Jch habe also Jhr Geständniß; aber wo soll das Unglück seyn?
"Ja, Sie haben mein Geständniß; Jhre Fräulein Schwester ist das erste Frauenzimmer, welches die beste Neigung meiner Seele hat; aber ich will sie über- winden; man soll Jhnen nicht vorwerfen, daß sie Jhrer Freundschaft die schuldi- ge Achtung für Jhre Voreltern aufge- opfert haben. Fräulein Sophie soll durch mich keinen Anspruch an Glück und Vorzug verliehren. Schwören Sie mir, kein Wort mit ihr davon zu reden; oder Sie sehen mich heute zum letztenmal!"
Sie denken edel, mein Freund; aber Sie sollen nicht ungerecht werden. Jhre Abreise würde nicht allein mich, sondern Sophien und meine Gemahlin betrüben. Sie sollen mein Bruder seyn! --
"P., Sie martern mich mit diesem Zuspruch mehr, als mich die Unmöglich- keit marterte, die meinen Wünschen ent- gegen ist."
Freund! Sie haben die freywillige, die zärtliche Zusage meiner Schwester --
Sie
Jch habe alſo Jhr Geſtaͤndniß; aber wo ſoll das Ungluͤck ſeyn?
„Ja, Sie haben mein Geſtaͤndniß; Jhre Fraͤulein Schweſter iſt das erſte Frauenzimmer, welches die beſte Neigung meiner Seele hat; aber ich will ſie uͤber- winden; man ſoll Jhnen nicht vorwerfen, daß ſie Jhrer Freundſchaft die ſchuldi- ge Achtung fuͤr Jhre Voreltern aufge- opfert haben. Fraͤulein Sophie ſoll durch mich keinen Anſpruch an Gluͤck und Vorzug verliehren. Schwoͤren Sie mir, kein Wort mit ihr davon zu reden; oder Sie ſehen mich heute zum letztenmal!“
Sie denken edel, mein Freund; aber Sie ſollen nicht ungerecht werden. Jhre Abreiſe wuͤrde nicht allein mich, ſondern Sophien und meine Gemahlin betruͤben. Sie ſollen mein Bruder ſeyn! —
„P., Sie martern mich mit dieſem Zuſpruch mehr, als mich die Unmoͤglich- keit marterte, die meinen Wuͤnſchen ent- gegen iſt.“
Freund! Sie haben die freywillige, die zaͤrtliche Zuſage meiner Schweſter —
Sie
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0052"n="26"/><p>Jch habe alſo Jhr Geſtaͤndniß; aber<lb/>
wo ſoll das Ungluͤck ſeyn?</p><lb/><p>„Ja, Sie haben mein Geſtaͤndniß;<lb/>
Jhre Fraͤulein Schweſter iſt das erſte<lb/>
Frauenzimmer, welches die beſte Neigung<lb/>
meiner Seele hat; aber ich will ſie uͤber-<lb/>
winden; man ſoll Jhnen nicht vorwerfen,<lb/>
daß ſie Jhrer Freundſchaft die ſchuldi-<lb/>
ge Achtung fuͤr Jhre Voreltern aufge-<lb/>
opfert haben. Fraͤulein Sophie ſoll<lb/>
durch mich keinen Anſpruch an Gluͤck und<lb/>
Vorzug verliehren. Schwoͤren Sie mir,<lb/>
kein Wort mit ihr davon zu reden; oder<lb/>
Sie ſehen mich heute zum letztenmal!“</p><lb/><p>Sie denken edel, mein Freund; aber<lb/>
Sie ſollen nicht ungerecht werden. Jhre<lb/>
Abreiſe wuͤrde nicht allein mich, ſondern<lb/>
Sophien und meine Gemahlin betruͤben.<lb/>
Sie <hirendition="#fr">ſollen</hi> mein Bruder ſeyn! —</p><lb/><p>„P., Sie martern mich mit dieſem<lb/>
Zuſpruch mehr, als mich die Unmoͤglich-<lb/>
keit marterte, die meinen Wuͤnſchen ent-<lb/>
gegen iſt.“</p><lb/><p>Freund! Sie haben die freywillige,<lb/>
die zaͤrtliche Zuſage meiner Schweſter —<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sie</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[26/0052]
Jch habe alſo Jhr Geſtaͤndniß; aber
wo ſoll das Ungluͤck ſeyn?
„Ja, Sie haben mein Geſtaͤndniß;
Jhre Fraͤulein Schweſter iſt das erſte
Frauenzimmer, welches die beſte Neigung
meiner Seele hat; aber ich will ſie uͤber-
winden; man ſoll Jhnen nicht vorwerfen,
daß ſie Jhrer Freundſchaft die ſchuldi-
ge Achtung fuͤr Jhre Voreltern aufge-
opfert haben. Fraͤulein Sophie ſoll
durch mich keinen Anſpruch an Gluͤck und
Vorzug verliehren. Schwoͤren Sie mir,
kein Wort mit ihr davon zu reden; oder
Sie ſehen mich heute zum letztenmal!“
Sie denken edel, mein Freund; aber
Sie ſollen nicht ungerecht werden. Jhre
Abreiſe wuͤrde nicht allein mich, ſondern
Sophien und meine Gemahlin betruͤben.
Sie ſollen mein Bruder ſeyn! —
„P., Sie martern mich mit dieſem
Zuſpruch mehr, als mich die Unmoͤglich-
keit marterte, die meinen Wuͤnſchen ent-
gegen iſt.“
Freund! Sie haben die freywillige,
die zaͤrtliche Zuſage meiner Schweſter —
Sie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/52>, abgerufen am 29.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.