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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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der leidigen Erfahrung aufdringt -- eitle, einge-
bildete, abergläubische, neidische Dinger, die gern
wollen brilliren, die sich blos am Schein belustigen,
in Kleinigkeiten Kabalen spielen, sich durch Nach-
äffung formen, keinen Karakter haben, Gottes- und
Pfaffengunst durch geistliche Coquetterie zu erschlei-
chen suchen, und wie's Wetter im April bald gut
und sanft, bald stürmisch und tigermäßig grausam
sind. --

Das ist so mein Glaubensbekenntniß vom lieben
Frauenzimmer, wozu ich mir die Gründe aus der
Erfahrung abstrahirt habe. Ich habe sie gesehen in
vornehmen Zirkeln, und in Buffkellern: sie waren
aber da wie dort: immer gleiche Gesinnungen, nur
bestand der Unterschied in einigen Schattirungen,
welche gröber und feiner sind, und die Frauenzimmer
von Qualität von denen ohne Qualität unterschei-
den. -- Ja meine liebe Dame, daß es auch hierbei
Ausnahmen gebe, weis ich; daß aber diese selten
sind, weis ich eben so gut, als daß Sie sich zu diesen
Ausnahmen rechnen werden, oder mein Buch mit
Verachtung hinwerfen. Der größte Theil von Ihnen
ist nun so!

Das Mädchen, von dem ich zuvor redete,
hieß Lorchen, und war die Tochter eines ehrlichen
Pfarrers, der in der Folge mein bester Freund ge-
worden ist. Wenn ich nicht das Unglück gehabt

der leidigen Erfahrung aufdringt — eitle, einge-
bildete, aberglaͤubiſche, neidiſche Dinger, die gern
wollen brilliren, die ſich blos am Schein beluſtigen,
in Kleinigkeiten Kabalen ſpielen, ſich durch Nach-
aͤffung formen, keinen Karakter haben, Gottes- und
Pfaffengunſt durch geiſtliche Coquetterie zu erſchlei-
chen ſuchen, und wie's Wetter im April bald gut
und ſanft, bald ſtuͤrmiſch und tigermaͤßig grauſam
ſind. —

Das iſt ſo mein Glaubensbekenntniß vom lieben
Frauenzimmer, wozu ich mir die Gruͤnde aus der
Erfahrung abſtrahirt habe. Ich habe ſie geſehen in
vornehmen Zirkeln, und in Buffkellern: ſie waren
aber da wie dort: immer gleiche Geſinnungen, nur
beſtand der Unterſchied in einigen Schattirungen,
welche groͤber und feiner ſind, und die Frauenzimmer
von Qualitaͤt von denen ohne Qualitaͤt unterſchei-
den. — Ja meine liebe Dame, daß es auch hierbei
Ausnahmen gebe, weis ich; daß aber dieſe ſelten
ſind, weis ich eben ſo gut, als daß Sie ſich zu dieſen
Ausnahmen rechnen werden, oder mein Buch mit
Verachtung hinwerfen. Der groͤßte Theil von Ihnen
iſt nun ſo!

Das Maͤdchen, von dem ich zuvor redete,
hieß Lorchen, und war die Tochter eines ehrlichen
Pfarrers, der in der Folge mein beſter Freund ge-
worden iſt. Wenn ich nicht das Ungluͤck gehabt

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[175/0189] der leidigen Erfahrung aufdringt — eitle, einge- bildete, aberglaͤubiſche, neidiſche Dinger, die gern wollen brilliren, die ſich blos am Schein beluſtigen, in Kleinigkeiten Kabalen ſpielen, ſich durch Nach- aͤffung formen, keinen Karakter haben, Gottes- und Pfaffengunſt durch geiſtliche Coquetterie zu erſchlei- chen ſuchen, und wie's Wetter im April bald gut und ſanft, bald ſtuͤrmiſch und tigermaͤßig grauſam ſind. — Das iſt ſo mein Glaubensbekenntniß vom lieben Frauenzimmer, wozu ich mir die Gruͤnde aus der Erfahrung abſtrahirt habe. Ich habe ſie geſehen in vornehmen Zirkeln, und in Buffkellern: ſie waren aber da wie dort: immer gleiche Geſinnungen, nur beſtand der Unterſchied in einigen Schattirungen, welche groͤber und feiner ſind, und die Frauenzimmer von Qualitaͤt von denen ohne Qualitaͤt unterſchei- den. — Ja meine liebe Dame, daß es auch hierbei Ausnahmen gebe, weis ich; daß aber dieſe ſelten ſind, weis ich eben ſo gut, als daß Sie ſich zu dieſen Ausnahmen rechnen werden, oder mein Buch mit Verachtung hinwerfen. Der groͤßte Theil von Ihnen iſt nun ſo! Das Maͤdchen, von dem ich zuvor redete, hieß Lorchen, und war die Tochter eines ehrlichen Pfarrers, der in der Folge mein beſter Freund ge- worden iſt. Wenn ich nicht das Ungluͤck gehabt

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/189>, abgerufen am 12.05.2024.