Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

denke mit Schrecken an die schönen Augen Constan-
tiens, wenn sie auf Dich fielen. Es war nicht jene
Leidenschaft in ihnen, die wir an ihr scheuten, sie
waren sanft und milde, aber es lagen Wünsche --
bin ich nicht recht einfältig, Dich selbst aufmerksam
zu machen. Ach, liebe, küsse, sei glücklich, mein
Herz, mein Blut, o, mein Valerius, den ich liebe,
liebe so ganz und gar. Aber ich bin ja Dein
"starkes Mädchen" nicht mehr, Du wirst mir Alles
erzählen, und mich immer mitlieben. Ja?" --

Nach diesem Briefe war es um die Entzückungen
vom vorigen Abende geschehen. Er glaubte errö-
then zu müssen vor sich selbst, solch einer Liebe
nicht allein, ungetheilt anzugehören. Mochten auch
all seine Gedanken und Philosopheme über Liebes-
sachen lächelnd ihre Stimme erheben, mochten sie
ihn schelten, daß er einer alten eingelebten Gewohn-
heit seine Ueberzeugung opfere, daß es thöricht sei,
zu darben, um romantischen Grillen zu genügen --
er ließ sich nicht besiegen, und ging nicht mehr zur
Fürstin.

Das Herz allein ist der Richter in solchen Din-
gen, sprach er, und mein Herz duldet es nicht.

denke mit Schrecken an die ſchönen Augen Conſtan-
tiens, wenn ſie auf Dich fielen. Es war nicht jene
Leidenſchaft in ihnen, die wir an ihr ſcheuten, ſie
waren ſanft und milde, aber es lagen Wünſche —
bin ich nicht recht einfältig, Dich ſelbſt aufmerkſam
zu machen. Ach, liebe, küſſe, ſei glücklich, mein
Herz, mein Blut, o, mein Valerius, den ich liebe,
liebe ſo ganz und gar. Aber ich bin ja Dein
„ſtarkes Mädchen“ nicht mehr, Du wirſt mir Alles
erzählen, und mich immer mitlieben. Ja?“ —

Nach dieſem Briefe war es um die Entzückungen
vom vorigen Abende geſchehen. Er glaubte errö-
then zu müſſen vor ſich ſelbſt, ſolch einer Liebe
nicht allein, ungetheilt anzugehören. Mochten auch
all ſeine Gedanken und Philoſopheme über Liebes-
ſachen lächelnd ihre Stimme erheben, mochten ſie
ihn ſchelten, daß er einer alten eingelebten Gewohn-
heit ſeine Ueberzeugung opfere, daß es thöricht ſei,
zu darben, um romantiſchen Grillen zu genügen —
er ließ ſich nicht beſiegen, und ging nicht mehr zur
Fürſtin.

Das Herz allein iſt der Richter in ſolchen Din-
gen, ſprach er, und mein Herz duldet es nicht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0231" n="221"/>
denke mit Schrecken an die &#x017F;chönen Augen Con&#x017F;tan-<lb/>
tiens, wenn &#x017F;ie auf Dich fielen. Es war nicht jene<lb/>
Leiden&#x017F;chaft in ihnen, die wir an ihr &#x017F;cheuten, &#x017F;ie<lb/>
waren &#x017F;anft und milde, aber es lagen Wün&#x017F;che &#x2014;<lb/>
bin ich nicht recht einfältig, Dich &#x017F;elb&#x017F;t aufmerk&#x017F;am<lb/>
zu machen. Ach, liebe, kü&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;ei glücklich, mein<lb/>
Herz, mein Blut, o, mein Valerius, den ich liebe,<lb/>
liebe &#x017F;o ganz und gar. Aber ich bin ja Dein<lb/>
&#x201E;&#x017F;tarkes Mädchen&#x201C; nicht mehr, Du wir&#x017F;t mir Alles<lb/>
erzählen, und mich immer mitlieben. Ja?&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Nach die&#x017F;em Briefe war es um die Entzückungen<lb/>
vom vorigen Abende ge&#x017F;chehen. Er glaubte errö-<lb/>
then zu mü&#x017F;&#x017F;en vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;olch einer Liebe<lb/>
nicht allein, ungetheilt anzugehören. Mochten auch<lb/>
all &#x017F;eine Gedanken und Philo&#x017F;opheme über Liebes-<lb/>
&#x017F;achen lächelnd ihre Stimme erheben, mochten &#x017F;ie<lb/>
ihn &#x017F;chelten, daß er einer alten eingelebten Gewohn-<lb/>
heit &#x017F;eine Ueberzeugung opfere, daß es thöricht &#x017F;ei,<lb/>
zu darben, um romanti&#x017F;chen Grillen zu genügen &#x2014;<lb/>
er ließ &#x017F;ich nicht be&#x017F;iegen, und ging nicht mehr zur<lb/>
Für&#x017F;tin.</p><lb/>
          <p>Das Herz allein i&#x017F;t der Richter in &#x017F;olchen Din-<lb/>
gen, &#x017F;prach er, und mein Herz duldet es nicht.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0231] denke mit Schrecken an die ſchönen Augen Conſtan- tiens, wenn ſie auf Dich fielen. Es war nicht jene Leidenſchaft in ihnen, die wir an ihr ſcheuten, ſie waren ſanft und milde, aber es lagen Wünſche — bin ich nicht recht einfältig, Dich ſelbſt aufmerkſam zu machen. Ach, liebe, küſſe, ſei glücklich, mein Herz, mein Blut, o, mein Valerius, den ich liebe, liebe ſo ganz und gar. Aber ich bin ja Dein „ſtarkes Mädchen“ nicht mehr, Du wirſt mir Alles erzählen, und mich immer mitlieben. Ja?“ — Nach dieſem Briefe war es um die Entzückungen vom vorigen Abende geſchehen. Er glaubte errö- then zu müſſen vor ſich ſelbſt, ſolch einer Liebe nicht allein, ungetheilt anzugehören. Mochten auch all ſeine Gedanken und Philoſopheme über Liebes- ſachen lächelnd ihre Stimme erheben, mochten ſie ihn ſchelten, daß er einer alten eingelebten Gewohn- heit ſeine Ueberzeugung opfere, daß es thöricht ſei, zu darben, um romantiſchen Grillen zu genügen — er ließ ſich nicht beſiegen, und ging nicht mehr zur Fürſtin. Das Herz allein iſt der Richter in ſolchen Din- gen, ſprach er, und mein Herz duldet es nicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/231
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/231>, abgerufen am 27.04.2024.