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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Bärte in die Gesichter gemalt, und trugen Husaren-
pelze, und große Husarensäbel, welche sie von den
Gießischen Husaren geborgt hatten. Sie saßen zu
Pferde, und machten die Anführer, Schließer und
Adjutanten. Ich schloß den ganzen Zug, und hatte
mich so verstellt und verkienrußt, daß mich niemand
erkennen konnte.

Auf dem nächsten Dorfe wurde Halt gemacht,
gezecht, dann auf ein anderes marschirt, und dabei
alle mögliche Possen verübt, wie man leicht denken
kann.

Am andern Morgen kamen Lang und Bohy
von Butzbach, und verkündigten uns den nähern
Willen des Kanzlers. Er würde, so hieß es, uns
vollkommene Satisfaction schaffen: keinem Menschen
sollte ein Haar gekrümmt werden; nur sollten wir
ruhig nach Gießen zurückkehren, und das Lärmen
einstellen. Auf diese Versicherung bezogen wir wie-
der die Stadt; aber die Gährung dauerte noch über
acht Tage fort, so daß auch kein Professor Kollegien
lesen konnte. Der Kanzler machte indeß einen Be-
richt nach Pirmasens an den Landgrafen -- nach
seiner Art -- worin er das Vergehen der Studen-
ten entschuldigte; hingegen den Rector als die ein-
zige Ursache des Tumultes, und des Schadens und
Schimpfes für die Universität schilderte. Auf diesen
Bericht wurde der Rector sogleich abgesetzt, und sein

Baͤrte in die Geſichter gemalt, und trugen Huſaren-
pelze, und große Huſarenſaͤbel, welche ſie von den
Gießiſchen Huſaren geborgt hatten. Sie ſaßen zu
Pferde, und machten die Anfuͤhrer, Schließer und
Adjutanten. Ich ſchloß den ganzen Zug, und hatte
mich ſo verſtellt und verkienrußt, daß mich niemand
erkennen konnte.

Auf dem naͤchſten Dorfe wurde Halt gemacht,
gezecht, dann auf ein anderes marſchirt, und dabei
alle moͤgliche Poſſen veruͤbt, wie man leicht denken
kann.

Am andern Morgen kamen Lang und Bohy
von Butzbach, und verkuͤndigten uns den naͤhern
Willen des Kanzlers. Er wuͤrde, ſo hieß es, uns
vollkommene Satisfaction ſchaffen: keinem Menſchen
ſollte ein Haar gekruͤmmt werden; nur ſollten wir
ruhig nach Gießen zuruͤckkehren, und das Laͤrmen
einſtellen. Auf dieſe Verſicherung bezogen wir wie-
der die Stadt; aber die Gaͤhrung dauerte noch uͤber
acht Tage fort, ſo daß auch kein Profeſſor Kollegien
leſen konnte. Der Kanzler machte indeß einen Be-
richt nach Pirmaſens an den Landgrafen — nach
ſeiner Art — worin er das Vergehen der Studen-
ten entſchuldigte; hingegen den Rector als die ein-
zige Urſache des Tumultes, und des Schadens und
Schimpfes fuͤr die Univerſitaͤt ſchilderte. Auf dieſen
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[185/0199] Baͤrte in die Geſichter gemalt, und trugen Huſaren- pelze, und große Huſarenſaͤbel, welche ſie von den Gießiſchen Huſaren geborgt hatten. Sie ſaßen zu Pferde, und machten die Anfuͤhrer, Schließer und Adjutanten. Ich ſchloß den ganzen Zug, und hatte mich ſo verſtellt und verkienrußt, daß mich niemand erkennen konnte. Auf dem naͤchſten Dorfe wurde Halt gemacht, gezecht, dann auf ein anderes marſchirt, und dabei alle moͤgliche Poſſen veruͤbt, wie man leicht denken kann. Am andern Morgen kamen Lang und Bohy von Butzbach, und verkuͤndigten uns den naͤhern Willen des Kanzlers. Er wuͤrde, ſo hieß es, uns vollkommene Satisfaction ſchaffen: keinem Menſchen ſollte ein Haar gekruͤmmt werden; nur ſollten wir ruhig nach Gießen zuruͤckkehren, und das Laͤrmen einſtellen. Auf dieſe Verſicherung bezogen wir wie- der die Stadt; aber die Gaͤhrung dauerte noch uͤber acht Tage fort, ſo daß auch kein Profeſſor Kollegien leſen konnte. Der Kanzler machte indeß einen Be- richt nach Pirmaſens an den Landgrafen — nach ſeiner Art — worin er das Vergehen der Studen- ten entſchuldigte; hingegen den Rector als die ein- zige Urſache des Tumultes, und des Schadens und Schimpfes fuͤr die Univerſitaͤt ſchilderte. Auf dieſen Bericht wurde der Rector ſogleich abgeſetzt, und ſein

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/199>, abgerufen am 01.05.2024.