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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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schon recht: denn solchen Excessen sollte billig jedes-
mal gesteuert werden. Der damalige Rektor der
Universität, Herr Schulz, hielt es für hinlänglich,
uns unsere Ausschweifung zu verweisen, und unter
der Androhung einer schärfern Ahndung im Wieder-
holungsfall zu entlassen. Allein der Kanzler Koch
war andrer Meinung. Man vernehme -- warum?
Einer von uns vieren, Namens Schacht aus Dil-
leburg -- ich muß die Leute recht genau beschreiben,
blos um des Herrn Schmids willen, damit der
Mann doch wisse, wo er die Belege zu meinen Be-
hauptungen finden kann -- also Schacht aus Dille-
burg, Student der Medicin, hatte kurz vor unserm
Tumulte den ältesten Sohn des Kanzlers, einen
ausgelassenen Jungen, der Schachten geneckt hatte,
derb maulschellirt, und einen dummen Buben ge-
scholten. Das war in den Augen des Kanzlers ein
crimen laesae majestatis, welches er gewiß mit
Carcer und Arrest gerächt hätte, wenn die größte
Schuld nicht selbst auf seinen Sohn m) gefallen wäre.
Er mußte also die Beleidigung für dasmal einstecken.
Aber hier nun zeigte sich eine Gelegenheit, seine Rach-
sucht scheinrechtlich zu befriedigen. Er sagte also
dem Rektor vor Gericht gerade heraus: "Ein Ver-

m) Ich spreche noch mehr von dem guten Menschen: er
hat seinem Vater tausend Verdruß gemacht, ist endlich
französischer Soldat geworden u. s. w.

ſchon recht: denn ſolchen Exceſſen ſollte billig jedes-
mal geſteuert werden. Der damalige Rektor der
Univerſitaͤt, Herr Schulz, hielt es fuͤr hinlaͤnglich,
uns unſere Ausſchweifung zu verweiſen, und unter
der Androhung einer ſchaͤrfern Ahndung im Wieder-
holungsfall zu entlaſſen. Allein der Kanzler Koch
war andrer Meinung. Man vernehme — warum?
Einer von uns vieren, Namens Schacht aus Dil-
leburg — ich muß die Leute recht genau beſchreiben,
blos um des Herrn Schmids willen, damit der
Mann doch wiſſe, wo er die Belege zu meinen Be-
hauptungen finden kann — alſo Schacht aus Dille-
burg, Student der Medicin, hatte kurz vor unſerm
Tumulte den aͤlteſten Sohn des Kanzlers, einen
ausgelaſſenen Jungen, der Schachten geneckt hatte,
derb maulſchellirt, und einen dummen Buben ge-
ſcholten. Das war in den Augen des Kanzlers ein
crimen laeſae majeſtatis, welches er gewiß mit
Carcer und Arreſt geraͤcht haͤtte, wenn die groͤßte
Schuld nicht ſelbſt auf ſeinen Sohn m) gefallen waͤre.
Er mußte alſo die Beleidigung fuͤr dasmal einſtecken.
Aber hier nun zeigte ſich eine Gelegenheit, ſeine Rach-
ſucht ſcheinrechtlich zu befriedigen. Er ſagte alſo
dem Rektor vor Gericht gerade heraus: „Ein Ver-

m) Ich ſpreche noch mehr von dem guten Menſchen: er
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[109/0123] ſchon recht: denn ſolchen Exceſſen ſollte billig jedes- mal geſteuert werden. Der damalige Rektor der Univerſitaͤt, Herr Schulz, hielt es fuͤr hinlaͤnglich, uns unſere Ausſchweifung zu verweiſen, und unter der Androhung einer ſchaͤrfern Ahndung im Wieder- holungsfall zu entlaſſen. Allein der Kanzler Koch war andrer Meinung. Man vernehme — warum? Einer von uns vieren, Namens Schacht aus Dil- leburg — ich muß die Leute recht genau beſchreiben, blos um des Herrn Schmids willen, damit der Mann doch wiſſe, wo er die Belege zu meinen Be- hauptungen finden kann — alſo Schacht aus Dille- burg, Student der Medicin, hatte kurz vor unſerm Tumulte den aͤlteſten Sohn des Kanzlers, einen ausgelaſſenen Jungen, der Schachten geneckt hatte, derb maulſchellirt, und einen dummen Buben ge- ſcholten. Das war in den Augen des Kanzlers ein crimen laeſae majeſtatis, welches er gewiß mit Carcer und Arreſt geraͤcht haͤtte, wenn die groͤßte Schuld nicht ſelbſt auf ſeinen Sohn m) gefallen waͤre. Er mußte alſo die Beleidigung fuͤr dasmal einſtecken. Aber hier nun zeigte ſich eine Gelegenheit, ſeine Rach- ſucht ſcheinrechtlich zu befriedigen. Er ſagte alſo dem Rektor vor Gericht gerade heraus: „Ein Ver- m) Ich ſpreche noch mehr von dem guten Menſchen: er hat ſeinem Vater tauſend Verdruß gemacht, iſt endlich franzoͤſiſcher Soldat geworden u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/123>, abgerufen am 30.04.2024.