Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Ohnerachtet aber aller Bemühungen des Amt.
manns Süssemiehl, und andrer Freunde, wollte
doch das Misgeschick, daß Thiels seine Pfarre ver-
lohr. Denn die Magd des Thiels ward schwanger.
Sie war, wie ich selbst bezeugen kann, eine erzlieder-
liche Kreatur, und ich habe Bauernkerls genug bei
ihr gesehen. Zu dem hing sie an einem Kerl von
Niedersaulheim, den sie auch anfangs als den Urhe-
ber ihrer Entjunferung angab, bis -- der vorhin-
genannte Brandenburger sie durch Geld beredete,
auf den Pfarrer Thiels zu bekennen. Das that der
Schuft auf Anstiften des Pfarrers von Vendersheim,
wie er selbst mehrmals bekannt hat. So machens
aber schlechte Menschen, wenn sie zum Zweck gelangen
wollen! Alsdann gelten ihnen alle Mittel gleich: sie
bedienen sich der schurkischten Ränke, und werden
dabei nicht einmal roth.

Nun konnte Herr Süssemiehl den armen Thiels
nicht ferner durchhelfen, besonders da dieser selbst
vor Angst und Narrheit, die erkaufte Aussage der
Magd bestätigte. Der redliche Süssemiehl war von
der abscheulichen Kabale des Brandenburgers nicht
unterrichtet: Er zog sich also zurück, und ließ es ge-
schehen, daß dem beängstigten Thiels jährlich 200
Gulden von den Pfarr-Einkünften lebenslänglich zu-
gesichert wurden. Wagner wurde demnach instal-

Ohnerachtet aber aller Bemuͤhungen des Amt.
manns Suͤſſemiehl, und andrer Freunde, wollte
doch das Misgeſchick, daß Thiels ſeine Pfarre ver-
lohr. Denn die Magd des Thiels ward ſchwanger.
Sie war, wie ich ſelbſt bezeugen kann, eine erzlieder-
liche Kreatur, und ich habe Bauernkerls genug bei
ihr geſehen. Zu dem hing ſie an einem Kerl von
Niederſaulheim, den ſie auch anfangs als den Urhe-
ber ihrer Entjunferung angab, bis — der vorhin-
genannte Brandenburger ſie durch Geld beredete,
auf den Pfarrer Thiels zu bekennen. Das that der
Schuft auf Anſtiften des Pfarrers von Vendersheim,
wie er ſelbſt mehrmals bekannt hat. So machens
aber ſchlechte Menſchen, wenn ſie zum Zweck gelangen
wollen! Alsdann gelten ihnen alle Mittel gleich: ſie
bedienen ſich der ſchurkiſchten Raͤnke, und werden
dabei nicht einmal roth.

Nun konnte Herr Suͤſſemiehl den armen Thiels
nicht ferner durchhelfen, beſonders da dieſer ſelbſt
vor Angſt und Narrheit, die erkaufte Ausſage der
Magd beſtaͤtigte. Der redliche Suͤſſemiehl war von
der abſcheulichen Kabale des Brandenburgers nicht
unterrichtet: Er zog ſich alſo zuruͤck, und ließ es ge-
ſchehen, daß dem beaͤngſtigten Thiels jaͤhrlich 200
Gulden von den Pfarr-Einkuͤnften lebenslaͤnglich zu-
geſichert wurden. Wagner wurde demnach inſtal-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0344" n="330"/>
        <p>Ohnerachtet aber aller Bemu&#x0364;hungen des Amt.<lb/>
manns <hi rendition="#g">Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;emiehl</hi>, und andrer Freunde, wollte<lb/>
doch das Misge&#x017F;chick, daß Thiels &#x017F;eine Pfarre ver-<lb/>
lohr. Denn die Magd des Thiels ward &#x017F;chwanger.<lb/>
Sie war, wie ich &#x017F;elb&#x017F;t bezeugen kann, eine erzlieder-<lb/>
liche Kreatur, und ich habe Bauernkerls genug bei<lb/>
ihr ge&#x017F;ehen. Zu dem hing &#x017F;ie an einem Kerl von<lb/>
Nieder&#x017F;aulheim, den &#x017F;ie auch anfangs als den Urhe-<lb/>
ber ihrer Entjunferung angab, bis &#x2014; der vorhin-<lb/>
genannte Brandenburger &#x017F;ie durch Geld beredete,<lb/>
auf den Pfarrer Thiels zu bekennen. Das that der<lb/>
Schuft auf An&#x017F;tiften des Pfarrers von Vendersheim,<lb/>
wie er &#x017F;elb&#x017F;t mehrmals bekannt hat. So machens<lb/>
aber &#x017F;chlechte Men&#x017F;chen, wenn &#x017F;ie zum Zweck gelangen<lb/>
wollen! Alsdann gelten ihnen alle Mittel gleich: &#x017F;ie<lb/>
bedienen &#x017F;ich der &#x017F;churki&#x017F;chten Ra&#x0364;nke, und werden<lb/>
dabei nicht einmal roth.</p><lb/>
        <p>Nun konnte Herr Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;emiehl den armen Thiels<lb/>
nicht ferner durchhelfen, be&#x017F;onders da die&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
vor Ang&#x017F;t und Narrheit, die erkaufte Aus&#x017F;age der<lb/>
Magd be&#x017F;ta&#x0364;tigte. Der redliche Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;emiehl war von<lb/>
der ab&#x017F;cheulichen Kabale des Brandenburgers nicht<lb/>
unterrichtet: Er zog &#x017F;ich al&#x017F;o zuru&#x0364;ck, und ließ es ge-<lb/>
&#x017F;chehen, daß dem bea&#x0364;ng&#x017F;tigten Thiels ja&#x0364;hrlich 200<lb/>
Gulden von den Pfarr-Einku&#x0364;nften lebensla&#x0364;nglich zu-<lb/>
ge&#x017F;ichert wurden. Wagner wurde demnach in&#x017F;tal-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0344] Ohnerachtet aber aller Bemuͤhungen des Amt. manns Suͤſſemiehl, und andrer Freunde, wollte doch das Misgeſchick, daß Thiels ſeine Pfarre ver- lohr. Denn die Magd des Thiels ward ſchwanger. Sie war, wie ich ſelbſt bezeugen kann, eine erzlieder- liche Kreatur, und ich habe Bauernkerls genug bei ihr geſehen. Zu dem hing ſie an einem Kerl von Niederſaulheim, den ſie auch anfangs als den Urhe- ber ihrer Entjunferung angab, bis — der vorhin- genannte Brandenburger ſie durch Geld beredete, auf den Pfarrer Thiels zu bekennen. Das that der Schuft auf Anſtiften des Pfarrers von Vendersheim, wie er ſelbſt mehrmals bekannt hat. So machens aber ſchlechte Menſchen, wenn ſie zum Zweck gelangen wollen! Alsdann gelten ihnen alle Mittel gleich: ſie bedienen ſich der ſchurkiſchten Raͤnke, und werden dabei nicht einmal roth. Nun konnte Herr Suͤſſemiehl den armen Thiels nicht ferner durchhelfen, beſonders da dieſer ſelbſt vor Angſt und Narrheit, die erkaufte Ausſage der Magd beſtaͤtigte. Der redliche Suͤſſemiehl war von der abſcheulichen Kabale des Brandenburgers nicht unterrichtet: Er zog ſich alſo zuruͤck, und ließ es ge- ſchehen, daß dem beaͤngſtigten Thiels jaͤhrlich 200 Gulden von den Pfarr-Einkuͤnften lebenslaͤnglich zu- geſichert wurden. Wagner wurde demnach inſtal-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/344
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/344>, abgerufen am 30.04.2024.