"/>
          <p>Niemals war mir meine Tante lieber<lb/>
als die&#x017F;en Augenblick, da &#x017F;ie meinen<lb/>
Wun&#x017F;ch erfu&#x0364;llte, daß alle wi&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;chten,<lb/>
was der Jnnhalt meines Ge&#x017F;pra&#x0364;chs mit<lb/>
dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Jch &#x017F;agte auch<lb/>
ganz munter: er ha&#x0364;tte meine Bitte in<lb/>
Gnaden angeho&#x0364;rt und zuge&#x017F;agt. Die<lb/>
Du&#x0364;&#x017F;ternheit des Milords Derby verlohr<lb/>
&#x017F;ich und blieb nur nachdenkend, aber ganz<lb/>
heiter, und die u&#x0364;brigen zeigten mir ihren<lb/>
Beyfall u&#x0364;ber meine Fu&#x0364;rbitte mit Worten<lb/>
und Gebehrden. Aber was denken Sie,<lb/>
meine Emilia, wie mir war, als ich nach<lb/>
der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft mich nur auszog und ei-<lb/>
nen Augenblick mit meiner Ro&#x017F;ine in ei-<lb/>
nem Trag&#x017F;e&#x017F;&#x017F;el mich zum Rath T* bringen<lb/>
ließ, der gar nicht weit von uns wohnt;<lb/>
ich wollte den guten Leuten eine vergnu&#x0364;gte<lb/>
Ruhe ver&#x017F;chaffen, indem ich ihnen die<lb/>
Gnade des Fu&#x0364;r&#x017F;ten ver&#x017F;icherte. Jch hatte<lb/>
mich nahe an das Fen&#x017F;ter, welches in ei-<lb/>
ne kleine Ga&#x017F;&#x017F;e gegen einen Garten geht,<lb/>
ge&#x017F;etzt. Aeltern und Kinder waren um<lb/>
mich ver&#x017F;ammelt; der Rath T* hatte<lb/>
auf mein Zureden neben mir auf der Bank<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Platz</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0312] Niemals war mir meine Tante lieber als dieſen Augenblick, da ſie meinen Wunſch erfuͤllte, daß alle wiſſen moͤchten, was der Jnnhalt meines Geſpraͤchs mit dem Fuͤrſten geweſen ſey. Jch ſagte auch ganz munter: er haͤtte meine Bitte in Gnaden angehoͤrt und zugeſagt. Die Duͤſternheit des Milords Derby verlohr ſich und blieb nur nachdenkend, aber ganz heiter, und die uͤbrigen zeigten mir ihren Beyfall uͤber meine Fuͤrbitte mit Worten und Gebehrden. Aber was denken Sie, meine Emilia, wie mir war, als ich nach der Geſellſchaft mich nur auszog und ei- nen Augenblick mit meiner Roſine in ei- nem Tragſeſſel mich zum Rath T* bringen ließ, der gar nicht weit von uns wohnt; ich wollte den guten Leuten eine vergnuͤgte Ruhe verſchaffen, indem ich ihnen die Gnade des Fuͤrſten verſicherte. Jch hatte mich nahe an das Fenſter, welches in ei- ne kleine Gaſſe gegen einen Garten geht, geſetzt. Aeltern und Kinder waren um mich verſammelt; der Rath T* hatte auf mein Zureden neben mir auf der Bank Platz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/312
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/312>, abgerufen am 14.05.2024.