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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

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sich beschäftigt war, als daß es auf die andern hätte
Acht haben können. Einen Augenblick war ich durch
einen Zufall, der die Andern auseinander sprengte, mit
Clara allein. -- "Willst Du mir nicht Morgen schenken,
lieber Valer, ich will sonst weiter nichts von Dir."
Die Rührung überwältigte mich, weinend fiel ich ihr
um den Hals, sie bedeckte mein Gesicht mit ihren war¬
men Händen, küßte mich nur auf das Auge und sprach:
"Du guter Junge -- ich will nichts von Dir, als
Dich einmal sehen."

Ich wäre untröstlich, erführe dieser Engel meiner
Poesie, daß ich noch Andre liebte und küßte. -- Als
Alberta zurückkam, eilte ich fort, um Camilla zu su¬
chen. Sie kam mir wie ein Kind sanftlächelnd ent¬
gegen, gab mir ihre Hand und fragte nur: "Sie ist
es?" -- Sie ist's, antwortete ich und erregt in allen
Fibern meiner Seele wollt' ich das liebenswürdigste
Mädchen an mein Herz drücken. Sie hielt mir die
Hand vor den Mund und sagte: "Bitte, bitte, nein --
Du armer reicher Mann." -- Willst Du mir meinen
Reichthum lassen? -- "Ob ich will?" -- Laß Clara
nichts von unsrer Liebe ahnen. "Wie kannst Du bit¬
ten, was sich von selbst versteht; ich bin doch glücklich."

ſich beſchäftigt war, als daß es auf die andern hätte
Acht haben können. Einen Augenblick war ich durch
einen Zufall, der die Andern auseinander ſprengte, mit
Clara allein. — „Willſt Du mir nicht Morgen ſchenken,
lieber Valer, ich will ſonſt weiter nichts von Dir.“
Die Rührung überwältigte mich, weinend fiel ich ihr
um den Hals, ſie bedeckte mein Geſicht mit ihren war¬
men Händen, küßte mich nur auf das Auge und ſprach:
„Du guter Junge — ich will nichts von Dir, als
Dich einmal ſehen.“

Ich wäre untröſtlich, erführe dieſer Engel meiner
Poeſie, daß ich noch Andre liebte und küßte. — Als
Alberta zurückkam, eilte ich fort, um Camilla zu ſu¬
chen. Sie kam mir wie ein Kind ſanftlächelnd ent¬
gegen, gab mir ihre Hand und fragte nur: „Sie iſt
es?“ — Sie iſt's, antwortete ich und erregt in allen
Fibern meiner Seele wollt' ich das liebenswürdigſte
Mädchen an mein Herz drücken. Sie hielt mir die
Hand vor den Mund und ſagte: „Bitte, bitte, nein —
Du armer reicher Mann.“ — Willſt Du mir meinen
Reichthum laſſen? — „Ob ich will?“ — Laß Clara
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[188/0200] ſich beſchäftigt war, als daß es auf die andern hätte Acht haben können. Einen Augenblick war ich durch einen Zufall, der die Andern auseinander ſprengte, mit Clara allein. — „Willſt Du mir nicht Morgen ſchenken, lieber Valer, ich will ſonſt weiter nichts von Dir.“ Die Rührung überwältigte mich, weinend fiel ich ihr um den Hals, ſie bedeckte mein Geſicht mit ihren war¬ men Händen, küßte mich nur auf das Auge und ſprach: „Du guter Junge — ich will nichts von Dir, als Dich einmal ſehen.“ Ich wäre untröſtlich, erführe dieſer Engel meiner Poeſie, daß ich noch Andre liebte und küßte. — Als Alberta zurückkam, eilte ich fort, um Camilla zu ſu¬ chen. Sie kam mir wie ein Kind ſanftlächelnd ent¬ gegen, gab mir ihre Hand und fragte nur: „Sie iſt es?“ — Sie iſt's, antwortete ich und erregt in allen Fibern meiner Seele wollt' ich das liebenswürdigſte Mädchen an mein Herz drücken. Sie hielt mir die Hand vor den Mund und ſagte: „Bitte, bitte, nein — Du armer reicher Mann.“ — Willſt Du mir meinen Reichthum laſſen? — „Ob ich will?“ — Laß Clara nichts von unſrer Liebe ahnen. „Wie kannſt Du bit¬ ten, was ſich von ſelbſt verſteht; ich bin doch glücklich.„

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/200>, abgerufen am 30.04.2024.