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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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welche von so einer Universität herkommen. -- Un-
tersucht man aber das Ding genauer; so muß man
die Summe merklich vermindern. -- Wem das Blut
noch hoch hüpft, der macht es nicht anders: er er-
höht und dehnt objectivisch aus, um selbst subjectivisch
dabei zu gewinnen. Machten es die ältern Herren
Geschichtschreiber nicht besser!

Die Gießer Studenten waren meistens Landes-
kinder; doch befanden sich auch viele Pfälzer, Zwei-
brücker und andre daselbst. Der Ton der Studenten
oder der Bursche war ganz nach dem Jenaischen
eingerichtet: die vielen relegirten Jenenser, welche
dahin kamen, um auszustudiren, machten damals
das fidele Leben der Brüder Studio von Jena in
Gießen zur Mode. Zudem ist Gießen auch so recht
der Ort, wo man auf gut Mosellanisch hausiren kann.
Das Maaß Bier, ein volles Rheinisches, kostet zwei
Kreuzer, oder sechs Pfennige Sächsisch. Freilich ist
es jämmerliches Bier; aber es füllt doch den Bauch,
und macht endlich -- übermäßig gesoffen -- den Kopf
heroisch. -- Wer leugnen wollte, daß der Hauptkom-
ment zu Jena im Biersaufen bestehe, wenigstens noch
vor Kurzem darin bestanden habe, ist in Jena nicht
gewesen.

Zu Gießen borgen die Hauswirthe nicht, oder
sie geben, studentisch gesprochen, keinen Pump;
höchstens bekommt auf die Art der Student nur

welche von ſo einer Univerſitaͤt herkommen. — Un-
terſucht man aber das Ding genauer; ſo muß man
die Summe merklich vermindern. — Wem das Blut
noch hoch huͤpft, der macht es nicht anders: er er-
hoͤht und dehnt objectiviſch aus, um ſelbſt ſubjectiviſch
dabei zu gewinnen. Machten es die aͤltern Herren
Geſchichtſchreiber nicht beſſer!

Die Gießer Studenten waren meiſtens Landes-
kinder; doch befanden ſich auch viele Pfaͤlzer, Zwei-
bruͤcker und andre daſelbſt. Der Ton der Studenten
oder der Burſche war ganz nach dem Jenaiſchen
eingerichtet: die vielen relegirten Jenenſer, welche
dahin kamen, um auszuſtudiren, machten damals
das fidele Leben der Bruͤder Studio von Jena in
Gießen zur Mode. Zudem iſt Gießen auch ſo recht
der Ort, wo man auf gut Moſellaniſch hauſiren kann.
Das Maaß Bier, ein volles Rheiniſches, koſtet zwei
Kreuzer, oder ſechs Pfennige Saͤchſiſch. Freilich iſt
es jaͤmmerliches Bier; aber es fuͤllt doch den Bauch,
und macht endlich — uͤbermaͤßig geſoffen — den Kopf
heroiſch. — Wer leugnen wollte, daß der Hauptkom-
ment zu Jena im Bierſaufen beſtehe, wenigſtens noch
vor Kurzem darin beſtanden habe, iſt in Jena nicht
geweſen.

Zu Gießen borgen die Hauswirthe nicht, oder
ſie geben, ſtudentiſch geſprochen, keinen Pump;
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[94/0108] welche von ſo einer Univerſitaͤt herkommen. — Un- terſucht man aber das Ding genauer; ſo muß man die Summe merklich vermindern. — Wem das Blut noch hoch huͤpft, der macht es nicht anders: er er- hoͤht und dehnt objectiviſch aus, um ſelbſt ſubjectiviſch dabei zu gewinnen. Machten es die aͤltern Herren Geſchichtſchreiber nicht beſſer! Die Gießer Studenten waren meiſtens Landes- kinder; doch befanden ſich auch viele Pfaͤlzer, Zwei- bruͤcker und andre daſelbſt. Der Ton der Studenten oder der Burſche war ganz nach dem Jenaiſchen eingerichtet: die vielen relegirten Jenenſer, welche dahin kamen, um auszuſtudiren, machten damals das fidele Leben der Bruͤder Studio von Jena in Gießen zur Mode. Zudem iſt Gießen auch ſo recht der Ort, wo man auf gut Moſellaniſch hauſiren kann. Das Maaß Bier, ein volles Rheiniſches, koſtet zwei Kreuzer, oder ſechs Pfennige Saͤchſiſch. Freilich iſt es jaͤmmerliches Bier; aber es fuͤllt doch den Bauch, und macht endlich — uͤbermaͤßig geſoffen — den Kopf heroiſch. — Wer leugnen wollte, daß der Hauptkom- ment zu Jena im Bierſaufen beſtehe, wenigſtens noch vor Kurzem darin beſtanden habe, iſt in Jena nicht geweſen. Zu Gießen borgen die Hauswirthe nicht, oder ſie geben, ſtudentiſch geſprochen, keinen Pump; hoͤchſtens bekommt auf die Art der Student nur

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/108>, abgerufen am 26.04.2024.