Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweiundzwanzigstes Kapitel.
führte, schimmerte noch Licht. Von dort ging eine
Freitreppe in den Garten. Ell war an seinem Schreib-
tisch mit einer Arbeit beschäftigt, die er schon seit
Jahren betrieb, einer Darstellung der Verhältnisse
der Marsbewohner und einer Anleitung, ihre Sprache
zu erlernen. Er wollte diese Bücher in dem Augen-
blicke veröffentlichen, in welchem die ersten Martier
mit den Menschen zusammenträfen.

Jn seine Arbeit vertieft vernahm er nicht, daß
langsame Schritte über den Kiesweg des Gartens sich
nahten, daß jemand die Treppe der Veranda erstieg.
Erst als der Tritt auf der Veranda selbst erklang,
drehte er sich um. Jn der Thür stand die Gestalt
eines Mannes.

"Wie kommen Sie in den verschlossenen Garten?"
fuhr Ell auf, indem er nach der Waffe auf seinem
Schreibtisch griff.

Seine vom Licht des Arbeitstisches geblendeten Augen
konnten nicht sogleich erkennen, wen er vor sich habe.

"Jch bin es!" sagte eine ihm wohlbekannte Stimme.

Ell zuckte zusammen und sprang empor. Er faßte
mit den Händen nach seinem Kopfe.

"Eine Halluzination", war sein Gedanke.

Die Gestalt trat näher. Ell wich zurück.

"Jch bin es wirklich, Herr Doktor, es ist Karl
Grunthe."

"Grunthe!" rief Ell. "Jst es möglich? Wo
kommen Sie her?"

"Direkt vom Nordpol, den ich heute gegen Mittag
verließ."

Zweiundzwanzigſtes Kapitel.
führte, ſchimmerte noch Licht. Von dort ging eine
Freitreppe in den Garten. Ell war an ſeinem Schreib-
tiſch mit einer Arbeit beſchäftigt, die er ſchon ſeit
Jahren betrieb, einer Darſtellung der Verhältniſſe
der Marsbewohner und einer Anleitung, ihre Sprache
zu erlernen. Er wollte dieſe Bücher in dem Augen-
blicke veröffentlichen, in welchem die erſten Martier
mit den Menſchen zuſammenträfen.

Jn ſeine Arbeit vertieft vernahm er nicht, daß
langſame Schritte über den Kiesweg des Gartens ſich
nahten, daß jemand die Treppe der Veranda erſtieg.
Erſt als der Tritt auf der Veranda ſelbſt erklang,
drehte er ſich um. Jn der Thür ſtand die Geſtalt
eines Mannes.

„Wie kommen Sie in den verſchloſſenen Garten?‟
fuhr Ell auf, indem er nach der Waffe auf ſeinem
Schreibtiſch griff.

Seine vom Licht des Arbeitstiſches geblendeten Augen
konnten nicht ſogleich erkennen, wen er vor ſich habe.

„Jch bin es!‟ ſagte eine ihm wohlbekannte Stimme.

Ell zuckte zuſammen und ſprang empor. Er faßte
mit den Händen nach ſeinem Kopfe.

„Eine Halluzination‟, war ſein Gedanke.

Die Geſtalt trat näher. Ell wich zurück.

„Jch bin es wirklich, Herr Doktor, es iſt Karl
Grunthe.‟

„Grunthe!‟ rief Ell. „Jſt es möglich? Wo
kommen Sie her?‟

„Direkt vom Nordpol, den ich heute gegen Mittag
verließ.‟

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0350" n="342"/><fw place="top" type="header">Zweiundzwanzig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
führte, &#x017F;chimmerte noch Licht. Von dort ging eine<lb/>
Freitreppe in den Garten. Ell war an &#x017F;einem Schreib-<lb/>
ti&#x017F;ch mit einer Arbeit be&#x017F;chäftigt, die er &#x017F;chon &#x017F;eit<lb/>
Jahren betrieb, einer Dar&#x017F;tellung der Verhältni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Marsbewohner und einer Anleitung, ihre Sprache<lb/>
zu erlernen. Er wollte die&#x017F;e Bücher in dem Augen-<lb/>
blicke veröffentlichen, in welchem die er&#x017F;ten Martier<lb/>
mit den Men&#x017F;chen zu&#x017F;ammenträfen.</p><lb/>
          <p>Jn &#x017F;eine Arbeit vertieft vernahm er nicht, daß<lb/>
lang&#x017F;ame Schritte über den Kiesweg des Gartens &#x017F;ich<lb/>
nahten, daß jemand die Treppe der Veranda er&#x017F;tieg.<lb/>
Er&#x017F;t als der Tritt auf der Veranda &#x017F;elb&#x017F;t erklang,<lb/>
drehte er &#x017F;ich um. Jn der Thür &#x017F;tand die Ge&#x017F;talt<lb/>
eines Mannes.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie kommen Sie in den ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Garten?&#x201F;<lb/>
fuhr Ell auf, indem er nach der Waffe auf &#x017F;einem<lb/>
Schreibti&#x017F;ch griff.</p><lb/>
          <p>Seine vom Licht des Arbeitsti&#x017F;ches geblendeten Augen<lb/>
konnten nicht &#x017F;ogleich erkennen, wen er vor &#x017F;ich habe.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch bin es!&#x201F; &#x017F;agte eine ihm wohlbekannte Stimme.</p><lb/>
          <p>Ell zuckte zu&#x017F;ammen und &#x017F;prang empor. Er faßte<lb/>
mit den Händen nach &#x017F;einem Kopfe.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Eine Halluzination&#x201F;, war &#x017F;ein Gedanke.</p><lb/>
          <p>Die Ge&#x017F;talt trat näher. Ell wich zurück.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch bin es wirklich, Herr Doktor, es i&#x017F;t Karl<lb/>
Grunthe.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Grunthe!&#x201F; rief Ell. &#x201E;J&#x017F;t es möglich? Wo<lb/>
kommen Sie her?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Direkt vom Nordpol, den ich heute gegen Mittag<lb/>
verließ.&#x201F;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0350] Zweiundzwanzigſtes Kapitel. führte, ſchimmerte noch Licht. Von dort ging eine Freitreppe in den Garten. Ell war an ſeinem Schreib- tiſch mit einer Arbeit beſchäftigt, die er ſchon ſeit Jahren betrieb, einer Darſtellung der Verhältniſſe der Marsbewohner und einer Anleitung, ihre Sprache zu erlernen. Er wollte dieſe Bücher in dem Augen- blicke veröffentlichen, in welchem die erſten Martier mit den Menſchen zuſammenträfen. Jn ſeine Arbeit vertieft vernahm er nicht, daß langſame Schritte über den Kiesweg des Gartens ſich nahten, daß jemand die Treppe der Veranda erſtieg. Erſt als der Tritt auf der Veranda ſelbſt erklang, drehte er ſich um. Jn der Thür ſtand die Geſtalt eines Mannes. „Wie kommen Sie in den verſchloſſenen Garten?‟ fuhr Ell auf, indem er nach der Waffe auf ſeinem Schreibtiſch griff. Seine vom Licht des Arbeitstiſches geblendeten Augen konnten nicht ſogleich erkennen, wen er vor ſich habe. „Jch bin es!‟ ſagte eine ihm wohlbekannte Stimme. Ell zuckte zuſammen und ſprang empor. Er faßte mit den Händen nach ſeinem Kopfe. „Eine Halluzination‟, war ſein Gedanke. Die Geſtalt trat näher. Ell wich zurück. „Jch bin es wirklich, Herr Doktor, es iſt Karl Grunthe.‟ „Grunthe!‟ rief Ell. „Jſt es möglich? Wo kommen Sie her?‟ „Direkt vom Nordpol, den ich heute gegen Mittag verließ.‟

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/350
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/350>, abgerufen am 06.05.2024.