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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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tus vereque Conversus wäre? Dabei tobte und
schimpfte er auf die Theologen und Heterodoxen, so
wie auf die Bälle, Schlittenfahrten und den Kopfputz
der Damen. In seinen Predigten war er über die
maßen abgeschmackt, und handelte lauter Fratzen ab,
z. B. die Sünde in den heil. Geist, die Ewigkeit
der Höllenstrafen, den thätigen Gehorsam Jesu, und
dergleichen. Durch solches Betragen mußte nun Lob-
stein lächerlich werden: er ward es auch, und sein
Hörsaal blieb leer.

Er hatte ein Collegium über den Jesaias ange-
schlagen, welches ich gern hören wollte, da ich
wußte, daß der Mann im Hebräischen nicht übel
zu Hause war. Ich besorgte also eine Anzahl von
16 Zuhörern: und Lobstein ward von dem Augen-
blick an mein Freund und Gönner. Seine ganze
Bibliothek stand mir offen, und täglich hatte ich
freien Zutritt zu ihm g).

Lobstein disputirte sehr oft mit mir, welches
mir aber allemal ungelegen war: denn ich woll-
te ihn gern zum Unterricht und nicht zur Bekeh-
rung gebrauchen: er sollte mich im Hebräischen
weiter bringen, und wenigstens arabisch lesen leh-

g) Durch nichts kann man sich bei den Herren Professoren
mehr insinuiren, als wenn man für sie wirbt: das
schmeichelt zugleich ihrem Ehrgeiz und ihrer Kasse.

tus vereque Converſus waͤre? Dabei tobte und
ſchimpfte er auf die Theologen und Heterodoxen, ſo
wie auf die Baͤlle, Schlittenfahrten und den Kopfputz
der Damen. In ſeinen Predigten war er uͤber die
maßen abgeſchmackt, und handelte lauter Fratzen ab,
z. B. die Suͤnde in den heil. Geiſt, die Ewigkeit
der Hoͤllenſtrafen, den thaͤtigen Gehorſam Jeſu, und
dergleichen. Durch ſolches Betragen mußte nun Lob-
ſtein laͤcherlich werden: er ward es auch, und ſein
Hoͤrſaal blieb leer.

Er hatte ein Collegium uͤber den Jeſaias ange-
ſchlagen, welches ich gern hoͤren wollte, da ich
wußte, daß der Mann im Hebraͤiſchen nicht uͤbel
zu Hauſe war. Ich beſorgte alſo eine Anzahl von
16 Zuhoͤrern: und Lobſtein ward von dem Augen-
blick an mein Freund und Goͤnner. Seine ganze
Bibliothek ſtand mir offen, und taͤglich hatte ich
freien Zutritt zu ihm g).

Lobſtein diſputirte ſehr oft mit mir, welches
mir aber allemal ungelegen war: denn ich woll-
te ihn gern zum Unterricht und nicht zur Bekeh-
rung gebrauchen: er ſollte mich im Hebraͤiſchen
weiter bringen, und wenigſtens arabiſch leſen leh-

g) Durch nichts kann man ſich bei den Herren Profeſſoren
mehr inſinuiren, als wenn man fuͤr ſie wirbt: das
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[202/0216] tus vereque Converſus waͤre? Dabei tobte und ſchimpfte er auf die Theologen und Heterodoxen, ſo wie auf die Baͤlle, Schlittenfahrten und den Kopfputz der Damen. In ſeinen Predigten war er uͤber die maßen abgeſchmackt, und handelte lauter Fratzen ab, z. B. die Suͤnde in den heil. Geiſt, die Ewigkeit der Hoͤllenſtrafen, den thaͤtigen Gehorſam Jeſu, und dergleichen. Durch ſolches Betragen mußte nun Lob- ſtein laͤcherlich werden: er ward es auch, und ſein Hoͤrſaal blieb leer. Er hatte ein Collegium uͤber den Jeſaias ange- ſchlagen, welches ich gern hoͤren wollte, da ich wußte, daß der Mann im Hebraͤiſchen nicht uͤbel zu Hauſe war. Ich beſorgte alſo eine Anzahl von 16 Zuhoͤrern: und Lobſtein ward von dem Augen- blick an mein Freund und Goͤnner. Seine ganze Bibliothek ſtand mir offen, und taͤglich hatte ich freien Zutritt zu ihm g). Lobſtein diſputirte ſehr oft mit mir, welches mir aber allemal ungelegen war: denn ich woll- te ihn gern zum Unterricht und nicht zur Bekeh- rung gebrauchen: er ſollte mich im Hebraͤiſchen weiter bringen, und wenigſtens arabiſch leſen leh- g) Durch nichts kann man ſich bei den Herren Profeſſoren mehr inſinuiren, als wenn man fuͤr ſie wirbt: das ſchmeichelt zugleich ihrem Ehrgeiz und ihrer Kaſſe.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/216>, abgerufen am 29.04.2024.