Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.lehnte sich an die Rückseite des Stuhls und war ohn¬ O was erlebte ich! Mein gestähltes Innere bog lehnte ſich an die Rückſeite des Stuhls und war ohn¬ O was erlebte ich! Mein geſtähltes Innere bog <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0156" n="144"/> lehnte ſich an die Rückſeite des Stuhls und war ohn¬<lb/> mächtig. Ihre Augen blieben offen, kein Menſch au¬<lb/> ßer mir kannte ihren Zuſtand. Die Kellner präſentir¬<lb/> ten ihr die Speiſen, ich dankte ſtatt ihrer. Mein wil¬<lb/> der Menſch hatte Luſt, ſich über das Ereigniß zu freuen,<lb/> und wollte eben die unwohl gewordene Dame auf ihr<lb/> Zimmer bringen laſſen, um die wieder lebendige in<lb/> ihrer Schwäche zu erobern. Der alte ſtolze Hyppolit<lb/> ſchämt ſich dieſes jämmerlichen Gedankens, aber die<lb/> Liebe hat die alte Kraft zermalmt. In dem Augen¬<lb/> blicke tritt ein Kellner zu mir und berichtet, daß eine<lb/> Dame, welche im Hauſe wohne, meinen Namen er¬<lb/> fahren und mich fragen laſſe, ob ich derſelbe ſei, wel¬<lb/> cher die Schauſpielerin Desdemona gekannt habe. Dieſe<lb/> liege krank in ſelbigem Hotel darnieder, und wünſche<lb/> ſehnlich mich zu ſprechen. In eine verödete Gegend<lb/> meines Herzens ſchlug dieſer Blitz, und entzündete ſie<lb/> von einem Ende zum andern. Julia hatte ſich erholt,<lb/> ich führte ſie aus dem Saale, küßte ſie auf das ge¬<lb/> brochene Auge und flog davon, Desdemonas Zim¬<lb/> mer ſuchend.</p><lb/> <p>O was erlebte ich! Mein geſtähltes Innere bog<lb/> ſich wie ein Baumzweig. Bleich, ein Bild des zerſtö¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0156]
lehnte ſich an die Rückſeite des Stuhls und war ohn¬
mächtig. Ihre Augen blieben offen, kein Menſch au¬
ßer mir kannte ihren Zuſtand. Die Kellner präſentir¬
ten ihr die Speiſen, ich dankte ſtatt ihrer. Mein wil¬
der Menſch hatte Luſt, ſich über das Ereigniß zu freuen,
und wollte eben die unwohl gewordene Dame auf ihr
Zimmer bringen laſſen, um die wieder lebendige in
ihrer Schwäche zu erobern. Der alte ſtolze Hyppolit
ſchämt ſich dieſes jämmerlichen Gedankens, aber die
Liebe hat die alte Kraft zermalmt. In dem Augen¬
blicke tritt ein Kellner zu mir und berichtet, daß eine
Dame, welche im Hauſe wohne, meinen Namen er¬
fahren und mich fragen laſſe, ob ich derſelbe ſei, wel¬
cher die Schauſpielerin Desdemona gekannt habe. Dieſe
liege krank in ſelbigem Hotel darnieder, und wünſche
ſehnlich mich zu ſprechen. In eine verödete Gegend
meines Herzens ſchlug dieſer Blitz, und entzündete ſie
von einem Ende zum andern. Julia hatte ſich erholt,
ich führte ſie aus dem Saale, küßte ſie auf das ge¬
brochene Auge und flog davon, Desdemonas Zim¬
mer ſuchend.
O was erlebte ich! Mein geſtähltes Innere bog
ſich wie ein Baumzweig. Bleich, ein Bild des zerſtö¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |