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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Ich: (ihm hinter die Ohren schlagend) Ver-
fluchter Kerl, Du willst mir Maulschellen biethen?
Du?

Er setzte sich natürlich zur Wehr, ich aber konnte
leicht dem kleinen Männchen einen Stoß geben, daß
er weit weg fuhr, und zu Boden stürzte. Die An-
wesenden legten sich alle dazwischen, und brachten uns
auseinander. Mosje Maier lief fort, und schwur,
daß mir die Sache so nicht hingehen sollte. Der
Wirth selbst, Herr Peter im Trauben, rieth mir,
mich aus dem Staube zu machen: Maier sey ein rach-
gieriger Mensch, und gelte alles bei seinem Herrn:
ich würde gewiß arretirt werden, und viel Verdruß
haben. Ich ließ mir das nicht zweimal sagen, ver-
ließ den Trauben, und begab mich noch des Abends
um neun Uhr zu meinem Freund Panzerbieter,
dem jetzigen Prorector am Gymnasium zu Darmstadt,
schrieb da einen Zettel an den Amtsverwalter, und
meldete ihm, daß ich noch Heute nach Arhelgen ge-
hen würde, wo er mich den folgenden Tag abholen
könnte. Ich bat Herrn Panzerbieter um die Bestel-
lung des Billets, und marschirte zur Stadt hinaus:
im Thor sagte ich, daß ich auf die Kämmerei gehen
wollte.

In Arhelgen kam ich erst nach zehn Uhr an,
schlief recht gut, und hoffte den folgenden Morgen
meinen Schönburg zu sehen. Allein ich mußte in

Ich: (ihm hinter die Ohren ſchlagend) Ver-
fluchter Kerl, Du willſt mir Maulſchellen biethen?
Du?

Er ſetzte ſich natuͤrlich zur Wehr, ich aber konnte
leicht dem kleinen Maͤnnchen einen Stoß geben, daß
er weit weg fuhr, und zu Boden ſtuͤrzte. Die An-
weſenden legten ſich alle dazwiſchen, und brachten uns
auseinander. Mosje Maier lief fort, und ſchwur,
daß mir die Sache ſo nicht hingehen ſollte. Der
Wirth ſelbſt, Herr Peter im Trauben, rieth mir,
mich aus dem Staube zu machen: Maier ſey ein rach-
gieriger Menſch, und gelte alles bei ſeinem Herrn:
ich wuͤrde gewiß arretirt werden, und viel Verdruß
haben. Ich ließ mir das nicht zweimal ſagen, ver-
ließ den Trauben, und begab mich noch des Abends
um neun Uhr zu meinem Freund Panzerbieter,
dem jetzigen Prorector am Gymnaſium zu Darmſtadt,
ſchrieb da einen Zettel an den Amtsverwalter, und
meldete ihm, daß ich noch Heute nach Arhelgen ge-
hen wuͤrde, wo er mich den folgenden Tag abholen
koͤnnte. Ich bat Herrn Panzerbieter um die Beſtel-
lung des Billets, und marſchirte zur Stadt hinaus:
im Thor ſagte ich, daß ich auf die Kaͤmmerei gehen
wollte.

In Arhelgen kam ich erſt nach zehn Uhr an,
ſchlief recht gut, und hoffte den folgenden Morgen
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[276/0290] Ich: (ihm hinter die Ohren ſchlagend) Ver- fluchter Kerl, Du willſt mir Maulſchellen biethen? Du? Er ſetzte ſich natuͤrlich zur Wehr, ich aber konnte leicht dem kleinen Maͤnnchen einen Stoß geben, daß er weit weg fuhr, und zu Boden ſtuͤrzte. Die An- weſenden legten ſich alle dazwiſchen, und brachten uns auseinander. Mosje Maier lief fort, und ſchwur, daß mir die Sache ſo nicht hingehen ſollte. Der Wirth ſelbſt, Herr Peter im Trauben, rieth mir, mich aus dem Staube zu machen: Maier ſey ein rach- gieriger Menſch, und gelte alles bei ſeinem Herrn: ich wuͤrde gewiß arretirt werden, und viel Verdruß haben. Ich ließ mir das nicht zweimal ſagen, ver- ließ den Trauben, und begab mich noch des Abends um neun Uhr zu meinem Freund Panzerbieter, dem jetzigen Prorector am Gymnaſium zu Darmſtadt, ſchrieb da einen Zettel an den Amtsverwalter, und meldete ihm, daß ich noch Heute nach Arhelgen ge- hen wuͤrde, wo er mich den folgenden Tag abholen koͤnnte. Ich bat Herrn Panzerbieter um die Beſtel- lung des Billets, und marſchirte zur Stadt hinaus: im Thor ſagte ich, daß ich auf die Kaͤmmerei gehen wollte. In Arhelgen kam ich erſt nach zehn Uhr an, ſchlief recht gut, und hoffte den folgenden Morgen meinen Schoͤnburg zu ſehen. Allein ich mußte in

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/290>, abgerufen am 26.04.2024.