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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Geber: Chemische Prinzipien und Elemente.
Der Vorgang der Metallentstehung wird dabei so gedacht, daß
Quecksilber und Schwefel zunächst in einen erdigen Zustand
sich verwandeln; aus jedem dieser beiden erdigen Stoffe wird durch
die Wärme des Erdinnern ein fumus tenuissimus frei, und diese
beiden äußerst feinen Raucharten sind die unmittelbare Ma-
terie für die Metalle.1 Dieser im Erdinnern fixierte fumus ver-
bindet sich alsdann mit dem Wasser in der Erde, so daß eine
sehr enge und durchaus gleichförmige Verbindung aller Ele-
mente entsteht. Diese Verbindung wird durch allmähliche Er-
härtung zum Metall. Dschabir meint, daß die Vertreter dieser
Ansicht, wenn sie auch der Wahrheit nahe gekommen seien,
doch die reine Wahrheit noch nicht gefunden hätten. Er
selbst gibt drei Prinzipien der Metalle an, Sulfur, Arsenicum,
Argentum vivum
,2 von denen jedoch Arsenicum neben dem
Schwefel weniger in Betracht kommt und als etwas dem
Schwefel Nahestehendes behandelt wird. Die Eigenschaften
und Wirkungen dieser Grundstoffe, die sich bei der Zusammen-
setzung der Metalle aus ihnen geltend machen, werden aus-
führlich auseinandergesetzt, wobei sich überall zeigt, daß für
die Art der Zusammensetzung die quantitativen Verhältnisse
wesentlich sind. Theoretisch ist der Zusammenhang dieser
chemischen Prinzipien mit den alten vier Elementen von Inter-
esse. Von all den Prinzipien der Chemiker, sowohl den älteren
als neueren, sagt Dschabir ganz im allgemeinen, daß sie
zusammengesetzte Körper sind und zwar von sehr
gleichförmiger Substanz, weil in ihnen die Teile der Erde mit
denen der Luft, des Wassers und des Feuers aufs innigste
(durch Berührung der kleinsten Teile) vereint sind, so daß
dieselben bei der Auflösung sich nicht voneinander trennen
können.3 Wir haben es also bei den Grundbestandteilen der

1 A. a. O. c. 26. p. 539. "Et hic duplex fumus est materia metallorum
immediata." Vgl. dazu die Theorie des Aristoteles in vor. Anm.
2 A. a. O. c. 27. p. 540. Vgl. dazu Kopp, Beitr. S. 44. Anm. 40.
3 A. a. O, c. 25. p. 537, 538. Expedit igitur nos ampliare sermonem
nostrum et dilatare (dies geschieht c. 26) et singulum capitulum de singulo
naturali principio tradere. (Dies sind die c. 28, 29, 30.) In genere autem
dicimus, quod unumquodque ipsorum (also auch Quecksilber und Schwefel) est
fortissimae compositionis et uniformis substantiae, et illud ideo, quod in eis
partes terrae taliter partibus aeriis, aqueis et igneis per minima sunt unitae,

Geber: Chemische Prinzipien und Elemente.
Der Vorgang der Metallentstehung wird dabei so gedacht, daß
Quecksilber und Schwefel zunächst in einen erdigen Zustand
sich verwandeln; aus jedem dieser beiden erdigen Stoffe wird durch
die Wärme des Erdinnern ein fumus tenuissimus frei, und diese
beiden äußerst feinen Raucharten sind die unmittelbare Ma-
terie für die Metalle.1 Dieser im Erdinnern fixierte fumus ver-
bindet sich alsdann mit dem Wasser in der Erde, so daß eine
sehr enge und durchaus gleichförmige Verbindung aller Ele-
mente entsteht. Diese Verbindung wird durch allmähliche Er-
härtung zum Metall. Dschabir meint, daß die Vertreter dieser
Ansicht, wenn sie auch der Wahrheit nahe gekommen seien,
doch die reine Wahrheit noch nicht gefunden hätten. Er
selbst gibt drei Prinzipien der Metalle an, Sulfur, Arsenicum,
Argentum vivum
,2 von denen jedoch Arsenicum neben dem
Schwefel weniger in Betracht kommt und als etwas dem
Schwefel Nahestehendes behandelt wird. Die Eigenschaften
und Wirkungen dieser Grundstoffe, die sich bei der Zusammen-
setzung der Metalle aus ihnen geltend machen, werden aus-
führlich auseinandergesetzt, wobei sich überall zeigt, daß für
die Art der Zusammensetzung die quantitativen Verhältnisse
wesentlich sind. Theoretisch ist der Zusammenhang dieser
chemischen Prinzipien mit den alten vier Elementen von Inter-
esse. Von all den Prinzipien der Chemiker, sowohl den älteren
als neueren, sagt Dschabir ganz im allgemeinen, daß sie
zusammengesetzte Körper sind und zwar von sehr
gleichförmiger Substanz, weil in ihnen die Teile der Erde mit
denen der Luft, des Wassers und des Feuers aufs innigste
(durch Berührung der kleinsten Teile) vereint sind, so daß
dieselben bei der Auflösung sich nicht voneinander trennen
können.3 Wir haben es also bei den Grundbestandteilen der

1 A. a. O. c. 26. p. 539. „Et hic duplex fumus est materia metallorum
immediata.‟ Vgl. dazu die Theorie des Aristoteles in vor. Anm.
2 A. a. O. c. 27. p. 540. Vgl. dazu Kopp, Beitr. S. 44. Anm. 40.
3 A. a. O, c. 25. p. 537, 538. Expedit igitur nos ampliare sermonem
nostrum et dilatare (dies geschieht c. 26) et singulum capitulum de singulo
naturali principio tradere. (Dies sind die c. 28, 29, 30.) In genere autem
dicimus, quod unumquodque ipsorum (also auch Quecksilber und Schwefel) est
fortissimae compositionis et uniformis substantiae, et illud ideo, quod in eis
partes terrae taliter partibus aëriis, aqueis et igneis per minima sunt unitae,
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[226/0244] Geber: Chemische Prinzipien und Elemente. Der Vorgang der Metallentstehung wird dabei so gedacht, daß Quecksilber und Schwefel zunächst in einen erdigen Zustand sich verwandeln; aus jedem dieser beiden erdigen Stoffe wird durch die Wärme des Erdinnern ein fumus tenuissimus frei, und diese beiden äußerst feinen Raucharten sind die unmittelbare Ma- terie für die Metalle. 1 Dieser im Erdinnern fixierte fumus ver- bindet sich alsdann mit dem Wasser in der Erde, so daß eine sehr enge und durchaus gleichförmige Verbindung aller Ele- mente entsteht. Diese Verbindung wird durch allmähliche Er- härtung zum Metall. Dschabir meint, daß die Vertreter dieser Ansicht, wenn sie auch der Wahrheit nahe gekommen seien, doch die reine Wahrheit noch nicht gefunden hätten. Er selbst gibt drei Prinzipien der Metalle an, Sulfur, Arsenicum, Argentum vivum, 2 von denen jedoch Arsenicum neben dem Schwefel weniger in Betracht kommt und als etwas dem Schwefel Nahestehendes behandelt wird. Die Eigenschaften und Wirkungen dieser Grundstoffe, die sich bei der Zusammen- setzung der Metalle aus ihnen geltend machen, werden aus- führlich auseinandergesetzt, wobei sich überall zeigt, daß für die Art der Zusammensetzung die quantitativen Verhältnisse wesentlich sind. Theoretisch ist der Zusammenhang dieser chemischen Prinzipien mit den alten vier Elementen von Inter- esse. Von all den Prinzipien der Chemiker, sowohl den älteren als neueren, sagt Dschabir ganz im allgemeinen, daß sie zusammengesetzte Körper sind und zwar von sehr gleichförmiger Substanz, weil in ihnen die Teile der Erde mit denen der Luft, des Wassers und des Feuers aufs innigste (durch Berührung der kleinsten Teile) vereint sind, so daß dieselben bei der Auflösung sich nicht voneinander trennen können. 3 Wir haben es also bei den Grundbestandteilen der 1 A. a. O. c. 26. p. 539. „Et hic duplex fumus est materia metallorum immediata.‟ Vgl. dazu die Theorie des Aristoteles in vor. Anm. 2 A. a. O. c. 27. p. 540. Vgl. dazu Kopp, Beitr. S. 44. Anm. 40. 3 A. a. O, c. 25. p. 537, 538. Expedit igitur nos ampliare sermonem nostrum et dilatare (dies geschieht c. 26) et singulum capitulum de singulo naturali principio tradere. (Dies sind die c. 28, 29, 30.) In genere autem dicimus, quod unumquodque ipsorum (also auch Quecksilber und Schwefel) est fortissimae compositionis et uniformis substantiae, et illud ideo, quod in eis partes terrae taliter partibus aëriis, aqueis et igneis per minima sunt unitae,

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/244>, abgerufen am 16.05.2024.