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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

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Sechzehntes Kapitel.
bracht und nochmals um das Zehnfache vergrößert.
Dadurch rückte die Stadt bis auf kaum neun Kilo-
meter an den Standpunkt des Beschauers heran. Es
war, als ob man sie aus einem dreitausend Meter
über dem Nordende der Stadt schwebenden Luftballon
betrachtete, nur freilich bei einer außerordentlich matten
Beleuchtung. Der auf der Wand abgebildete Kreis
umfaßte in Wirklichkeit einen Durchmesser von zehn
Kilometer.

Dem Mangel an Licht, welcher eine Folge der
Projektion bei starker Vergrößerung war, konnten die
Martier durch eine ihrer genialen Erfindungen ab-
helfen; sie schalteten in den Gang der Lichtstrahlen ein
sogenanntes optisches Relais ein. Die Strahlen passierten
dabei eine Vorrichtung, durch welche sie neue Energie
aufnahmen, und zwar jede Farbengattung genau Licht
derselben Art und im Verhältnis ihrer Helligkeit. Da-
durch erhielt das ganze Bild, ohne seinen Charakter
zu verändern, die erforderliche Lichtstärke. Eins aber
konnte freilich nicht entfernt werden, der über der
ganzen Stadt lagernde Dunst und Qualm. Die
Felder nördlich von der Stadt und ein Teil der Vor-
orte waren zu erkennen. Man bemerkte die feinen
Linien, von einem Rauchwölkchen gekrönt, welche die
der Hauptstadt zustrebenden Eisenbahnzüge vorstellten.
Das Häusermeer selbst aber verschwamm in einem
grauen Nebel, über den nur die Türme und Kuppeln
der Kirchen hervorragten. Deutlich erkannte man den
Reflex der Sonne an dem Dache des Reichstags-
gebäudes und an der Siegessäule.

Sechzehntes Kapitel.
bracht und nochmals um das Zehnfache vergrößert.
Dadurch rückte die Stadt bis auf kaum neun Kilo-
meter an den Standpunkt des Beſchauers heran. Es
war, als ob man ſie aus einem dreitauſend Meter
über dem Nordende der Stadt ſchwebenden Luftballon
betrachtete, nur freilich bei einer außerordentlich matten
Beleuchtung. Der auf der Wand abgebildete Kreis
umfaßte in Wirklichkeit einen Durchmeſſer von zehn
Kilometer.

Dem Mangel an Licht, welcher eine Folge der
Projektion bei ſtarker Vergrößerung war, konnten die
Martier durch eine ihrer genialen Erfindungen ab-
helfen; ſie ſchalteten in den Gang der Lichtſtrahlen ein
ſogenanntes optiſches Relais ein. Die Strahlen paſſierten
dabei eine Vorrichtung, durch welche ſie neue Energie
aufnahmen, und zwar jede Farbengattung genau Licht
derſelben Art und im Verhältnis ihrer Helligkeit. Da-
durch erhielt das ganze Bild, ohne ſeinen Charakter
zu verändern, die erforderliche Lichtſtärke. Eins aber
konnte freilich nicht entfernt werden, der über der
ganzen Stadt lagernde Dunſt und Qualm. Die
Felder nördlich von der Stadt und ein Teil der Vor-
orte waren zu erkennen. Man bemerkte die feinen
Linien, von einem Rauchwölkchen gekrönt, welche die
der Hauptſtadt zuſtrebenden Eiſenbahnzüge vorſtellten.
Das Häuſermeer ſelbſt aber verſchwamm in einem
grauen Nebel, über den nur die Türme und Kuppeln
der Kirchen hervorragten. Deutlich erkannte man den
Reflex der Sonne an dem Dache des Reichstags-
gebäudes und an der Siegesſäule.

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[244/0252] Sechzehntes Kapitel. bracht und nochmals um das Zehnfache vergrößert. Dadurch rückte die Stadt bis auf kaum neun Kilo- meter an den Standpunkt des Beſchauers heran. Es war, als ob man ſie aus einem dreitauſend Meter über dem Nordende der Stadt ſchwebenden Luftballon betrachtete, nur freilich bei einer außerordentlich matten Beleuchtung. Der auf der Wand abgebildete Kreis umfaßte in Wirklichkeit einen Durchmeſſer von zehn Kilometer. Dem Mangel an Licht, welcher eine Folge der Projektion bei ſtarker Vergrößerung war, konnten die Martier durch eine ihrer genialen Erfindungen ab- helfen; ſie ſchalteten in den Gang der Lichtſtrahlen ein ſogenanntes optiſches Relais ein. Die Strahlen paſſierten dabei eine Vorrichtung, durch welche ſie neue Energie aufnahmen, und zwar jede Farbengattung genau Licht derſelben Art und im Verhältnis ihrer Helligkeit. Da- durch erhielt das ganze Bild, ohne ſeinen Charakter zu verändern, die erforderliche Lichtſtärke. Eins aber konnte freilich nicht entfernt werden, der über der ganzen Stadt lagernde Dunſt und Qualm. Die Felder nördlich von der Stadt und ein Teil der Vor- orte waren zu erkennen. Man bemerkte die feinen Linien, von einem Rauchwölkchen gekrönt, welche die der Hauptſtadt zuſtrebenden Eiſenbahnzüge vorſtellten. Das Häuſermeer ſelbſt aber verſchwamm in einem grauen Nebel, über den nur die Türme und Kuppeln der Kirchen hervorragten. Deutlich erkannte man den Reflex der Sonne an dem Dache des Reichstags- gebäudes und an der Siegesſäule.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/252>, abgerufen am 26.04.2024.