Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Sohn des Martiers.

Jsma sah ihn sprachlos an. Sie konnte nicht
zweifeln. Das Fremdartige seines Wesens, selbst seiner
Erscheinung, das sie anfänglich abgestoßen, später so
viel stärker gefesselt hatte, als sie sich selbst gestehen
mochte -- alles wurde ihr auf einmal erklärlich.

Das Mädchen erschien an der Thür.

"Kommen Sie", sagte sie. "Wir wollen uns we-
nigstens zu Tisch setzen, es ist Zeit. Jch muß aber
noch mehr hören, viel mehr."

"Wie oft haben wir Sie geneckt", sagte Jsma bei
Tische, "wenn Sie hier bei uns saßen und von den
Marsbewohnern phantasierten. Es ist mir nie der
Gedanke gekommen, daß Sie Jhre Erzählungen ernst
meinen könnten."

"Jch habe mich auch gehütet, es so erscheinen zu
lassen. Dann säße ich wohl im Jrrenhause. Und
doch ist es so. Jch werde Jhnen die Aufzeichnungen
meines Vaters zeigen, wenn Sie wieder einmal auf
meinen Berg steigen. Und das meiste weiß ich aus
seinem eigenen Munde. Sie sehen mich ungläu-
big an?"

"Seien Sie nicht böse -- ich glaube Jhnen, aber
es will mir noch nicht in den Kopf, das Unerhörteste,
was je geschehen ist -- und mir, mir soll es be-
gegnen --"

"Zwischen uns soll sich nichts ändern, Jsma!
Aber ich hoffe, Jhnen jetzt erst ganz zeigen zu kön-
nen, wie lieb ich Sie habe. Meine Pläne sind groß."

"Lassen Sie mich nur erst das Vergangene ver-
stehen. Jhr Vater --"

Der Sohn des Martiers.

Jsma ſah ihn ſprachlos an. Sie konnte nicht
zweifeln. Das Fremdartige ſeines Weſens, ſelbſt ſeiner
Erſcheinung, das ſie anfänglich abgeſtoßen, ſpäter ſo
viel ſtärker gefeſſelt hatte, als ſie ſich ſelbſt geſtehen
mochte — alles wurde ihr auf einmal erklärlich.

Das Mädchen erſchien an der Thür.

„Kommen Sie‟, ſagte ſie. „Wir wollen uns we-
nigſtens zu Tiſch ſetzen, es iſt Zeit. Jch muß aber
noch mehr hören, viel mehr.‟

„Wie oft haben wir Sie geneckt‟, ſagte Jsma bei
Tiſche, „wenn Sie hier bei uns ſaßen und von den
Marsbewohnern phantaſierten. Es iſt mir nie der
Gedanke gekommen, daß Sie Jhre Erzählungen ernſt
meinen könnten.‟

„Jch habe mich auch gehütet, es ſo erſcheinen zu
laſſen. Dann ſäße ich wohl im Jrrenhauſe. Und
doch iſt es ſo. Jch werde Jhnen die Aufzeichnungen
meines Vaters zeigen, wenn Sie wieder einmal auf
meinen Berg ſteigen. Und das meiſte weiß ich aus
ſeinem eigenen Munde. Sie ſehen mich ungläu-
big an?‟

„Seien Sie nicht böſe — ich glaube Jhnen, aber
es will mir noch nicht in den Kopf, das Unerhörteſte,
was je geſchehen iſt — und mir, mir ſoll es be-
gegnen —‟

„Zwiſchen uns ſoll ſich nichts ändern, Jsma!
Aber ich hoffe, Jhnen jetzt erſt ganz zeigen zu kön-
nen, wie lieb ich Sie habe. Meine Pläne ſind groß.‟

„Laſſen Sie mich nur erſt das Vergangene ver-
ſtehen. Jhr Vater —‟

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0339" n="331"/>
          <fw place="top" type="header">Der Sohn des Martiers.</fw><lb/>
          <p>Jsma &#x017F;ah ihn &#x017F;prachlos an. Sie konnte nicht<lb/>
zweifeln. Das Fremdartige &#x017F;eines We&#x017F;ens, &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;einer<lb/>
Er&#x017F;cheinung, das &#x017F;ie anfänglich abge&#x017F;toßen, &#x017F;päter &#x017F;o<lb/>
viel &#x017F;tärker gefe&#x017F;&#x017F;elt hatte, als &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;tehen<lb/>
mochte &#x2014; alles wurde ihr auf einmal erklärlich.</p><lb/>
          <p>Das Mädchen er&#x017F;chien an der Thür.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Kommen Sie&#x201F;, &#x017F;agte &#x017F;ie. &#x201E;Wir wollen uns we-<lb/>
nig&#x017F;tens zu Ti&#x017F;ch &#x017F;etzen, es i&#x017F;t Zeit. Jch muß aber<lb/>
noch mehr hören, viel mehr.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie oft haben wir Sie geneckt&#x201F;, &#x017F;agte Jsma bei<lb/>
Ti&#x017F;che, &#x201E;wenn Sie hier bei uns &#x017F;aßen und von den<lb/>
Marsbewohnern phanta&#x017F;ierten. Es i&#x017F;t mir nie der<lb/>
Gedanke gekommen, daß Sie Jhre Erzählungen ern&#x017F;t<lb/>
meinen könnten.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch habe mich auch gehütet, es &#x017F;o er&#x017F;cheinen zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Dann &#x017F;äße ich wohl im Jrrenhau&#x017F;e. Und<lb/>
doch i&#x017F;t es &#x017F;o. Jch werde Jhnen die Aufzeichnungen<lb/>
meines Vaters zeigen, wenn Sie wieder einmal auf<lb/>
meinen Berg &#x017F;teigen. Und das mei&#x017F;te weiß ich aus<lb/>
&#x017F;einem eigenen Munde. Sie &#x017F;ehen mich ungläu-<lb/>
big an?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Seien Sie nicht bö&#x017F;e &#x2014; ich glaube Jhnen, aber<lb/>
es will mir noch nicht in den Kopf, das Unerhörte&#x017F;te,<lb/>
was je ge&#x017F;chehen i&#x017F;t &#x2014; und mir, mir &#x017F;oll es be-<lb/>
gegnen &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Zwi&#x017F;chen uns &#x017F;oll &#x017F;ich nichts ändern, Jsma!<lb/>
Aber ich hoffe, Jhnen jetzt er&#x017F;t ganz zeigen zu kön-<lb/>
nen, wie lieb ich Sie habe. Meine Pläne &#x017F;ind groß.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;La&#x017F;&#x017F;en Sie mich nur er&#x017F;t das Vergangene ver-<lb/>
&#x017F;tehen. Jhr Vater &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0339] Der Sohn des Martiers. Jsma ſah ihn ſprachlos an. Sie konnte nicht zweifeln. Das Fremdartige ſeines Weſens, ſelbſt ſeiner Erſcheinung, das ſie anfänglich abgeſtoßen, ſpäter ſo viel ſtärker gefeſſelt hatte, als ſie ſich ſelbſt geſtehen mochte — alles wurde ihr auf einmal erklärlich. Das Mädchen erſchien an der Thür. „Kommen Sie‟, ſagte ſie. „Wir wollen uns we- nigſtens zu Tiſch ſetzen, es iſt Zeit. Jch muß aber noch mehr hören, viel mehr.‟ „Wie oft haben wir Sie geneckt‟, ſagte Jsma bei Tiſche, „wenn Sie hier bei uns ſaßen und von den Marsbewohnern phantaſierten. Es iſt mir nie der Gedanke gekommen, daß Sie Jhre Erzählungen ernſt meinen könnten.‟ „Jch habe mich auch gehütet, es ſo erſcheinen zu laſſen. Dann ſäße ich wohl im Jrrenhauſe. Und doch iſt es ſo. Jch werde Jhnen die Aufzeichnungen meines Vaters zeigen, wenn Sie wieder einmal auf meinen Berg ſteigen. Und das meiſte weiß ich aus ſeinem eigenen Munde. Sie ſehen mich ungläu- big an?‟ „Seien Sie nicht böſe — ich glaube Jhnen, aber es will mir noch nicht in den Kopf, das Unerhörteſte, was je geſchehen iſt — und mir, mir ſoll es be- gegnen —‟ „Zwiſchen uns ſoll ſich nichts ändern, Jsma! Aber ich hoffe, Jhnen jetzt erſt ganz zeigen zu kön- nen, wie lieb ich Sie habe. Meine Pläne ſind groß.‟ „Laſſen Sie mich nur erſt das Vergangene ver- ſtehen. Jhr Vater —‟

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/339
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/339>, abgerufen am 06.05.2024.